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Test: Moog Matriarch - Die Mutter aller Synthesizer?

Moog Matriarch ist das neue Flaggschiff der Mother-Serie, bisher bestehend aus den eurorackfähigen Desktopgeräten Mother-32 und Drummer from another Mother (DFAM) sowie der Grandmother. Mit vierfacher Paraphonie reiht er sich herstellerintern zwischen der monophoner Grandmother bzw. dem duophonem Subsequent und dem polyphonem Moog One ein.

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Vintage-Design

Mit der leicht angeschrägten Bedienoberfläche, den typischen Moog-Reglern sowie den schmalen weißen Pitch- und Modulationsrädern orientiert sich Matriarch an alten Moog-Klassiker wie Prodigy und Rogue, und mit den Farben in Pastelltönen bekommt das Design auch noch einen gewissen 70er-Flair mit auf den Weg. Diese Farbgebung hat sich bereits bei der Grandmother bewährt, da dadurch die einzelnen Module der Klangerzeugung deutlich voneinander abgegrenzt werden. Die Verarbeitung ist tadellos, der Synthesizer ist sehr robust und mit gut 11 kg auch ordentlich schwer.

Wie bei den anderen Mother-Synthesizer ist auch die Klangerzeugung des Matriarch kompromisslos analog, Menüs oder Soundspeicher gibt es nicht. Sie erhalten quasi ein an die legendären Module der 9xx-Serie angelehntes Modularsystem mit Tastatur, bei dem die wichtigsten Verbindungen für direktes Spiel ohne Patchen bereits vorverdrahtet sind.

Vier Oktaven mit Aftertouch

Die Tastatur umfasst volle vier Oktaven, also 17 Tasten mehr als die Grandmother. Das Keyboard stammt von Fatar. Es ist leicht gewichtet, lässt sich angenehm spielen und verarbeitet neben Anschlagdynamik auch Aftertouch. Dies hatten wir bei der Grandmother noch vermisst. Velocity und Aftertouch sind keinen bestimmten Parametern zugeordnet, sondern lassen sich per Patchkabel auf jeden Parameter mit Modulationseingang routen. Und davon gibt es eine Menge beim Matriarch! Links daneben befinden sich die Spielhilfen in Form zweier Räder, drei Taster zum Transponieren des Keyboards und Programmierung des Sequenzers sowie ein Regler für Glide. Das entspricht der Ausstattung der Grandmother.

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USB, MIDI und CV

Auf der Rückseite befindet sich der Audioausgang, der wegen des eingebauten Delay-Effekts in Stereo ausgelegt ist, sowie der Kopfhörerausgang mit eigenem Lautstärkeregler. Über den Instrumenteneingang können Sie externe Audiosignale durch das Moog-Filter und das Delay schicken. Für die Verbindung mit einem Eurorack-System gibt es einen optionalen Ausgang im Miniklinke-Format sowie einen separaten Stereoausgang für das Delay, um den Effekt einzeln zu nutzen. Zudem lässt sich die Verzögerungszeit per analoger Clock syncen und das Feedback per CV modulieren.

Eingänge für Sustain- und Expressionpedal sind ebenso vorhanden wie CV-Ausgänge für Keyboard und Wheel. Daneben befinden sich vier CV-Anschlüsse, um den Sequenzer des Matriarchs (Jetzt auf Thomann ansehen) zu starten und zurückzusetzen und analoge Clock zu senden/empfangen. MIDI-Signale verarbeitet Matriarch über das MIDI-Trio oder den USB-Anschluss. Reglerbewegungen werden aber weder gesendet noch empfangen, da die Regler nicht digital abgetastet werden. Die Stromversorgung erfolgt über ein externes Netzteil.

Vier Oszillatoren

Im Vergleich zur Grandmother hat sich die Anzahl der Oszillatoren verdoppelt. Es gibt üppige vier Oszillatoren, die grundlegend identisch aufgebaut sind. Jeder Oszillator bietet als Wellenformen Dreieck, Sägezahn, Rechteck und schmale Pulswelle und ist in der Oktavlage von 4' bis 16' einstellbar. Die Oszillatoren 2, 3 und 4 lassen sich für breite, fette Minimoog-Sounds verstimmen. Zudem können sie mit Oszillator 1 hart synchronisiert werden, und diese Funktion lässt sich für jeden der drei Oszillatoren individuell aktivieren. Das erlaubt spannende und ungewöhnliche Sounds vor allem im paraphonen Modus.

Alle vier Oszillatoren bieten Patchbuchsen zur Abnahme der Wellenform, Modulation der Tonhöhe, Pulsweitenmodulation und nicht zuletzt auch für lineare Frequenzmodulation, was ebenfalls für außergewöhnliche Klangergebnisse vor allem im paraphonen Modus sorgen kann.

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Mixer mit Gain-Staging

Die Oszillatoren werden im Mixermodul zusammengemischt, ein weiterer Regler ist für den Rauschgenerator oder bei angeschlossenem externen Audiosignal für dessen Lautstärke zuständig. Über die vier Eingangsbuchsen kann die Vorverkabelung aber auch aufgelöst werden und andere Signale in den Mixer eingespeist werden. Beispielsweise können Sie den Filterausgang in den Noise-Eingang zurückführen. Mit dem Noise-Regler steuern Sie dann die Feedback-Schleife für leichte Sättigung über harmonische Verzerrungen bis hin zur völligen Zerstörung, wie man es vom Minimoog kennt.

Dual-Filter

Vom Mixer wandert das Signal in das Filtermodul, und hier zeigt sich ein weiterer bedeutender Unterschied zur Grandmother. Denn Matriarch bietet wie der Moog Voyager nicht nur ein, sondern zwei Filter zur subtraktiven Bearbeitung der Oszillatoren. Beide Filter arbeiten als Tiefpass (TP), das erste Filter kann auch als Hochpass (HP) genutzt werden. Das Routing lässt sich zwischen parallel (HP/TP), in Serie (HP/TP) oder Stereo (TP/TP) einstellen. Es gibt zwar nur einen Cutoff-Regler, mit Spacing lassen sich die Frequenzen aber gegeneinander verschieben und auf diese Weise interessante Stereoeffekte erzielen. Die Ausgänge beider Filter lassen sich auch separat per Patchbuchse abnehmen und an anderer Stelle im Signalweg wieder einfügen, der Fantasie sind hier kaum Grenzen gesetzt. Und die Filter klingen Moog-typisch hervorragend.

Zwei Hüllkurven

Bei der Grandmother haben wir eine zweite ADSR-Hüllkurve schmerzlich vermisst, beim Matriarch hat Moog nachgebessert. Wie bei der Grandmöther werden Attack-, Decay- und Release-Zeiten beider Envelopes per Regler eingestellt. Sustain dagegen regeln Sie mit einem langen Fader, der für unseren Geschmack aber immer noch einen Tick zu leichtgängig ist. Der Verlauf der Hüllkurve kann über zwei Patchbuchsen positiv oder negativ abgenommen werden, zudem verfügt das Modul über einen Triggereingang.

Doppelter Verstärker

Auch der Verstärker ist doppelt vorhanden, ansonsten würde der Stereoeffekt des Dual-Filters ungehört verpuffen. Beide VCA lassen sich wahlweise gemeinsam von der AMP-Hüllkurve modulieren, getrennt von AMP- und Filterhüllkurve (Split) steuern oder komplett von den eingebauten Hüllkurven entkoppeln (Drone).

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Vierstimmig paraphon

Im VCA-Modul sind auch die Stellschrauben für das paraphone Spiel untergebracht. Matriarch ist nicht klassisch mehrstimmig in dem Sinne, dass für jede Stimme alle Oszillatoren sowie eigene Filter, VCA und Hüllkurven zur Verfügung stehen. Vielmehr werden bei mehrstimmigem Spiel die Oszillatoren entsprechend auf die gedrückten Tasten verteilt und gemeinsam durch Dual-Filter und VCA geschickt. Wahlweise ist statt Monophonie mit vier Oszillatoren je Stimme auch duophones Spiel mit zwei Oszillatoren je Stimme oder vierstimmiges Spiel/Akkorde mit einem Oszillator pro Stimme möglich. MultiTrig bestimmt dabei, ob die Hüllkurven von jedem Tastenanschlag getriggert werden sollen oder erst, wenn keine weiteren Tasten mehr gehalten werden.

Vier vollwertigen Oszillatoren, die sich zudem noch untereinander per Sync oder FM verknüpfen lassen, ermöglichen mehrstimmiges Spiel, Akkorde und Arpeggios mit klanglichen Ergebnissen, die mit konventionellen polyphonen Synthesizern kaum machbar sind. Dies gilt vor allem, wenn Sie die vier Oszillatoren unterschiedlich stimmen und/oder verschiedene Wellenformen einstellen. Nicht umsonst hat der ähnlich aufgebaute DSI Pro2 viele Liebhaber gefunden.

Analoges Delay

Der Federhall der Grandmother wurde durch ein analoges Stereo-Delay ersetzt. Zwei Verzögerungseinheiten auf BBD-Basis werden über gemeinsame Regler in Zeit und Feedback eingestellt, wie beim Filter verschiebt ein Spacing-Parameter die Zeiten gegeneinander und sorgt für Stereoeffekte. Das Tempo lässt sich eintappen und zu interner (z. B. Arp/Sequenzer) oder externer Clock (analog oder MIDI) synchronisieren, die maximale Verzögerungszeit beträgt 700 ms. Für Chorus- und Flangereffekte ist die Verzögerungszeit ebenso wie das Feedback per CV modulierbar.

Über zwei getrennte Buchsen lassen sich externe Audiosignale in das Delay speisen. In Verbindung mit den zwei individuellen Ausgängen auf der Rückseite können Sie das Delay auf diese Weise als eigenständiges Effektgerät unabhängig von der Klangerzeugung nutzen. Der Mix-Regler, der das Verhältnis zwischen der Matriarch-Klangerzeugung und dem Effekt regelt, ist dann außer Funktion.

Flexibler LFO, Sample&Hold

Der LFO kann aufgrund seines weiten Geschwindigkeitsbereichs von 0,07Hz bis hinauf zu 1,3kHz und damit weit in den hörbaren Bereich hinein nicht nur als Modulator, sondern auch als weiterer Oszillator genutzt werden. Der LFO besitzt sechs Wellenformen, also zwei mehr als bei der Grandmother, und kann die Tonhöhe aller Oszillatoren (alternativ der Pärchen 1/3 oder 2/4), die Filterfrequenz oder die Pulsweite modulieren. Über den Wellenformausgang ist dank des semi-modularen Aufbaus auch die Modulation anderer Klangparameter, die einen eigenen Eingang besitzen, möglich. Der LFO lässt sich zu einer externen Clock synchronisieren. Auch die Geschwindigkeit ist modulierbar und kann an die Tonhöhe gekoppelt werden.

Das Modulationsmodul verfügt zusätzlich über einen Sample&Hold-Generator für zufällige Werteänderungen sowie einen Rauschgenerator.

Modular-Utilities

Zur Unterstützung der modularen Möglichkeiten ist im Matriarch auch ein Utility-Modul verbaut. Es bietet einen Multiplier mit vier Buchsen, mit dem Sie ein eingehendes Signal wie den LFO auf mehrere Modulationsziele verteilen können. Umgekehrt lassen sich hiermit mehrere Audiosignale oder Steuerspannungen auf einen Ausgang mischen. Mit dem Attenuator schwächen oder invertieren Sie eingehende Steuerspannungen. Wenn Sie als Beispiel mit der Hüllkurve für schneidende Sync-Sounds die Tonhöhe von Oszillator 2 modulieren, regeln Sie mit dem Attenuator-Knopf oder einer beliebigen CV-Quelle die Stärke der Modulation. Matriarch besitzt im Gegensatz zur Grandmother zwei solcher „Abschwächer“.

Intuitiver Stepsequenzer und Arpeggiator

Arpeggiator und Stepsequenzer wurden von der Grandmother übernommen, statt drei lassen sich aber zwölf Sequenzen speichern. Zudem fasst jeder der bis zu 256 Steps einer Sequenz beim Matriarch bis zu vier Noten, im paraphonen Modus lassen sich auf diese Weise auch Akkorde einbinden. Die Bedienung ist kinderleicht. Sie müssen nur den Schalter auf Rec legen und dann über die Tastatur die gewünschten Noten spielen. Über drei Taster lassen sich Pausen, gebundene Noten/Slides und Accents programmieren. Programmierte Sequenzen werden bei aktiviertem Sequenzer über die Tastatur getriggert und transponiert. Eine laufende Sequenz kann auch in Echtzeit in den vorgenannten Parametern geändert werden, eine interessante Variante für den Live-Auftritt. Das ARP/SEQ-Modul besitzt auch einen CV/Gate-Ausgang zur Ansteuerung anderer analoger Hardware über Keyboard oder Arpeggiator.

Klassischer Moog-Sound

Die Stärken des Matriarchs (Jetzt auf Thomann kaufen) liegen Moog-typisch bei cremigen Leads, satten Bässen und schneidigen Sync-Sounds, aufgrund der Patchmöglichkeiten sind auch analoge Percussion und experimentelle Klänge möglich. Paraphonie und dualer Aufbau erlauben aber auch interessante Akkorde, Flächen und Arpeggios. Hinzu kommt das sehr gut klingende analoge Stereo-Delay, das sich auch separat von der Klangerzeugung für externe Geräte nutzen lässt.

Konkurrenten

Moog-typisch hat so viel Qualität aber auch seinen Preis. Gerade einmal ein Drittel kostet der Behringer Poly D, der ebenfalls klassischen Moog-Sound mit vier Oszillatoren und Paraphonie bietet. Die Klangerzeugung des Poly D ist aber deutlich eingeschränkter und es fehlt der semi-modulare Aufbau.

Der Vermona Perfourmer geht klanglich auch in Richtung Moog, bietet aber vier vollständige Stimmen und lässt sich daher bei Bedarf auch richtig polyphon spielen. Seine Klangerzeugung ist ansonsten aber eingeschränkter als beim Matriarch.

Der neue Sequential Pro3 ist mit dreistimmiger Paraphonie und Ladder-Filter ebenfalls eine interessante Alternative. Klanglich erreicht er nicht ganz die Tiefe und den vollen Klang des Matriarch, dafür ist der hybride Synthesizer speicherbar und verfügt über ausgefuchste Modulationsoptionen inklusive mehrspurigem Sequenzer.

Fazit

Matriarch (Auf Thomann ansehen) bietet den gleichen kompromisslosen Analog-Sound der alten Schule wie die anderen Synthesizer aus Moogs Mother-Serie. Der Synthesizer kann edel und sahnig, aber auch kernig und roh klingen. Durch die Verdoppelung wichtiger Elemente der Klangerzeugung (Oszillatoren, Filter, VCA, Hüllkurven) sowie Paraphonie und Stereo-Delay wurden die Möglichkeiten im Vergleich zur Grandmother noch einmal vervielfacht. Breite Stereoflächen und sich ständig ändernde Arpeggios sind ebenso machbar wie einzigartige Akkorde und polyphone Sequenzen. Und der modulare Aufbau ersetzt oder ergänzt ein Modularsystem. Verpackt in ein schickes und robustes Gehäuse ist der Matriarch ein Instrument, an dem Sie lange Freude haben werden, was dann auch den relativ hohen Anschaffungspreis rechtfertigt.

Zweite Meinung gefällig? Bei unseren Kollegen von Amazona können Sie einen weiteren Testbericht zu diesem Produkt lesen.

Bewertung
Name
Moog Music Inc. Matriarch
Pro
  • vintage Moog-Sound
  • vier Oszillatoren
  • Paraphon
  • Dualfilter
  • semi-modular
  • polyphoner Sequenzer
  • Stereo-Delay
Contra
  • Preis
Preis
2.199 EUR
Bewertung
(93%)
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