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Test: XOR Electronics NerdSEQ – Tracker, Sampler und Sequenzer

Kinder der Neunziger erinnern sich: Ganz im Stile der Matrix-Filme scrollten auf Amiga-, Atari- und C64-Computern endlose Zahlenfolgen von oben nach unten, während feinster Sound aus dem Bildschirm oder Fernseher tönte. Tracker waren die Sequenzer von damals, lange bevor Timeline-basierte Arranger wie Cubase populär wurden. Das Grundprinzip ist ähnlich wie bei einer DAW: Auf zumeist acht Spuren lassen sich in Step-Sequenzer-Manier Noten programmieren, die von Samples wiedergegeben werden. Je nach Ausstattung des Trackers waren auch Effekte und andere Automationen pro Step möglich. Und Sie haben es sicher schon erraten: Der NerdSEQ ist ein eben solcher Tracker, doch im Unterschied zu damals ist er nicht nur auf Samples limitiert und bietet Unmengen an Features.

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Die Ausstattung

Wie viele seine Kollegen aus dem vorigen Jahrtausend besitzt das Modul acht Spuren, von denen sechs CV-Signale nach außen senden, während zwei ausschließlich Samples wiedergeben. Zwölf davon können per MicroSD-Karte geladen werden, doch der Mini-RAM von gerade mal 200 kB fordert kreativen Umgang. Eine typische Tracker-Besonderheit: Pro Step lässt sich festlegen, welches Sample wiedergegeben wird, man ist also nicht auf eines pro Spur beschränkt.

NerdSEQ basiert auf Patterns mit bis zu 64 Schritten, die im Sequenzer per Songmodus linear hintereinander arrangiert werden. Die Patterns jeder beliebigen Spur lassen sich unabhängig voneinander starten und stoppen. Dies klingt kompliziert, ist aber in etwa vergleichbar mit dem Clip-Launcher-Modus von Ableton Live oder Bitwig. Wer einen mächtigen Sequenzer für Live-Performances mit seinem Rack sucht, ist hier genau richtig.

Die ersten sechs Spuren bieten CV-Ausgänge für Tonhöhe, Trigger und einen für Modulationen, welche sich pro Step programmieren lassen. Apropos: Im Gegensatz zu früheren Trackern lassen sich Noten im Klartext eingeben, statt wie üblich im Hexadezimalformat. Darüber hinaus können Noten über die vier CV-Inputs des Moduls aufgenommen werden.

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Automatoren & FX

Soweit so gut, trotz aller Komplexität ist das Aufnehmen und Abfeuern von Noten gängige Praxis für jeden Sequenzer. Richtig spannend wird das Thema im NerdSEQ erst durch seine Extra-Features. So lassen sich einerseits pro Step sogenannte Tables programmieren, welche Mini-Pattern mit bis zu 16 Schritten enthalten, die in rasend schnellem Tempo abgespielt werden. Die typisch-charismatischen Arpeggios des C64 sind also im Nu programmiert. Andererseits bietet jeder Step vier Spalten namens FX 1-4. So unscheinbar das klingt, die über 30 verfügbaren Effekte bringen erst so richtig Leben in die Bude. Mit dabei ist beispielsweise Probability, also eine Wahrscheinlichkeit, mit der Noten oder Effekte tatsächlich getriggert werden. Auch lassen sich Zufallswerte für Effekte erzeugen, die Automatoren beeinflussen, Shuffle-Grooves einstellen, Slides programmieren, Patterns transponieren, zu bestimmten Positionen springen und vieles mehr. Vor allem letztere Option macht in Kombination mit dem Zufallsgenerator richtig Laune, da sich damit je nach Programmierung endlose und zufällige Sequenzen erzeugen lassen. Bei den Automatoren handelt es sich um acht unabhängige Quellen für Modulationen, die per CV ausgegeben werden oder direkten Einfluss auf die Pattern-Effekte nehmen können. In der aktuellen Firmware sind LFOs und die vier Inputs des Moduls als Automatoren verfügbar.

Praxiseinsatz

Wer schon einmal mit Trackern gearbeitet hat, wird sich relativ schnell zurechtfinden, das Handling entspricht beinahe eins zu eins der klassischen Software. Newcomer wiederum sollten für die grundlegende Einarbeitung locker eine Woche reservieren. NerdSEQ wird die mühsame Arbeit aber mehr als belohnen, denn schließlich bietet er nicht nur sagenhafte sechs Sequenzer-Spuren und speicherbaren Patterns, sondern zusätzliche eine Fülle von Features, die nicht nur nerdig sind, sondern einen Riesenspaß bringen.

Musikalisch ist er der ideale Partner für Staccato-Sequenzen, Basslines und Arpeggios, dank Echtzeit-Recording aber auch für Leads und Hooklines. Auch taugt er perfekt als Zentrale, um ganze Songs im Rack zu arrangieren, live mit Clips zu jammen oder einfach nur andere Module mit bis zu zwölf Modulatoren zu versorgen.

Fazit

Ist man mit dem NerdSEQ warm geworden, sind Sequenzen im Nu programmiert und ganze Performances oder vertrackte Modulationsebenen erstellt, die das restliche Rack bei Laune halten. Und beherrscht man das Modul blind, kann man über Expansions nachdenken, etwa den I/O-Expander mit MIDI- und Joystick- bzw. Gamepad-Anschluss. Wer die nötige Geduld zur Einarbeitung mitbringt, wird mit einen mächtigen Kreativwerkzeug für frische Sequenzen und Modulationen belohnt. Ein echtes Weltklasse-Modul!

www.xor-electronics.com

Bewertung
Name
XOR Electronics NerdSEQ
Pro
  • umfangreicher Sequenzer
  • flexibles Handling
  • Live-Recording
  • Effekte
  • Automatoren
  • Clock-Out
Contra
  • lange Einarbeitung
Preis
556 EUR
Bewertung
(92%)
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