Test

Test: Apple Logic Pro X

Mit der Vorstellung von Final Cut Pro X verprelle Apple seinerzeit viele treue Kunden. Statt einer Weiterentwicklung von Final Cut Pro 7 wagte Apple mit dem Wechsel zu Pro X einen kompletten Neuanfang: Revolution statt Evolution scheint sich das Unternehmen damals auf die Fahne geschrieben zu haben. Die Zweifel unter den Logic-Anwendern im Vorfeld der Veröffentlichung des nächsten großen Updates ihrer Pro-Software waren also durchaus berechtigt.Evolution statt Revolution

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Die Antwort auf die wohl wichtigste Frage zur neuen Logic-Version vorweg: Logic Pro X ist ein reguläres Upgrade, welches das bekannte, beliebte und seit Dekaden gewachsene Programm weiterentwickelt, ohne mit dessen Wurzeln zu brechen. Wer die Vorversionen kennt, findet sich schnell zurecht und wer mag, kann in Logic Pro X sogar Projekte aus Zeiten von Version 5 öffnen.

Die überarbeitete Benutzeroberfläche setzt auf klare Linien und kontrastreiche Farbgebung, von der sich sowohl Einsteiger als auch Profis angesprochen fühlen dürften. Wer etwa die sogenannten „erweiterten Werkzeuge“ deaktiviert, erhält Zugriff auf eine für Auf- oder Umsteiger von GarageBand gedachte und deutlich entschlackte Benutzeroberfläche. Man biedert sich aber nicht auf Kosten der Pro-Anwender an neue Kunden an – Altbekanntes und Altbewährtes ist noch immer vorhanden, wenn teils auch neu organisiert.

Ebenfalls mehr als nur Kosmetik sind die neuen Track Stacks. In Track Stacks lassen sich mehrere Spuren zusammenfassen, um für einen besseren Überblick im Arrangement zu sorgen und wertvollen Bildschirmplatz zu sparen. Was genau in den Track Stacks steckt, bleibt dem Anwender überlassen: Neben kompletten Drum-Kits lassen sich beispielsweise auch geschichtete Synthesizerklänge kompakt verpacken.

Auch über die vereinfachte Kontrolle von Klang- und Effekt-Parametern hat sich Apple Gedanken gemacht: Die neuen Smart Controls legen die wichtigsten Klang- und Effekt-Parameter auf eine Handvoll Controller, die mitunter verwirrende Vielfalt an Reglern und Tastern für Klangschrauber und Tontechniker wurde so auf eine für Musiker verständliche Zahl heruntergebrochen. Konsequent: Die vielen mit Logic Pro X mitgelieferten Sounds und Effekte unterstützen durchweg die neuen Smart Controls.

Neben vielen lobenswerten Neuerungen birgt das neue Logic aber auch das Potenzial für Ärger: So setzt Apple beispielsweise einen Mac mit OS X 10.8.4 als Minimalsystem voraus. Upgradewillige Besitzer älterer Macs müssen daher einen besonders intensiven Blick auf die Systemanforderungen werfen, betagtere Mac-Pro-Modelle sind beispielsweise nicht für Logic Pro X qualifiziert. Und noch eine Einschränkung gibt es zu vermelden: Der Logic-Jahrgang 2013 arbeitet ausschließlich mit 64-Bit-Plug-ins zusammen, ältere 32-Bit-Software wird nicht länger unterstützt.

Schlagzeuger: überflüssig!

Unter Tontechnikern gilt das Schlagzeug als Königsdisziplin. Bereits das Vorhandensein eines geeigneten Raums und die mitunter komplizierte und potentiell teure Mikrofonierung sind unter „Herausforderung“ zu verbuchen. Diese lässt sich aber kaum vermeiden, so man echte, lebendige Grooves benötigt, denn Schlagzeuger aus Fleisch und Blut sind in vielen Musikstilen programmierten Beats überlegen. Eine Lösung für das Problem liefert Apple mit Drummer.

Drummer ist ein komplexes virtuelles Instrument, welches dynamisch und unter Analyse umgebender Tracks groovende Schlagzeugspuren erzeugt und hierzu auf rund 15 GB an Audiomaterial zurückgreift. Mithilfe einer cleveren X/Y-Matrix lässt sich Einfluss auf das Spiel des Schlagzeugers nehmen. Insgesamt fünf verschiedene Schlagzeuger mit „eigenen Charakteren“ hat Drummer zu bieten. Die vielen Spielarten und die auch im Detail manipulierbare Drum-Kits sorgen darüber hinaus für weitere Vielfalt: Bei unserem Vergleich eines mittels MIDI programmierten Schlagzeugs mit den von Drummer erzeugten Spuren waren diese eine echte und oft sogar überlegene Alternative zu Loops und Samples.

Flex Pitch

Der zweite große Neuzugang in Logic Pro X hört auf den Namen Flex Pitch. Flex Pitch erlaubt eine Manipulation der Tonalität von Audiomaterial, ähnlich wie man es aus Anwendungen wie etwa Melodyne kennt. Auch in Logic wird hierzu die Tonhöhe einer Aufnahme einer Pianorolle gegenübergestellt und Töne als manipulierbare Events auf der Zeitachse dargestellt. Beim tonalen „Geradebügeln“ von Gesangsstimmen im Cents-Bereich arbeitet Flex Pitch unauffällig, aber auch drastischere Änderungen über ganze Töne hinweg sind möglich. Der große Vorteil von Flex Pitch gegenüber anderen Lösungen: Die Option auf Korrektur der Tonhöhe ist direkt in Logic integriert und somit unmittelbar in jeder Audiospur verfügbar. Zudem gehört Flex Pitch zu den serienmäßig mitgelieferten Funktionen, es muss keine weitere Software teuer hinzugekauft werden. Gut gemacht, Apple.

Neue Klangerzeuger

Einen Platz ganz oben auf den Wunschlisten vieler Logic-Anwender nahmen neue und überarbeitete Klangerzeuger ein. Ein Wunsch, der seitens Apples erhört wurde – und das gleich mehrfach.

Der neue Retro Synth etwa ist ein Synthesizer, der eine Vielzahl verschiedener Syntheseformen unter nur einem Dach zu bieten hat, etwa analog-subtraktive Synthese, Frequenzmodulation und Wavetables. Entsprechend vielfältig sind die qualitativ wirklich gelungenen Sounds, die sich ganz einfach durch Smart Controls anpassen lassen.

Keine ganz so plakative Neuerung stellen die überarbeiteten Vintage-Keyboards dar – hier tut sich vor allem das neue Leslie der B3-Emulation hervor. Ein weiterer Neuzugang im Effektbereich ist der dem Guitar Amp Designer ähnliche Bass Amp Designer, der – nomen est omen – auf die Anforderungen von Bassisten hin ausgelegt ist.

MIDI-Features

Ganz einfache Dinge, etwa ein Arpeggiator, mussten in der Vergangenheit über das sogenannte Environment programmiert werden. Das war für eine Vielzahl der Anwender in etwa vergleichbar mit der Planung eines Flugs zum Mars – schlicht unmöglich also. Mit Logic Pro X zeigt Apple Erbarmen und liefert acht Plug-ins zur Manipulation von MIDI-Daten mit: Darunter findet sich ein Arpeggiator, aber auch ein Chord-Trigger und Modulator. Insbesondere wer viel mit virtuellen Instrumenten oder externer, MIDI-fähiger Hardware arbeitet, wird die neuen Möglichkeiten zu schätzen wissen.

Luxus-Remote

Musik-Software ist von Haus aus komplex. Um die vereinfachte Bedienung von Software vom Schlage eines Logic hat sich eine ganze Industrie gebildet, eine Vielzahl verschiedener Controller-Hardware buhlt um die Gunst der Käufer. Mit Veröffentlichung der iPad-App „Logic Remote“ bietet Apple eine kostenlose Alternative.

Toll: Auch Instrumente lassen sich mithilfe der App anspielen – das kennt man so bereits aus der GarageBand-App für das iPad. Logic Remote konnte im Test vollauf überzeugen, da die App das iPad zu mehr als nur zu einem luxuriösen Transportfeld werden lässt: Sounds verändern via Smart Control, parallele Fader-Fahrten am Mischpult und ein interaktives Hilfe-System sind nur einige der Highlights. Negativ fiel allerdings die geringe Verbindungs-Stabilität zwischen iPad und Mac auf.

Satz mit X?

Logic Pro X liefert in vielerlei Hinsicht klassische Upgrade-Kost. Bestehende Funktionen wurden überarbeitet, verbessert und um eine gute Handvoll sinnvoller Neuerungen ergänzt. Die ganz offensichtlichen Neuheiten in Form von Drummer und Flex Pitch sind Apple gut gelungen und werten das Gesamtpaket deutlich auf. Aber auch im Detail haben die Entwickler viele Features konsequent zu Ende gedacht und sehr gute Arbeit geleistet: Details wie etwa die Smart Controls wären nichts wert, wenn Apple nicht auch gleich sämtlichen Content entsprechend angepasst hätte. Kurzum: Im Falle des neuen Logic fällt es verdammt schwer, nicht nach Werbeprospekt zu klingen. Aber: Logic Pro X ist tatsächlich das beste Logic aller Zeiten!

Bewertung
Name
Apple Logic Pro X
Website
Pro
  • sehr guter virtueller Schlagzeuger
  • gute Tonhöhenkorrektur via Flex Pitch
  • Unmengen neuer Klänge
  • viele Verbesserungen im Detail
  • unschlagbarer Preis
Contra
  • erzwingt Upgrade auf OS X 10.8.4
  • unterstützt nur 64-Bit-Plug-ins
Preis
180 EUR
Bewertung
(83%)
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