Test

e-instruments Session Keys Electric W: virtuelles Wurlitzer im Test

Neben Rhodes und Clavinet zählt das Wurlitzer A-200 zu den klassischen E-Pianos. Das innovative Sample-Instrument e-instruments Session Keys Electric W möchte jetzt neue Maßstäbe setzen und ein großes Potenzial für Producer bieten. Gelingt das? 

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Features
  • Wurlitzer E-Piano (von 1974)
  • für Kontakt & Kontakt Player
  • NKS-kompatibel
  • zwei Soundsets (Studio/Live)
  • 9 GB Sample-Library
  • Pentamorph-Klangsteuerung
  • 486 Phrasen im Animator
  • Smart-Chord-Funktion
  • interne Effekte

Virtuelle E-Pianos gibt es inzwischen bis zum Abwinken. Die meisten dieser Software-Kopien orientieren sich stark am traditionellen Klangrepertoire und verzichten auf Phrases oder weitere Animationen. Beim Wurlitzer, zwischen 1955 und 1982 hergestellt, treten vor allem hämmernde Akkorde á la Supertramp oder warme Vibrato-Klänge, die im Soul oder Country verwendet werden, auf den Plan. Neue klangliche und spielerische Möglichkeiten werden leider kaum erschlossen. Genau diese Lücke füllt das auf NI Kontakt basierende Software-Instrument Session Keys Electric W überraschend gut. Das aufgezeichnete Original stammt zwar von 1974, die erzeugten Sounds und Phrases wirken jedoch selbst für heutige Verhältnisse erfrischend.

Klangliche Variationsbreite genießen

Das Session Keys Electric W bietet zwei Basisklänge: Während „Studio“ das direkt aufgezeichnete Signal wiedergibt, ist beim Set „Live“ der Sound über die internen Lautsprecher des Wurlitzer-Pianos mikrofoniert und aufgenommen worden. Die Unterschiede sind zwar hörbar, aber nicht so auffällig, wie vermutet. Wer mehr Wärme benötigt, nimmt das Live-Set. Erstaunlich differenziert lassen sich beide Sample-Sets über eine 88er-Tastatur anspielen. Auf Wunsch lässt sich das Instrument auf seinen ursprünglichen Tonumfang (Key Range: Original) beschränken. Im Bereich „Tonality“ finden sich Parameter zur subtilen Gestaltung des Basisklangs. Die Geräuschanteile, der Soundcharakter und auch das Einschwingen und Abklingen sind regelbar. Bei den Effekten sind alle Standards wie Amp, Tremolo, Chorus, Phaser, Delay und Reverb vorhanden. Sie klingen rund und bereichern das Wurlitzer-Piano individuell. Auf externe Plug-ins ist man nicht angewiesen.

Pentamorph

Ein Höhepunkt des Session Electric Keys W ist die Pentamorph-Funktion. Mit diesem fünfstufigem Regler ist der Gesamtsound drastisch veränderbar. Vereinfacht beschrieben werden hier etliche Samples (Key, Pedal, Release, Reverse) durcheinandergebracht – wilde Konstellation entstehen, Effekt-Parameter werden ebenfalls berücksichtigt. Wer experimentelle Klänge sucht, wird schnell fündig. Selbstverständlich kommen auch Preset-Nutzer auf ihre Kosten: Über 35 Wurlitzer-Kreationen inklusive Effekt-Settings ermöglichen ein sofortiges Keyboard-Spiel. Die Namen (wie „Tremolo“, „Clean & Dry“, „Universal Phase“, „Toybox“) sind hilfreich.

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Phrasen & Songideen aufspüren

Das Session Keys Electric W besticht mit einem Animator, der 486 MIDI-Phrasen unterschiedlicher Stilistiken abfeuert: Tempo in der DAW einstellen, Akkorde auf dem Keyboard anschlagen und sich fürs nächste Projekt inspirieren lassen. Über das Modulationsrad lässt sich die Struktur der jeweiligen Phrasen variieren – sehr gut. Hinzu sorgt die Smart-Chord-Funktion für inspirierende Akkordfolgen. Entweder über die MIDI-Tastatur oder über 16 virtuelle Pads lassen sich beliebige Akkordtypen triggern, die im harmonischen Kontext passen. Ähnliches ist von den „Smart Instruments“ der iOS-App GarageBand bekannt. Die Krönung sind die „Songs“ von Session Keys Electric W. Hier arbeiten Sample-Set, Effekte, Smart Chords und der Animator sehr stimmig in den Sparten Chill, Pop und RnB zusammen.

Praxis-Test

Die Funktionen des virtuellen Pianos sind zwar auf einige Menüs verteilt, die Navigation fällt aber leicht. Ohne Blicke ins Manual (PDF) versteht man die einzelnen Bereiche. Für die Live-Performance sind alle klassischen Wurlitzer-Sounds hervorragend abgedeckt. Laden und loslegen klappt bestens. Die wahren Stärken des Instruments offenbaren sich aber beim Producing: Mit wenigen Mausklicks lassen sich großartige Phrasen und Klangszenarien hervorzaubern, die man eigentlich von keinem Vintage-Keyboard erwartet. Während des Tests bin ich dank der „Songs“ auf einige neue Ideen gestoßen. Es lohnt sich, intensiver verschiedene Sound-, Effekt- und Phrase-Kombinationen zu probieren. Die Edit-Session macht richtig Spaß und die teilweise originellen Ergebnisse sind sehr hörenswert.

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Fazit

Zu einem äußerst fairen Preis animiert Session Keys Electric W zum Experimentieren mit dem Wurlitzer Piano. Für Macher von Ambient, TripHop, Lounge oder Filmmusik bietet es sehr praktische Inspirationshilfen und bewährt sich letztlich auch für traditionelle Live-Player als eine starke Nummer. Alles in allem ist Session Keys Electric W ein heißer Tipp. Mit den Arrangier- und Klangmöglichkeiten übertrifft es seine Alternativen in der Preisklasse bis 100 Euro. Selbst als Ergänzung zur bereits vorhandenen Luxus-Kollektion mit angesagten E-Piano-Klängen (wie etwa Spectrasonics Keyscape) ist dieses hochwertige Produkt empfehlenswert.

Dieser Artikel ist in unserer Heft-Ausgabe 157 erschienen.

Bewertung
Name
e-instruments Session Keys Electric W
Pro
  • authentisch klingendes Wurlitzer A200
  • Pentamorph für eigene Experimente
  • hippe Soundkreationen möglich
  • Phrasen-Bibliothek und Smart Chords
  • einfaches Arrangieren per Songs
Preis
79 EUR
Bewertung
(83%)
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