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Test: UDO Super 6 - Der bessere Roland Jupiter 6?

Der 12-stimmige Hybrid-Synthesizer hat bereits auf der Superbooth-Messe 2019 mit seinem extravaganten Design und überzeugenden Klang jede Menge Aufsehen erregt. Es sollte aber noch gut anderthalb Jahre dauern, bis der an den legendären Roland Jupiter-6 angelehnte Synthesizer mit FPGA-basierten digitalen Oszillatoren und analogem Tiefpassfilter Serienreife erlangt. Wir haben uns eines der ersten Exemplare für einen ausführlichen Test gesichert.

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Vom Liebhaber für Liebhaber

Super6 ist der Debüt-Synthesizer der jungen Firma UDO Audio aus dem Vereinigten Königreich. Die treibende Kraft hinter dem Synthesizer ist der sympathische George Hearn, der bereits an der Entwicklung des Modal 008 beteiligt war und mindestens genauso vernarrt ist in Synthesizer wie die potenziellen Käufer! Auch wenn der Name und das gesamte Design es ein wenig vermuten lassen, handelt es sich beim Super6 aber um mehr als einen Klon analoger Vintage-Klassiker wie des Jupiter-6. Zwar geht der Grundklang des Super6 durchaus in Richtung Roland, man hört aber auch amerikanische Einflüsse von Moog bis Sequential heraus.

Auffälliges Design

Verbaut ist die Klangerzeugung in ein robustes Metallgehäuse der Marke „Made in Germany“, das wahlweise in blauer oder dunkelgrauer Lackierung erhältlich ist. Das Blau hat uns beim auf der Messe vorgestellten Vorserienmodell irgendwie noch besser gefallen, aber das mag auch täuschen und Design ist ohnehin hochgradig Geschmackssache, vor allem wenn Axel Hartmann dahinter steckt. Auf jeden Fall sieht die Gestaltung in Verbindung mit der weißen, gradlinigen Beschriftung sehr technoid. Der obere Bereich erlaubt den direkten Zugriff auf die Parameter der Klangerzeugung, angelehnt an die Roland-Klassiker setzt UDO dabei vorrangig auf Fader. Das ist insbesondere bei den Hüllkurven praktisch, weil man auf diese Weise den Verlauf auch visuell nachverfolgen kann. Mithilfe von 24 Fadern, 6 Drehreglern und diversen Schaltern schrauben Sie sich ohne Umwege den passenden Sound zusammen.

Nur 64 Speicherplätze 

Im unteren Bereich laden und speichern Sie Sounds, bedienen den Arpeggiator/Stepsequenzer und passen die Spielhilfen an. 64 Factory-Presets und 64 eigene Sounds lassen sich in jeweils acht Bänken mit je acht Sounds speichern. Klar, das ist auch eine Reminiszenz an die alten Roland-Synthesizer, aber bei einem digitalen Synthesizer aus dem Jahre 2020 wären doch bestimmt auch noch ein paar mehr Speicherplätze drin gewesen. Mangels Display sind Sie bei der Auswahl der Sounds auch im Blindflug unterwegs bzw. allein auf Ihr Gehör angewiesen, was wir aber nicht wirklich als störend empfanden. 

Zum Glück lassen sich Sounds über USB exportieren und importieren, bei Anschluss eines Computers erscheint der Super6 als eigenes Laufwerk und Dateien können einfach zwischen Computer und Synthesizer ausgetauscht werden.

Gutes Fatar-Keyboard

Auch der Hebel-Bender als Ersatz für Pitchbend- und Modulationsrad ist ein Roland-Relikt. Hiermit steuern Sie einen versteckten zweiten LFO für Vibrato und Filtermodulation. In den Super6 wurde eine sehr gut spielbare Tastatur von Fatar verbaut, die neben Anschlagdynamik auch Aftertouch verarbeitet. Sie umfasst vier Oktaven. Dadurch bleibt der Super6 trotz eines ordentlichen Gewichts von gut 10 Kilogramm noch halbwegs transportabel. Dennoch hätten wir auch gerne eine Version mit 61 Tasten gesehen. Insgesamt hinterlässt Super6 einen langlebigen Eindruck, da wackelt oder knarzt nichts und der Synthesizer dürfte auch rauen Touralltag problemlos überstehen.

Kein CV/Gate

Die Rückseite zeigt sich unspektakulär. USB und klassisches MIDI-Trio dienen der Anbindung an Computer und anderes Equipment. Auf CV/Gate zur Verknüpfung mit analogen Klangerzeugern wurde verzichtet, es ist aber die alternative Nutzung einer MIDI-Buchse als DIN-Buchse zur Synchronisation mit analogen Drumcomputern angedacht. Zwei Pedalanschlüsse werden den klassischen Keyboarder erfreuen und unterstreichen den Anspruch des Super6 als Instrument und nicht als reine Klangschleuder. Passend dazu ist das eingebaute Netzteil, das per Kaltgerätekabel mit der Steckdose verbunden wird. Zwei Klinkenbuchsen bringen das Audiosignal in Stereo zur Außenwelt, hinzu kommt ein weiterer Ausgang für den Kopfhörer.

FPGA-Chip inside

Die Berechnung der Klänge übernimmt im Super6 ein FPGA-Chip. Dieser Chip ist bei virtuell-analogen Synthesizern so beliebt, weil er hoch spezialisiert programmiert werden kann und dabei dem tatsächlichen Verhalten echter analoger Hardware-Schaltungen näher kommt als andere DSP-Lösungen. Wie Roland in der Boutique-Serie nutzt auch der Super6 die gesamte Rechenleistung für möglichst originalgetreuen Sound und kann entsprechend nur eine begrenzte Zahl an Stimmen liefern. Dafür sind auch in höchsten Lagen gespielt kein Aliasing oder sonstige digitale Störgeräusche hörbar.

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Zwei digitale Oszillatoren

Super 6 bietet zwei Oszillatoren je Stimme, die auf die Namen DDS1 und DDS2 hören. Beide Oszillatoren verfügen über die Standard-Wellenformen Sägezahn, Rechteck, Dreieck, Sinus und Rauschen. DDS1 gibt zusätzlichen Zugriff auf 16 digitale Wellenformen, die sich auch per Computer austauschen lassen. Zudem lässt er sich ohne Stimmverlust siebenfach aufblähen für die berühmt-berüchtigte SuperSaw. Dies funktioniert aber auch mit anderen Wellenformen inklusive der digitalen Varianten, sodass Klänge jenseits klassischer Trance-Hupen möglich sind. Und auch ein Sub-Oszillator lässt sich aktivieren, dann ist aber DDS2 nicht mehr verfügbar.

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Flexibel dank digitaler Wellenformen

DDS2 verfügt über eine Rechteckwelle mit variabler Pulsweite, die sich auch modulieren lässt (PWM). DDS2 lässt sich zu DDS1 synchronisieren und für die klassischen Sync-Sounds in der Tonhöhe modulieren – das klingt dann richtig gut! Ohnehin klingen die Grundwellenformen der Oszillatoren sehr kräftig analog und weisen auch die subtilen Änderungen bei jedem Tastenanschlag auf, die unsere Ohren als lebendig und organisch empfinden. Mit den zusätzlichen Optionen lässt sich aber bei Bedarf auch eine digitale Variante hinzufügen, die digitalen Wellenformen erinnern in Verbindung mit dem analogen Filter durchaus an hybride Klassiker wie den PPG oder Prophet VS.

LFO im Audiobereich

Der LFO1 verdient besondere Aufmerksamkeit, denn er kann deutlich mehr als nur Filter-Wobble und PWM. Im HF-Modus erreicht er Frequenzen bis hin zu 20 kHz, also weit in den hörbaren Bereich. Zudem lässt sich Key-Tracking aktivieren und die Frequenz an die beiden Oszillatioren anpassen, was harmonische FM-Sounds ermöglicht. Und neben den Standard-Wellenformen lassen sich auch die digitalen Waves des DDS1 für den LFO nutzen! Für schräge, obertonreiche Sounds gibt es auch eine Cross-Modulation.

Binauraler Stereosound

Trotz des auf den ersten Blick einfachen Aufbaus bietet Super6 bereits auf Oszillatorebene jede Menge klanglicher Optionen, die weit über klassische Analogsynthesizer hinausgehen. Und damit das Ganze schön breit klingt, gibt es noch den sogenannten Binaural-Modus. Hierbei wird der Sound verdoppelt und im Stereofeld verteilt, um für mehr Räumlichkeit und Lebendigkeit zu sorgen. Das kostet zwar die Hälfte der 12 Stimmen, die Sounds sind dann nur noch 6-stimmig spielbar. Dafür geht der Effekt aber weit über ein simples Doppeln und hartes Panning hinaus und erlaubt auch subtile Klangwanderungen im Stereofeld, da sich Phasenverschiebung und Verstimmung anpassen lassen.

Analoges Tiefpassfilter

Ein weiterer wichtiger Bestandteil des überzeugenden Klanges des Super6 ist das analoge Filter. Es handelt sich um ein 24dB-Tiefpassfilter, angelehnt an das im Korg Polysix oder aktuell im Prophet X verbaute Filtermodell. Das Filter klingt hervorragend, schön cremig und geschmeidig und auch bei hohen Resonanzwerten nicht anstrengend, sondern herrlich harmonisch – ganz im Roland-Stil! Mit einem leider nur in drei Stufen regelbarem Drive lässt es sich heißer anfahren für aggressivere, angezerrte Klänge. Ein zuschaltbares Hochpassfilter dünnt bei Bedarf die tiefen Frequenzen aus, im TRK-Modus sind auch Bandpass-ähnliche Filterungen möglich.

Hüllkurven mit Extras

Zwei ADSR-Hüllkurven für Filter, Amp oder andere Ziele wie Pulsweite oder Tonhöhe (auch invers) runden die Klangerzeugung ab, interessant hierbei ist die regelbare Verzögerungszeit von Envelope 1. KeyTracking und Loop-Funktion erweitern die Möglichkeiten der Hüllkurven und machen sie zu zusätzlichen superflexiblen LFO, deren Intensität sich auch per Anschlagdynamik steuern lässt. 

Die Zuweisung der Modulationsquellen (inkl. DDS2!) zu den Modulationszielen erfolgt über eine kleine Modulationsmatrix.

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Chorus und Delay

Wie es sich für einen von Roland-Klassikern inspirierten Synthesizer gehört, folgt am Ende der Signalkette ein über zwei Taster in drei Stufen zuschaltbarer Chorus, der klanglich aber nicht ganz mit den großen Vorbildern mithalten kann. Gleiches gilt für das Delay. Sie haben nur Zugriff auf Intensität, Verzögerungszeit und Feedback. Optionen wie Ping-Pong oder gar Multitap gibt es nicht, zudem klingt der Effekt auch eher digital im negativen Sinne und es fehlt die Wärme und Lebendigkeit. Die Effekte sollten Sie in der aktuellen Version daher auch eher als praktische Zugabe für die Live-Performance ansehen, im Studio legt der Super6 mit guten externen Effekten noch einmal deutlich zu.

Apeggiator/ Stepsequenzer

Natürlich gibt es auch einen Arpeggiator, der sich ebenfalls auf rudimentäre Features im direkten Zugriff beschränkt. Zumindest speichert er die Reihenfolge der eingegebenen Noten, sodass sich auch Notenfolgen abseits der simpel aufsteigenden oder absteigenden Sequenzen erzeugen lassen. Swing sorgt für weitere Auflockerungen, eine Hold-Funktion befreit die Hände für weitere Aufgaben wie das Schrauben am Sound.

Auch ein klassischer Stepsequenzer ist an Bord. Er nimmt bis zu 64 Schritte auf und es lassen sich Slides, Accents und Pausen setzen. 64 Sequenzen können Sie speichern und mit Sound-Presets verknüpfen, um diese bei der Live-Performance gemeinsam aufzurufen.

Alternativen?

Wer einmal das Vergnügen hatte, den leider nicht mehr neu erhältlichen Modal 002 zu spielen, den wird beim Super6 vieles an diesen Hybrid-Synthesizer erinnern. Kein Wunder bei dem in der Einleitung beschriebenen Werdegang des Hauptentwicklers. Moderner transparenter Klang mit Vintage-Charme beschreibt es wohl recht gut. Der Modal Cobalt8 kann daher durchaus als deutlich günstigere Alternative im Hinterkopf behalten werden, auch wenn dort aus Kostengründen das analoge Filter durch eine digitale Emulation ersetzt wurde. Sowohl preislich als auch klanglich auf ähnlichem Niveau spielt der Roland Jupiter-X. Dessen Klangerzeugung ist noch flexibler und die guten Analog-Emulationen von Rolands Klassikern überzeugen mit durchsetzungsfähigem HiFi-Sound, mangels analogem Filter fehlt ihm aber das letzte Quäntchen Vintage-Charakter und damit auch ein wenig der Gänsehaut-Effekt. Novation Summit bietet ein ähnliches Hybrid-Konzept mit flexiblen digitalen Oszillatoren und analogem Filter, klingt aber ebenfalls etwas braver und unauffälliger als der Super6. Dafür bietet er klanglich nicht zuletzt aufgrund der Split- und Layer-Optionen und der sehr guten Effekte mehr Vielfalt. Auch Korgs Prologue kombinierte eine digitale Engine mit einem analogen Filter und ist in der 8-stimmigen Version mittlerweile für unter 1.000 Euro zu haben.

Fazit

Klanglich zeigt der Super6, zu was optimierte digitale Technik mittlerweile fähig ist. Die Oszillatoren klingen im positiven Sinne analog, mit kräftigem und lebendigem Sound. Auch die Frequenzmodulationen im Audiobereich wissen zu gefallen und klingen nicht harsch und anstrengend wie bei vielen anderen Digitalsynthesizern. Der digitale Unterbau hat dabei den Vorteil, dass die Möglichkeiten der Oszillatoren weit über das hinausgehen, was analoge Technik zu bieten hat. Gepaart mit dem hervorragend klingenden Analogfilter überzeugt Super6 bei allen Standard-Analogsounds, seien es warme und breite Pads und Strings, cremige Leads oder satte Synth-Bässe. Der Grundklang geht dabei durchaus Richtung Roland, aber mit einem gewissen amerikanischen Einschlag. Das hybride Konzept erlaubt aber auch charaktervolle Sounds, die über die klassischen Analogklänge hinausgehen. Super6 reagiert dabei sehr gut auf hochwertige externe Effekte. Und wenn man den Synthesizer dann über die sehr gute Tastatur auch wie ein richtiges Instrument spielt, ist Gänsehaut garantiert!

Ganz günstig ist dieses Vergnügen zwar nicht, diesbezüglich kann so eine kleine Firma nicht mit den Global Playern wie Roland, Yamaha & Co. mithalten. Dafür erhalten Sie aber einen außergewöhnlichen, individuell mit Liebe zum Detail entwickelten Synthesizer der Extraklasse.

Bewertung
Name
UDO Audio UDO Super 6
Website
Pro
  • lebendiger Klang
  • flexible Oszillatoren
  • Analogfilter
  • schneller LFO
  • binauraler Stereosound
  • gute Tastatur
  • Audioeingang
  • robuste Verarbeitung
Contra
  • Preis
Preis
2.499 EUR
Bewertung
(83%)
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