Test

Moog Grandmother im Test: grandioser analoger Mono-Synthesizer

Moog Grandmother ist das neue Flaggschiff der Mother-Serie, bisher bestehend aus den eurorackfähigen Desktopgeräten Mother-32 und Drummer from another Mother (DFAM).

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Features
  • Analoger Mono-Synthesizer
  • Semi-modular
  • Zwei Oszillatoren
  • FM&Sync
  • Moog-Ladderfilter
  • Sequenzer mit 256 Steps
  • Analoger Federhall
  • 32-Tasten Fatar-Keyboard

Das äußere Erscheinungsbild mit der leicht angeschrägten Bedienoberfläche, den typischen Moog-Reglern sowie den schmalen weißen Pich- und Modulationsrädern erinnert unweigerlich an alte Moog-Klassiker wie den Rogue. Mit der etwas gewagten Farbgebung in Pastelltönen bekommt die Grandmother auch noch ein gewisses 70er-Flair mit auf den Weg. Die Farben sind sicherlich nicht jedermanns Geschmack, haben aber einen praktischen Nutzen, da sie die einzelnen Module der Klangerzeugung deutlich voneinander abgrenzen. Die Verarbeitung ist tadellos, der Synthesizer ist sehr robust und bringt mit über 7 kg auch einiges auf die Waage. Im Gegensatz zu vielen anderen aktuellen Analog-Synthesizern hat man hier richtig was in der Hand, und die Haptik ist ja neben dem Klang ein nicht zu unterschätzendes Merkmal eines guten Synthesizers. Menüs oder Soundspeicher gibt es nicht, what you see is what you get.

Tastatur ohne Aftertouch

Die Tastatur von Fatar umfasst 32 Tasten, also nicht ganz drei Oktaven. Sie ist leicht gewichtet, lässt sich angenehm spielen und verarbeitet Anschlagdynamik, aber kein Aftertouch. Das ist schade bei einem monophonen Synthesizer, der auch für Solo-Leads prädestiniert ist. Links daneben befinden sich die Spielhilfen in Form zweier Räder, deren Regelbereich allerdings etwas zu kurz gewählt wurde. Drei Taster zum Transponieren des Keyboards sowie Programmierung des Sequenzers sind ebenso vorhanden wie ein Regler für Glide.

Auf der Rückseite befindet sich der Audioausgang sowie ein Eingang, um externe Audiosignale durch das Moog-Filter und den eingebauten Federhall zu schicken. Für die Verbindung mit einem Eurorack-System gibt es einen optionalen Ausgang im Miniklinke-Format sowie einen separaten Ausgang für das Spring-Reverb, um den Effekt einzeln zu nutzen. Daneben befinden sich vier CV-Anschlüsse, um den Sequenzer der Grandmother zu starten und zurückzusetzen und analoge Clock zu senden und zu empfangen. MIDI-Signale empfängt und sendet die Grandmother über das MIDI-Trio oder den USB-Anschluss. Die Stromversorgung erfolgt über ein externes Netzteil.

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Semi-modular mit zwei Oszillatoren

Der neue Moog ist semi-modular, passend dazu ist die Klangerzeugung in verschiedene Module unterteilt. Es gibt zwei grundlegend identisch aufgebaute Oszillatoren, die als Wellenformen Dreieck, Sägezahn, Rechteck und schmale Pulswelle bieten und in der Oktavlage von 4' bis 16' einstellbar sind. Oszillator 2 kann für breite, fette Minimoog-Sounds verstimmt werden und mit Oszillator 1 hart synchronisiert werden. Beide Oszillatoren bieten Patchbuchsen zur Abnahme der Wellenform sowie Modulation der Tonhöhe. Oszillator 1 besitzt einen zusätzlichen Eingang für Pulsweitenmodulation, Oszillator 2 dagegen für lineare Frequenzmodulation. In Verbindung mit Hüllkurve und LFO lässt sich also bereits auf Oszillatorebene ein weites Klangspektrum erzeugen.

Die Oszillatoren werden im Mixermodul zusammengemischt, ein weiterer Regler ist für den Rauschgenerator oder bei angeschlossenem externen Audiosignal für dessen Lautstärke zuständig. Über die drei Eingangsbuchsen kann die Vorverkabelung aber auch aufgelöst werden und andere Signale in den Mixer eingespeist werden. Beispielsweise können Sie den Filterausgang in den Noise-Eingang zurückführen, mit dem Noise-Regler steuern Sie dann die Feedback-Schleife für leichte Sättigung über harmonische Verzerrungen bis hin zur völligen Zerstörung, wie man es vom Minimoog kennt.

Klassisches Moog-Ladder-Filter

Vom Mixer wandert das Signal in das Filtermodul. Wenig überraschend setzt Moog auf das berühmte 24dB-Tiefpass-Kaskadenfilter. Es ist zur Selbstresonanz fähig, der hierbei erzeugte Sinuston kann bei aktiviertem Keytracking tonal korrekt über die Tastatur gespielt werden. Die Filterfrequenz wird vorverdrahtet über die Hüllkurve moduliert, wahlweise positiv oder negativ. Die Stärke der Modulation ist per Patchbuchse ebenfalls modulierbar. Eine weitere Patchbuchse erlaubt die Modulation der Filterfrequenz durch eine andere Quelle wie LFO oder Velocity.

Die Grandmother besitzt nur eine ADSR-Hüllkurve, deren Attack-, Decay- und Release-Zeiten per Regler eingestellt werden. Für den Sustain-Wert steht dagegen ein langer Fader zur Verfügung, der bei unserem Modell aber einen Tick zu leichtgängig war. Der Verlauf der Hüllkurve kann über zwei Patchbuchen positiv oder negativ abgenommen werden, zudem verfügt das Modul über einen Triggereingang.

Verschiedene Verstärker-Modi

Damit der Verstärker bei schneller Filtermodulation durch die Hüllkurve nicht zu früh zumacht, gibt es verschiedene VCA-Modi. Neben der Steuerung des VCA durch die gemeinsame Hüllkurve gibt es eine Gate-Funktion mit vollem Sustain-Wert unabhängig von der Einstellung der Hüllkurve sowie eine Drone-Funktion, die den VCA auch ohne Triggernoten komplett offen hält und sich auch für die Bearbeitung externer Audiosignale wie das Filtern von Drumloops empfiehlt. Über eine Patchbuchse kann alternativ auch eine externe Hüllkurve aus einem Modularsystem den Lautstärkeverlauf regeln. Über zwei getrennte Buchsen lassen sich externe Audiosignale in den VCA oder das Spring Reverb speisen. In Verbindung mit dem Reverb-Ausgang auf der Rückseite können Sie den analogen Federhall auf diese Weise als eigenständiges Effektgerät unabhängig von der Klangerzeugung nutzen. Der Mix-Regler, der das Verhältnis zwischen Klangerzeugung der Grandmother und Effekt regelt, ist dann außer Funktion.

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Flexibler LFO etc.

Der LFO kann aufgrund seines weiten Geschwindigkeitsbereichs von 0,07Hz bis hinauf zu 1,3kHz und damit weit in den hörbaren Bereich hinein nicht nur als Modulator, sondern auch als weiterer Oszillator genutzt werden. Daher lässt sich für exaktes Tuning die Geschwindigkeit mithilfe des Shift-Tasters sehr fein einstellen. Der LFO hat die Wellenformen Sinus, Sägezahn, Rampe und Rechteck zur Auswahl und kann die Tonhöhe beider Oszillatoren, die Filterfrequenz oder die Pulsweite modulieren, wenn Sie das Modulationsrad aufdrehen. Über den Wellenformausgang ist dank des semi-modularen Aufbaus auch die Modulation anderer Klangparameter, die einen eigenen Eingang besitzen, möglich. Der LFO lässt sich zu einer externen Clock synchronisieren. Auch die Geschwindigkeit ist modulierbar und kann an die Tonhöhe gekoppelt werden.

Das Modulationsmodul verfügt zusätzlich über einen ebenfalls synchronisierbaren Sample-&-Hold-Generator für zufällige Werteänderungen, der ebenfalls auf beliebige Ziele geroutet werden kann.

Das Utility-Modul

Zur Unterstützung der modularen Möglichkeiten ist in der Grandmother auch ein Utility-Modul verbaut. Es bietet einen Multiplier mit vier Buchsen, mit Sie ein eingehendes Signal wie den LFO auf mehrere Modulationsziele verteilen können. Umgekehrt lassen sich hiermit mehrere Audiosignale oder Steuerspannungen auf einen Ausgang mischen. Ein in der Filterfrequenz regelbares, aber nicht modulierbares 6dB-Hochpassfilter sorgt für die Ausdünnung im Bassbereich und kann dafür vor oder hinter dem Tiefpassfilter im Signalweg platziert oder ebenfalls für eine Feedback-Schleife genutzt werden. Mit dem Attenuator schwächen oder invertieren Sie eingehende Steuerspannungen. Wenn Sie als Beispiel mit der Hüllkurve für schneidende Sync-Sounds die Tonhöhe von Oszillator 2 modulieren, regeln Sie mit dem Attenuator-Knopf die Stärke der Modulation.

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Intuitiver Step-Sequenzer und Arpeggiator

Grandmother bietet auch einen eingebauten Arpeggiator und Step-Sequenzer. Die Geschwindigkeit lässt sich im Bereich von 20 BPM bis hin zu sehr schnellen 280 BPM per Regler einstellen, per Tap-Tempo eingeben oder zu MIDI-Clock oder analoger Clock synchronisieren. Die drei Abspielrichtungen vorwärts, vorwärts-rückwärts und zufällige Reihenfolge stehen zur Verfügung. Das Arpeggio kann über eine, zwei oder drei Oktaven laufen, bei aktiviertem Sequenzer wählen Sie mit dem Kippschalter eine der drei gespeicherten Sequenzen.

Der Sequenzer nimmt bis zu 256 Noten auf und ist im Vergleich zum Sequenzer der Mother-32 deutlicher einfacher zu bedienen. Sie müssen nur den Schalter auf Rec legen und dann über die Tastatur die gewünschten Noten spielen. Über drei Taster lassen sich Pausen, gebundene Noten/Slides und Accents programmieren. Programmierte Sequenzen werden bei aktiviertem Sequenzer über die Tastatur getriggert und transponiert. Eine laufende Sequenz kann auch in Echtzeit in den vorgenannten Parametern geändert werden, eine interessante Variante für den Live-Auftritt. Accent triggert ähnlich wie bei einer TB-303 eine sehr kurze Hüllkurve, die über den Velocity-Ausgang abgenommen und auf die Filterfrequenz oder andere Ziele geroutet werden kann. Über diesen Ausgang lässt sich ansonsten die Anschlagdynamik des Keyboards oder eingehender MIDI-Noten auf beliebige Parameter routen. Das ARP/SEQ-Modul besitzt auch einen CV/Gate-Ausgang zur Ansteuerung anderer analoger Hardware über Keyboard oder Arpeggiator.

Grandmother oder Sub – Hauptsache Moog?

Mit knapp 1.000 € Straßenpreis sortiert sich die Grandmother firmenintern zwischen Sub Phatty und Subsequent 37 ein. Die Sub-Serie bietet den moderneren Sound und umfangreiche MIDI-Steuerung aller Parameter inklusive DAW-Einbindung per Editor-Plugin für Automation und Total Recall. Zudem können die Subs Sounds speichern. Grandmother dagegen besitzt wie die Mother-32 einen typischen Vintage-Sound, der tatsächlich sehr an Rogue, Prodigy & Co. erinnert. Er ist obertonreicher und kerniger, aufgrund des charakteristischen Filters aber stets edel. Aufgrund des komplett analogen Aufbaus klingen auch Audiomodulationen organischer. Das semi-modulare Konzept erlaubt mehr Experimente und eine umfassende Integration in ein Modularsystem. Damit kann auch das aus unserer Sicht größte Manko im Standalone-Betrieb, die fehlende zweite Hüllkurve, ausgemerzt werden. Die Stärken der Grandmother liegen Moog-typisch bei cremigen Leads, satten Bässen und schneidigen Sync-Sounds, aufgrund der Patchmöglichkeiten sind aber auch analoge Percussion und experimentelle Klänge möglich.

Auch der sehr gut klingende analoge Federhall darf nicht unterschätzt werden, er sorgt für etwas Tiefe und Räumlichkeit bei Leads und Bässen oder greift bei Drones und atmosphärischen Sounds klangbildend ein. Umso schöner, dass der Effekt sich auch separat von der Klangerzeugung für externe Geräte nutzen lässt.

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Fazit

Die Moog Grandmother bietet Analog-Sound der alten Schule. Hier werden auch Hüllkurve und LFO analog erzeugt, was man durchaus hören kann. Grandmother kann edel und sahnig, aber auch kernig und roh klingen und erinnert dabei an Prodigy, Rogue & Co. und weniger an die diversen neo-analogen Neuerscheinungen der heutigen Zeit. Der semi-modulare Aufbau lädt zu Experimenten und der Einbindung in ein Modularsystem ein, der eingebaute Federhall sorgt für zusätzliches Ambiente. Wer die Mother-32 mag, wird die Grandmother lieben.

Dieser Artikel ist in unserer Heft-Ausgabe 155 erschienen.

Bewertung
Name
Moog Music Inc. Grandmother
Pro
  • edler Analogsound
  • flexible Klangerzeugung
  • FM&Sync
  • semi-modular
  • Step-Sequenzer
  • analoger Federhall
Contra
  • kein Aftertouch
  • nur eine Hüllkurve
Preis
999 EUR
Bewertung
(92%)
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