Test: Steinberg Backbone - Spielzeug oder Game-Changer?

Geschrieben von Mario Schumacher
04.08.2020
09:24 Uhr

Backbone ist weder ein klassischer Drum-Synthesizer, noch feuert er einfach Samples ab. Vielmehr lassen sich Samples resynthetisieren. Das Plug-in besitzt acht Layer-Slots, in die Sie eigene Samples oder Klänge aus der Bibliothek von Backbone laden können. In der Decompose-Sektion können Sie ein geladenes Sample in seine tonalen und geräuschhaften Bestandteile aufsplitten. Nach einer kurzen Analyse lassen sich diese Komponenten solo hören und individuell bearbeiten. Klickt man auf Apply, stehen die beiden Anteile als separate Layer zur Verfügung. So können Sie z. B. störende Resonanzen in Sounds gezielt bearbeiten oder harsche Drumsounds entschärfen. Auch wenn Steinbergs Groove Agent 5 ebenfalls die Decompose-Funktion bietet, ist er keine wirkliche Alternative, zumal er ohne Resynthese-Funktionen auskommt.

(Bild: Steinberg)Dank leistungsfähiger Resynthese-Funktionen und der Möglichkeit, Samples in ihre tonalen und geräuschhaften Anteile aufzusplitten, können Sie mit Backbone im Nu originelle Drum-Sonds erstellen.

Musikalisches Rückgrat

Jedes Layer besitzt die Module Sample, Resynth, Pitch, Filter und Amp. Auf der Hauptseite von Backbone können Sie die wichtigsten Parameter dieser Module anpassen, eine detaillierte Editierung ist auf den jeweiligen Unterseiten möglich. Der integrierte Sample-Editor wartet u. a. mit Reverse- und Loop-Funktionen sowie Hoch- und Tiefpassfilter auf. Sehr nützlich für das Arbeiten mit melodischem Material ist die Funktion „Pitch Analysis“, welche die Tonhöhe des Samples erkennt. So können Sie den Grundton mit wenigen Mausklicks anpassen und Samples chromatisch spielen. Zur Beeinflussung der Frequenz des Multimode-Filters sowie der Tonhöhe und Lautstärke stehen eigene flexible Multisegmenthüllkurven bereit. Da sich die Hüllkurven auch zum Hosttempo synchronisieren lassen, ist die Erstellung perfekt getimter Sound-Effekte wie Risers ein Kinderspiel. Da die Anschlagstärke verschiedene Klangparameter steuern kann, können Sie mit wenigen Handgriffen einfache Drums-Samples oder Synth-Sounds dynamisch spielbar machen. Leider lassen sich nicht verschiedene Tastaturzonen für die einzelnen Layer einrichten. Möchte man also ein Drumkit erstellen, ist man auf andere Plug-ins wie Groove Agent 5 angewiesen.

Resynthese-Funktion

Kommen wir nun endlich zu dem Alleinstellungsmerkmal von Backbone, nämlich der leistungsfähigen Resynthese-Engine. In dieser Sektion können Sie One-Shots oder auch Loops bemerkenswert flexibel auf der Spektralebene bearbeiten. Neben der Wiedergabeposition lässt sich die Wiedergabegeschwindigkeit einstellen – dabei kann der Sound auch extrem beschleunigt oder verlangsamt werden, ohne dass die Tonhöhe beeinflusst wird. Ist der Modus Tonal aktiviert, lässt sich zwischen einem reinen und einem geräuschhaften Klang überblenden, wobei auch ein Frequenzversatz möglich ist. Der Noise-Modus verwandelt das Sample hingegen in einen geräuschhaften, unharmonischen Sound. Darüber hinaus lassen sich Formantverschiebungen erzielen.

Was ist damit möglich?

In der Praxis gelingen mit Backbone erstaunliche Klangmanipulationen. So lassen sich besonders knallige Drums für EDM & Co. erzeugen [1] oder nur die tonalen Anteile eines Drum-Loops neu stimmen, während die Hi-Hats und Becken unbearbeitet bleiben. Oder wie wäre es, aus den S-Lauten einer Gesangsaufnahme epische Hits zu kreieren oder aus unspektakulären Drum-Samples epische Soundeffekte wie Hits, Risers und Swooshes zu erstellen? Das Werkzeug lässt sich selbstverständlich auch verwenden, um auf der Basis von Samples facettenreiche Synth- und Hybridklänge zu erzeugen. Wenn Sie den Drum- oder Synth-Sound Ihrer Träume erstellt haben, können Sie diesen mit nur zwei Mausklicks als Audiodatei exportieren. Einen wichtigen Anteil an packenden Sounds haben auch die gut klingenden Filter und Effekte des Plug-ins. Es gibt zwar keine individuelle Effektsektion pro Layer, aber zwei Effekt-Busse mit frei konfigurierbarem Routing. Schade nur, dass man die Effektparameter nicht modulieren kann.

Fazit

Mit Backbone ist Steinberg ein innovatives Instrument gelungen, mit dem Sie Samples in komplett neue Klänge verwandeln können. Nicht nur alle, die ihre eigenen Drums erstellen möchten, kommen hier voll auf ihre Kosten. Auch Sounddesigner für Games, Film und TV werden Backbone als leistungsstarkes Kreativwerkzeug schätzen. Die mitgelieferten Presets und Samples werden nicht das volle Potenzial des Plug-ins ausschöpfen. Dies ist aber kein Beinbruch, da es – nicht zuletzt dank der komfortablen und durchdachten Bedienung - zu kreativen Experimenten einlädt. Und darum geht es ja letzten Endes: auf einfache Weise ihre eigenen Signature-Sounds zu erzeugen.


Testergebnis
ProduktnameBackbone
HerstellerSteinberg
Preis149 €
Webseitewww.steinberg.net
Pro
  • leistungsfähige Resynthese-Funktionen
  • Decompose-Funktion
  • flexible Klangbearbeitung
  • enormes Kreativpotenzial
  • gut klingende Effekte
  • durchdachte Bedienung
  • geringer Ressourcenbedarf
Contra
  • keine Tastaturzonen
  • keine Alternativ-Samples
  • keine Modulationswerkzeuge
Bewertung
1.4sehr gut
 
Cookies helfen uns, bei der Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Verstanden