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Test: Akai MPC Studio & OS Version 2.10

Hat Akai mit dem kürzlich erschienenen OS-Update 2.10 für die MPC Serie bereits für Beifallsstürme gesorgt, kommt mit der MPC Studio jetzt noch ein brandneuer Controller für die Software auf den Markt. Die perfekte Kombination, um herauszufinden, was die neue Hard- und Software so alles kann und für wen sie geeignet ist.

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Nachdem sich Akai in den letzten Jahren vorrangig um die Standalone-Geräte sowie die MPC Software gekümmert hat, gibt es nun wieder einen neuen Controller. Die MPC Studio ist ein Nachfahre der MPC Studio (2012) und Studio Black (2016), wird aber offiziell explizit nicht als Version 2 vertrieben. Zusammen mit der MPC Software 2 bildet der Controller eine komplette Produktionsumgebung für Beats und Songs, die sich entweder Standalone oder als Plug-in jeder beliebigen DAW nutzen lässt.

Die Ausstattung

Im Gegensatz zum Vorgänger wurden die vier Q-Link-Regler eingespart, dafür gibt es jetzt einen Touchstrip, mit dem sich etliche Parameter steuern lassen. Dazu gleich mehr. Auch hat das neue Modell einen deutlich kleineren Screen, dafür ist dieser jetzt hochauflösend und farbig. Die restliche Ausstattung ist im Großen und Ganzen identisch: Zahlreiche Buttons für direkten Zugriff auf wichtige Funktionen, Doppelbelegungen per Shift-Taste und sehr gut reagierende Pads mit Multicolor-Backlight, um Auskunft über Anschlagstärke zu geben oder Sound-Kategorien per Farbe kenntlich zu machen.

Essentielle Funktionen wie Quantisierung, Tab Tempo, Note Repeat und Arpeggiator, Sample Start und dergleichen sind über dedizierte Buttons erreichbar, ebenso Transportfunktionen wie Play, Record und Overdub. Rückseitig gibt es lediglich den USB-Anschluss sowie MIDI-In und -Out im Miniklinkenformat zu vermelden.

Im Live-Einsatz

Die Hardware fühlt sich absolut wertig an, fällt mit 2 cm Höhe sehr flach aus und lässt trotz der kompakten Maßen von 33 x 17 cm genügend Platz für angenehm große Pads. Diese lassen sich sehr feinfühlig spielen und geben dank farbiger Ränder jederzeit Auskunft über Anschlagstärke und Spielmodi.

Der Touchstrip ist eine willkommene Neuerung, denn er kann sowohl als Mod- oder Pitch-Wheel dienen, Lautstärken regeln, im Notes-Modus auch Pads triggern und diverse Parameter steuern. Im Q-Link-Modus übernimmt er die Funktion der 16 Q-Link-Regler, mit denen sich je nach Betriebsmodus Samples und Slices finetunen, Bereiche zoomen oder Projekt-Settings ändern lassen.

Während vor allem der direkte Zugriff auf Modwheel und Pitchbend ohne extra Keyboard eine tolle Neuerung ist, gilt es bei dermaßen vielen Betriebsmodi natürlich die Übersicht zu behalten, um am Ende auch den richtigen Parameter zu erwischen. Ähnliches gilt für das OLED-Display, das zwar optisch schick daher kommt, aber nur wenige Informationen liefert. Hier gefiel uns der Ansatz der alten MPC Studio Modelle besser. Zwar waren die Displays nur monochrom, sie boten aber deutlich mehr Überblick über den Song und dessen Spuren, sichtbare Sample-Wellenformen und vieles mehr, was das Arbeiten ohne Blick auf den Monitor und somit volle Konzentration auf den Sound möglich machte. Die aktuelle Variante macht die permanente Mitverwendung des Monitors zwingend notwendig, etwa beim Sampeln, Slicen, Bearbeiten von Sequenzen, Laden von Sounds und anderen grundlegenden Vorgängen.

Die MPC Software

Waren ältere MPCs und frühe Versionen der MPC Software noch reine Sequenzer und Sampler, sind mittlerweile alle denkbaren Features an Bord, die eine ausgewachsene DAW ausmachen. Neben „Drum Programs“ zum Abfeuern von Samples gibt es „Keygroup Programs“ zur chromatischen Wiedergabe von Multisamples, MIDI-Tracks für externe Klangerzeuger, Plug-in-Spuren für interne sowie VST/AU-Klangerzeuger, CV-Kanäle für modulares Equipment (nur für die MPC Modelle One, Live mkII und X), sowie „Clip Programs“ zum temposychronen Wiedergeben von Loops im Stile von Ableton Live. Apropos: MPC-Projekte lassen sich auf Knopfdruck direkt als Songs für Live 10 aufwärts exportieren.

Auch bis zu 128 Audiospuren sind enthalten und für so ziemlich jeden Parameter können Automationen aufgenommen werden. Für den gelungenen Mixdown sorgen Send- und Return-Tracks, Bus-Spuren und zahllose Effekt-Plug-ins.

Um den musikalischen In- bzw. Output kümmern sich Chord- und Scale-Funktionen, Zufallsgeneratoren für Drums und Melodien, eine ausgefuchste Kombi aus Arpeggiator und Pattern-Player, Live-Performance-Effekte, sowie die zahllosen mitgelieferten Sounds und Instrumente.

Für wen ist eine MPC geeignet?

Gleich vorweg: Eine DAW für alle möchte die MPC nicht sein. Und das liegt nicht mal an der Ausstattung, denn ist ziemlich komplett, sondern hauptsächlich am Workflow der MPCs. Dieser entspricht weder einem Clip-basierten Ansatz à la Bitwig oder Ableton Live, noch dem typischen Timeline-Recording von Cubase, Logic oder Pro Tools. Zwar sind beiden Szenarien durchaus im Ansatz in der Software enthalten, doch hier dreht sich vielmehr alles um Patterns, Jammen, das Bauen von Beats, Finger-Drumming und das Zusammensetzen dieser Elemente zu einem Song. Wer noch nie mit einer MPC gearbeitet hat, aber andere Sequenzer gewohnt ist, sollte unbedingt etwas Zeit zur Eingewöhnung einplanen.

Hat man sich aber mal in den Pattern-basierten Kosmos eingearbeitet, lässt der Lohn in Formt von frischen Ideen nicht lange auf sich warten. Hier werden vermeintliche Limitierungen im Vergleich zu großen DAW’s schnell hinfällig und die Stärke offenbart sich: der Fokus auf der Beat oder Melodie. Statt stundenlang Sounds kleinteilig zu bearbeiten, am Equalizer zu frickeln oder Melodien aufwendig zu optimieren, gilt hier eher das Credo: entweder die Idee funktioniert oder sie funktioniert nicht. Zwar bietet die MPC trotzdem die Option, sich komplett in Details zu verlieren, wenn man das möchte, aber der Fokus liegt auf der schnellen Gestaltung. Hier hilft vor allem das vom Monitor losgelöste Arbeiten, welches die Ohren statt der Augen in den Vordergrund rückt.

Fazit MPC Studio

Der robuste Controller sieht nicht nur schick aus, er bietet auch ein gutes Spielgefühl beim Aufnehmen von Beats, beim Finden von Melodien und Hooklines per Arpeggiator und Scale-Modus oder auch beim Abfeuern von Loops und Clips. Bei allen Aktionen, welche die Wiedergabe von Sounds betreffen, ist die neue Studio zweifellos eine Wucht und lässt sich komplett autark vom Monitor verwenden, was letztlich einen großen Teil des Charmes beim Arbeiten mit MPCs ausmacht. Was den Kern des MPC-Kosmos angeht, also Sampeln, Slicen und Verbiegen von Sounds, kommt man allerdings um die Verwendung von Maus und Monitor nicht herum, denn dafür gibt es schlichtweg keine Bedienelemente und das Minidisplay stellt keine Wellenformen dar. Etwas schmerzt uns der Verzicht auf die vier Q-Link-Regler, denn die Möglichkeiten der Live-Performance mit einem einzigen Touchstrip sind dann doch eher eng gesteckt. Andererseits erlaubt die MPC Software das Einbinden beliebiger Controller, die das Steuern von Parametern übernehmen können, sofern das überhaupt benötigt wird.

Generell ist die MPC Studio für ziemlich schmales Budget erhältlich und bietet im Verbund mit der MPC Software und einem riesigen Paket an Plug-ins und Sounds genug Stoff für mehrere Jahre Kurzweil im Studio. Und dabei ist jedem freigestellt, ob die Software als Standalone-Lösung oder im Verbund mit der eigenen DAW verwendet wird. Trotz der genannten Mankos bleibt unterm Strich also ein bombiges Gesamtpaket für Producer und Beatmaker von Hip-Hop bis elektronischem Sound.

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Das MPC Update 2.10

Schon beim Update auf Version 2.9 hat Akai den MPCs neben einigen Fixes und kleineren Verbesserungen mal eben einen kompletten Drumsynthesizer spendiert. Mit acht Drums, superben Presets und konkurrenzlos gutem Sound. So verwöhnt wird man eher selten. Entsprechend hellhörig wurden wir beim aktuellen Update auf 2.10 und - so viel vorweg - wir wurden nicht enttäuscht.

Die neuste Version für die Standalone-Software sowie alle Controller- und Standalone-MPC-Modelle beinhaltet eine Suite mit drei neuen Vocal-Plug-ins, sieben neue Effekte, vier neue Synthesizer, Support für Audiointerfaces und etliche Performance-Updates, die neben den anderen Neuerungen beinah untergehen. Sowohl Standalone-Geräte als auch die MPC Software mit oder ohne Controller wachsen immer mehr zur unabhängigen Plattform heran, mit der sich ausgewachsene Produktionen von Anfang bis Ende durchproduzieren lassen. Doch der Reihe nach ...

Die Vocal-Suite

Mit dem Harmonizer, Tuner und Doubler halten drei weitere Plug-ins Einzug ins umfangreiche Effekt-Repertoire, allesamt mit dem Schwerpunkt Vocals. Wie die meisten der schon vorhandenen Plug-ins, die sich übrigens nur nativ in MPCs und der Software nutzen lassen, gewinnen diese vermutlich keine Schönheitswettbewerbe, sondern sind auf den praktischen Nutzen ausgelegt. Und dort tun sie genau das, was man von ihnen erwartet. Ob typische Autotune-Vocals, gedoppelte Stimmen, ganze Harmonien oder schräge Effekte bei extremen Settings, die Plug-ins erledigen ihre Aufgaben mit Bravour. Das Aufnehmen von „nicht ganz so professionellen“ Vocals direkt in die MPC ist zum Festhalten von Songideen, ohne anschließendes Schämen, damit genau so möglich wie die subtile Nachbearbeitung von Highend-Recordings.

Sieben weitere Effekte

Mit Half Speed, Stutter, Diode Clipper, Diffuser Delay, Sample Delay, Granulator und Limiter erhöht sich die Anzahl der internen Effekte auf sagenhafte 97. Einen Limiter gab es zwar schon in Form des Maximizers, allerdings ist dieser in etwa so feinfühlig wie Rambo und neigt entsprechend schnell zu Verzerrungen und schlicht unschönem Sound, daher nehmen wir den subtileren Neuzugang dankbar an.

Half Speed erzeugt wie zu erwarten eine halb so schnelle Kopie des Sounds, bietet aber die Möglichkeit, diesen stufenlos beizumischen. Vor allem Drums und Beats lassen sich deutlich fetter gestalten, wenn man die Downbeat-Kopie zu 30-40% beimischt. Eigentlich unspektakulär, aber superhilfreich.

Unser Highlight der Neuzugänge ist allerdings der Diode Clipper, welcher eine Röhrenschaltung emuliert. Die Ergebnisse sind beeindruckend. Im Grunde wird das eingehende Signal durch eine virtuelle Röhre geschleift und entsprechend verzerrt. Die Trägheit der Röhre lässt sich per Hüllkurve regeln, was für so unvorhersehbare wie spektakuläre Effekte sorgt. Nutzt man das Plug-in mit einer langsamen Hüllkurve beispielsweise auf einem kompletten Drumbeat, wird der verzerrte Teil leicht in die Länge gezogen und verschleppt hinzugefügt und sorgt so für zusätzlichen Groove. Schon der stufenlos zumischbare Grundsound selbst ist fantastisch und reicht von angenehm britzelig bis derb komprimiert und dreckig. Hammer!

Die neuen Instrumente

Mit Hype, Mellotron, Odyssey und Solina kommen satte vier neue Klangerzeuger zum Repertoire der MPC hinzu und diese sind alles andere als nur nette Dreingaben. Hype ist zwar eher ein Rompler, bei dem sich lediglich eine Handvoll Parameter und die Effekte modifizieren lassen, aber die Grundsounds sind inspirierend und abwechslungsreich, von guter bis sehr guter Qualität. Vor allem die Mallets und Percussions haben es uns angetan. Die anderen drei Neuzugänge bringen ihren ganz eigenen Retro-Touch mit, wobei die Solina und der ARP-Emulation Odyssey etwas mehr Wärme und Biss vertragen könnten. Das Mellotron wiederum ist das zweite Highlight, was die Instrumente angeht. Der Sound ist absolut authentisch und bringt mit seinen Chören und Streichern eine ganz neue (alte) Nuance ins Spiel.

Mehr Ins und Outs für die Standalone-Modelle

Was externes Gear angeht, waren die MPC-Modelle bisher schon ziemlich offen. Per USB lassen sich Festplatten und Sticks andocken sowie beliebige MIDI-Controller, solange sie Class Compliant sind. So gut wie alle also. Mit dem aktuellen Update öffnen sich nun auch die Türen für Audiointerfaces. Bis zu 32 Kanäle lassen sich direkt als Ein- und Ausgänge nutzen. Ein Traum für jeden, der seine Tracks lieber live am Pult mischt oder bis zu acht Audiospuren gleichzeitig aufnehmen will.

Fazit

Hier können wir es kurz machen: Das Update ist kostenlos und somit Pflicht für alle Besitzer einer MPC. Die neuen Features sind eine Wucht und alleine die Instrumente und Effekte wären locker mehrere Hundert Euro wert. Die Hardware-Modelle festigen damit ihre einzigartige Stellung als Standalone-Lösung. Keine andere Groovebox bietet auch nur annähernd so viele Features.

Selbst die kleineren Neuerungen wie die Pitch-Hüllkurve, Note Off (siehe MPC Power Producer Workshop weiter vorne im Heft) oder die acht Effekt-Slots in Drum Programs sind eine Wucht für Sounddesigner und Beschleunigen den Workflow immnes.

Die Software ist wie schon erwähnt, möglicherweise nicht jedermanns Geschmack, aber dank der kostenlosen MPC Beats-Version ist ausgiebiges Antesten kein Problem. Auch lässt sich hier die Rechner-Performance vorab checken, denn auf Retina-Macs kann die Bedienung hier und da mal hakeln, weil sie nicht so flüssig läuft, wie man es von nativen Anwendungen gewohnt ist. Das ist aber Jammern auf sehr hohem Niveau. So oder so: Das Update ist uneingeschränkt zu empfehlen.

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