Test

Bitwig Studio 3.0 im Test: DAW mit eigenem Modularsystem

Da hat man sich gerade erst an kleinere Update-Schritte bei Bitwig Studio 2.x gewöhnt, da überraschten die Berliner zur letzten NAMM Show 2019 doch glatt mit der Ankündigung von Bitwig Studio 3.0. Und das macht auch Sinn, denn mit dieser Version schafft es endlich das ewig angepriesene Modularsystem ins virtuelle Studio. Doch ist der Modular-Hype nicht schon fast Schnee von gestern?

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Features:
  • Modularsystem „The Grid“ integriert

  • über 150 Module für The Grid

  • The Grid als Instrument & Effekt

  • The Grid ist polyphon und Stereo

  • optimierte Oberfläche

  • Audio-Backend aufgefrischt

  • Updates ein Jahr kostenlos

  • für Windows / OS X / Linux

Zum Start von Bitwig Studio versprach die damalige Roadmap, dass mit Version 2 die Pforten zur modularen Unterwelt geöffnet werden und ab dann das freie Verkabeln losgehen darf. Endlich nun wurde dieses Versprechen eingelöst und in Form von zwei Neulingen implementiert: Poly Grid als Instrument und FX Grid als Effektgerät (in diesem Test als The Grid zusammengefasst). Beide sind ein und dasselbe virtuelle Modularsystem mit über 150 Modulen, nur wird das eine als polyphones Instrument für die Klangerzeugung geladen, während das FX Grid als Audioeffekt für die Klangbearbeitung zuständig ist. Wer schon einmal ein virtuelles Spaghettimonster à la Softube Modular, VCV Rack oder OSCiLott (Max4Live) ausprobiert hat, wird sich in der Modulliste schnell zurechtfinden. Unterschiedliche Oszillatoren, Filter, Modulatoren, logische Module, Shaper, Pitch etc. sind dort zu finden. Doch eine Spezialität ist hier sehr prominent und erwähnenswert: die Phase-Module. Gleich 14 Stück dieser Art ermöglichen das Verbiegen und Beeinflussen der Signalphase. Gerade beim Bau eines lebendig-klingenden Synthesizers wird man den enormen Vorteil dieser Module zu schätzen wissen, denn erst wenn sich die Phasenlage von unterschiedlichen Oszillatoren und LFOs bewegt, klingt's richtig organisch. Wo wir schon beim Thema organisch sind: jedes Modul ist in echter Stereo-Ausführung vorhanden, was im Falle eines LFOs folgendes bedeutet: wenn der LFO die Filterfrequenz moduliert, kann man den LFO verstimmen, wodurch die Filter-Modulation für das linke und rechte Signal unterschiedlich ausfällt. Dadurch hat man nicht nur einen Stereo-Effekt, sondern auch eine interessantere Klangformung und völlig neue Möglichkeiten für das detailverliebte Sounddesign.

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Workflow

Die Bedienung eines Modularsystems kann teilweise ziemlich anstrengend werden, da im authentischsten Falle jedes Kabel für jedes Wehwehchen selbst gezogen werden muss. Bei The Grid ist das wesentlich intuitiver, da es bei essenziellen Dingen eine Vorverkabelung gibt (öffnet man Poly Grid, kann man zum Beispiel direkt Klänge spielen, ohne etwas verkabeln zu müssen) und die Farbkodierung der Kabeltypen die manuelle Verdrahtung vereinfacht. Zudem funktionieren Dinge wie Copy, Paste, Drag and Drop und eben alle Computer-typischen Alltagsbefehle, die das Bauen eines komplexen Patches erleichtern. Besonders clever ist die integrierte Hilfefunktion, mit der man sich alles Infos eines Moduls direkt anzeigen lassen kann. So kann man während des Sounddesigns nachlesen, was Modul XY genau macht und sogar weiter benutzen, da die Hilfefunktion interaktiv implementiert ist. Ebenso sinnvoll ist das Inspektorfenster, welches immer alle Signale eines markierten Moduls visualisiert und zudem essenzielle Einstellungen abbildet (Anzahl der Stimmen, Stacking, Polyphonie-Modus etc.).

Grenzen überwinden

Obwohl The Grid im ersten Moment wie ein geschlossenes Modularsystem wirkt, sollte man diesen Gedanken schnell vergessen! Über Module wie Audio-Sidechain, CV In/Out u.ä. können Signale von Außen nach Innen (und umgekehrt) geführt werden, um beispielsweise die Bassdrum einer Drummachine als Trigger für die Hüllkurve in The Grid zu nutzen. Außerdem funktionieren die Modulatoren und Nested-Device-Technologie auch für The Grid. Also egal wie man es drehen und wenden will, Grenzen hinsichtlich der Modulation gibt es einfach keine mehr! Die beliebte Plug-in-Sammlung kann also durch Bitwig-interne Modulatoren beeinflusst und gleichzeitig in The Grid eingebunden werden. Doch diesen Ansatz muss man erst einmal durch sehr viel Praxis verinnerlichen.

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Fazit

Bitwig Studio 3 hat es geschafft, ein Modularsystem perfekt in eine DAW zu integrieren. Die Bedienung ist überzeugend, die Modulliste kann sich sehen lassen und der Sound reicht je nach Verkabelung von glasklar zu virtuell-analog. The Grid mit VCV Rack und Konsorten zu vergleichen wäre unfair, denn bei Bitwig Studio 3 verschwimmen die Grenzen zwischen einem Modularsystem und einer DAW.

Dieser Artikel ist in unserer Heft-Ausgabe 165 erschienen.

Bewertung
Name
Bitwig Bitwig Studio 3
Pro
  • geniale Einbindung von The Grid
  • Workflow
  • viele Module
  • Presets und Tutorials integriert
  • verbesserte Oberfläche
  • Audio-Backend optimiert
Contra
  • keine MIDI-Module (The Grid)
Preis
379 EUR
Bewertung
(100%)
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