News

Interview: Xilent über Bitwig

Mit seinen ultrafetten Tracks zwischen Dubstep und EDM ist Xilent zu einem der angesagtesten Produzenten und Remixern aufgestiegen. Im Studio nutzt er schlagkräftige Tools und den effizienten Workflow von Bitwig. Nichts aber ist ihm wichtiger als eine gute Idee, die man unter der Dusche summen kann.

Bitwig 8-Track ist auf DVD der aktuellen Ausgabe 01/2016 enthalten und kann im falkemedia shop erworben werden.

Anzeige

Beat / Du bist vom Schlagzeugspielen in die virtuelle Welt von DAWs umgestiegen. Wie hat sich das auf deine Musik ausgewirkt?

Xilent / Gute Frage! Ich habe festgestellt, dass ich meine musikalische Ausbildung auf Klavier und Schlagzeug in gewisser Weise verloren habe. Ich bin mit den Drumsticks und den Pianotasten längst nicht mehr so flüssig und habe eine Menge Theorie und Vokabular vergessen. Stattdessen haben Keyboard, Maus, Knöpfe und Regler mein Leben übernommen. Man kann durchaus sagen, dass ich zu einer komponierenden Maschine geworden bin. 

Beat / Eine Maschine, die im Studio von Maschinen umgeben ist.
Xilent / Ja, aber es ist ein sehr einfaches Setup, weil ich alles daran setze, damit mobil zu werden. Meine besten Freunde im Studio sind meine beyerdynamic DT770 Kopfhörer, die mir als Hauptreferenz für meine Produktionen dienen. Ich verbringe 80 Prozent meiner Zeit unter ihnen – wenn ich sie absetze, fühle ich mich verlassen. Die Kopfhörer sind mit meinem NI Komplete-6-Interface verbunden, das wiederum das Signal an meine KRK Rokits sendet. Darauf verbringe ich weitere 18 Prozent der Produktionszeit. Die übrigen 2 Prozent laufen auf Laptop-Lautsprechern oder einem Fernseher.

Beat / Diese Prozente addieren sich leicht zu vielen Stunden zusammen. 
Xilent / Ich bin tatsächlich knapp zehn Stunden jeden Tag im Studio. Aber unproduktive Phasen und Schreibblockaden gehören auch dazu. Deswegen habe ich ganz bewusst meine Internet-Verbindung im Studio gekappt. Das Touren ist inzwischen auch zu einem Teil meines Ideen-Prozesses geworden, einfach durch die Musik der Leute, die ich auf der Bühne performen sehe oder die ich hinter der Bühne treffe. Mobil zu sein bedeutet für mich, auch unterwegs Ideen umsetzen zu können. Dank Dropbox klappt das ganz gut. 

Beat / In wieweit bist du seit deinem Durchbruch mit „Choose Me“ als Künstler gewachsen?
Xilent /
Ich finde, man erkennt das Wachstum am besten an den Drums. Sie sind heute deutlicher druckvoller und klarer und haben die richtigen Transienten. Dadurch treten sie im Mix besser nach vorne. In der Vergangenheit habe ich mich auch zu wenig um die niedrigen Frequenzen gekümmert. Manche meiner früheren Produktionen haben nicht einmal einen Sub-Bass-Kanal mit einer starken Sinuswelle. Auch auf „Choose Me“ habe ich mir nur einen Reese-Bass geschnappt und die tiefen Frequenzen betont. 

Beat / Gab es auch im Setup Veränderungen?
Xilent /
Bitwig war ein wichtiger Punkt. Ich hasse, es Daten zu exportieren und zu importieren oder mich durch Ordner zu kämpfen. Als ich gesehen habe, dass ich in Bitwig einfach einen MIDI-Clip in einen Audio-Clip umwandeln und MIDI und Audio gleichzeitig auf einen Kanal legen kann, konnte ich es kaum fassen. Allein dadurch ist mein Prozess 80 Prozent flüssiger geworden. Toll ist auch der „Stretch HD“-Algorithmus mit manuellen Einstellungsmöglichkeiten. Wenn ich mich im letzten Augenblick entscheide, das Tempo von 150 auf 140 zu drosseln, dann kostet mich das höchstens zwei Sekunden, nahezu ohne Artefakte oder Looping. Ein Hardware-Upgrade auf einen High-End-PC kann aber auch sehr wichtig sein. Du brauchst ein Gerät, das stabil ist und nicht abstürzt, nur weil du viele VSTs nutzt. 

Beat / Du hast schon einige hilfreiche Algorithmen angesprochen. Automatisierst du alle deine Prozesse?
Xilent /
Für meine Bühnenshow nutze ich durchaus eine Software wie Stutter-Edit, weil sie so gut ist und deine Performance auf den Kopf stellen kann. Im Studio aber erstelle ich viele der Glitches manuell. Genauer gesagt nutze ich beides ... Massive oder Serum oder einige von Bitwigs eingebauten Plug-ins wie Freq Shifter. Glitch2 von Illformed ist ebenfalls großartig, auch wenn ich darin einiges automatisiere. Das muss kein Problem darstellen. Manchmal habe ich einfach keine sonderlich gute Idee und verwende die Automatisierung. Es geht darum, die Tools sinnvoll anzuwenden und die Ergebnisse und Sounds danach an deinen Stil anzupassen. Wenn du das machst, spricht nichts gegen ROMpler oder den Nexus Sampler.

Beat / Viele deiner Produktionen sind extrem vollgepackt mit Sounds. Wie erreicht man die Balance, damit es nicht überladen wirkt?
Xilent /
Stimmt, ich war in den letzten Jahren schon eher ein Maximalist. Das wird sich jetzt aber ändern. Ich erkenne an den Reaktionen des Publikums, dass die Tage der Hyper-Sounds vorbei sind und die neue Richtung eher minimal und catchy ist. Als Produzenten achten wir immer noch zu viel auf den Mixdown und zu wenig auf Idee, Melodie und Texte. Manchmal ist es wirklich besser, sich zu fragen, ob man meine Musik unter der Dusche singen kann, statt sich den Kopf darüber zu zerbrechen, ob man noch mehr Gain auf den 200 Hz der Snare-Drum braucht.

Beat / Wie wird sich diese Erkenntnis auf das nächste Album auswirken?
Xilent /
Man wird es in den Arrangements heraushören, sei es in den Melodiepatterns oder der Zahl an Pads und Vocals. Ich arbeite ununterbrochen daran. Gerade ist alles ein Remix. 

www.xilent.com
www.facebook.com/Xilent

 

Mehr zum Thema
Anzeige