Test

Test: Lawo Plug-in Collection

Den wenigsten Homestudiobetreibern wird der Name Lawo ein Begriff sein. Und doch hat wahrscheinlich jeder die digitalen Mischpulte des Rastatter Herstellers bereits im Einsatz gehört – sei es bei Übertragungen der Fußball-Weltmeisterschaft, der Formel-1-Saison oder des Eurovision Song Contest. Nun bietet Lawo die hochwertigen Algorithmen aus den drei Mischpulten seiner mc²-Reihe auch als Plug-ins für die DAW an.

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„Wir waren gerade dabei, eine Integration von Fremd-Plug-ins in unsere Mischpulte zu entwickeln. Da lag der Gedanke in der Luft, dieses auch andersherum zu ermöglichen“, beschreibt Mattias Schick, Entwickler bei der Lawo AG die Entstehung der Idee, die Prozessoren der mc²-Serie in Form von Software anzubieten. Und weiter: „Auch die bezüglich der Signalverarbeitungsqualität durchweg positiven Rückmeldungen unserer Mischpultkunden legten diesen Gedanken nahe. Mittlerweile werden Prototypen neuer Signalverarbeitungsmodule sogar zunächst als Plug-in realisiert, bevor sie nach dem ‚Feinschliff‘ ins Mischpult integriert werden. Beispielsweise ist das Hyper-Surround-Panning auf diese Weise entstanden.“

Die „Lawo Plug-in Collection“ rekrutiert sich aus zwölf hochwertigen Werkzeugen, darunter Dynamikprozessoren, Equalizer, ein Delayeffekt, ein Richtungsmischer sowie ein Surroundpanner. Alle Plug-ins arbeiten intern mit einer 64-Bit-Fließkomma-Rechentiefe und repräsentieren Signalprozessoren, die in Lawos mc²-Mischpultserie Verwendung finden, wobei auch einige Anpassungen und Erweiterungen Einzug hielten.

Dynamikprozessoren

Mit dem „Compressor“ erhält der Benutzer Zugriff auf die Funktionalität der mit den typischen Parametern versehenen Kompressorsektion aus Lawos mc²-Mischpulten. Er gestattet im Soft-Knee-Modus auch eine ausgesprochen sanfte Dynamikbearbeitung. Bei massiver Kompression wird die Qualität des Werkzeugs besonders deutlich: Auch bei extremen Einstellungen arbeitet es verzerrungsfrei und genügt damit selbst dem hohem Qualitätsanspruch bei Live-, Broadcast- und Produktionsanwendungen. Lediglich eine Auto-Release-Funktion vermisst man. Mit „CompressorSCF“ beinhaltet die Sammlung zudem eine erweiterte Version des Kompressors mit einem zweibandigen parametrischen Equalizer im Sidechainweg. Diese bietet sich an, um bestimmte Signalanteile zu komprimieren oder durch Filterung des Bassbereichs eine Kompression ohne Pumpeffekte zu erzielen. Das Sidechainsignal kann dabei auch solo abgehört werden.

Der auf Abfangen von Pegelspitzen spezialisierte „Limiter“ verfügt über ähnliche Parameter wie der Kompressor inklusive einer Soft-Knee-Funktion für eine sanftere Pegelbegrenzung. Eine Spezialität ist dabei der Hold-Parameter, der bestimmt, wie lange der Limiter das Signal nach Unterschreiten des Schwellenwerts beeinflusst. Mit der „Automatic Gain Control“ ist auch ein komplexes Dynamikwerkzeug an Bord, das einen Expander sowie einen Kompressor vereint und ebenfalls mit einem Sidechainfilter ausgestattet ist. Es eignet sich insbesondere, Signalen mit einer hohen Dynamik, wie zum Beispiel Sprachaufnahmen, zu einem konstanten Pegel zu verhelfen.

Des Weiteren sind in Form eines Expanders und eines Gates zwei Werkzeuge zum Unterdrücken beziehungsweise Stummschalten von Störgeräuschen an Bord. Mithilfe des Floor-Reglers kann man bei beiden Dynamikprozessoren auch einstellen, dass der Signalpegel nur bis zu einem bestimmten Pegel abgesenkt wird. Das Gate verfügt mit „Hysterese“ über einen weiteren eher selten anzutreffenden Parameter, der für ein stabileres Regelverhalten sorgt. Mit „GateSCF“ wird überdies auch eine erweiterte Variante des Plug-ins mit einem zweibandigen parametrischen Equalizer im Sidechainweg angeboten. „Die Dynamik-Plug-ins Gate, Expander und Compressor arbeiten selbstverständlich mit echter RMS-Pegelmessung“, gibt der Entwickler einen Einblick in die Funktionsweise der Werkzeuge, „der Limiter hingegen mit einem Spitzenwert-Pegelmessfilter, dem ein Halbbandfilter zur Abtastratenverdopplung vorgeschaltet ist. Auf diese Weise werden auch die bekannten Intersample-Peaks erfasst, die einen D-A-Wandler in die Übersteuerung bringen können.“ Alle Dynamikprozessoren des Pakets warten zudem mit einer Look-ahead-Funktion auf, die das Audiosignal leicht verzögert, um Pegelspitzen im Voraus zu erkennen. Leider wird die dadurch entstehende Latenz jedoch nicht im Hostprogramm ausgeglichen.

Equalizer

Die beiden Lawo-Equalizer sind für eine transparente Bearbeitung ohne Klangfärbung konzipiert. Bei dem vierbandigen parametrischen Modell stehen die Filtertypen Glocken- und Kerbfilter, Constant Q, Kuhschwanz, Hoch- und Tiefpass zur Auswahl. Die Güte beziehungsweise Flankensteilheit der Filter ist frei einstellbar. Während die Filter in der normalen Betriebsart auch bei massiven Absenkungen mit gleichbleibender Bandbreite arbeiten, werden sie im Contanst-Q-Modus schmalbandiger, sodass sich sehr präzise Korrekturen vornehmen lassen. Einzelne Bänder können bei Bedarf deaktiviert werden. Der zweite Entzerrer ist als grafischer Equalizer mit 31 Terzbändern und zusätzlichen Hoch- und Tiefpass- sowie Kerbfiltern ausgeführt. Wie bei analogen grafischen Entzerrrern beeinflussen sich nebeneinanderliegenden Bänder gegenseitig. Deren Güte kann dabei global festgelegt werden, sodass man die Filterkurve auch glätten kann. Im Match-Curve-Modus werden die Bänder hingegen voneinander entkoppelt, wodurch das Klangverhalten des Equalizers weitaus weniger gutmütig ausfällt, aber sehr präzise Eingriffe möglich sind. Während sich der grafische Equalizer vor allem für das effiziente Absenken störender Frequenzen eignet, bietet sich sein parametrischer Bruder als ein effektives Werkzeug an, um feine Klangdetails in den Vordergrund zu rücken.

Delay- Stereo- und Panoramawerkzeug

Das Delay der Lawo Plug-in Collection ist nicht unbedingt als Kreativeffekt gedacht, sondern in erster Linie als Werkzeug, um Signale mit einem präzise einstellbaren Versatz zu versehen, um Audiosignale beispielsweise an Videos anzupassen. Die maximal 1,8 Sekunden betragende Verzögerung kann dabei in Millisekunden, Metern, Samples, BPM oder Videoframes eingestellt werden. Des Weiteren steht eine Tap-Funktion zur manuellen Eingabe der Delayzeit bereit.

Mit Image-Control X wurde dem Paket auch ein leistungsfähiges Werkzeug zur Bearbeitung des Stereobilds und der Stereoweite inklusive eines Phasenumschalters spendiert. Nicht minder nützlich sind seine Funktionen zum Überprüfen und Gewährleisten der Monokompatibilität. Der Richtungsmischer integriert ferner eine M-/S-Matrix, sodass man jedes beliebige Stereo-Plug-in zur entsprechenden Bearbeitung verwenden kann. So ist es beispielsweise möglich, nur die Präsenz des Gesangs im Mittensignal eines Mixes mithilfe eines Equalizers anzuheben, während das Seitensignal unbearbeitet bleibt.

Ein Highlight der Kollektion ist das „Hyper-Surround Panning“, mit dem sich Signale nach Belieben im Surroundfeld zu platzieren lassen. Das Plug-in unterstützt Mono-, Stereo- und Surroundsignale bis 7.1 und integriert zudem eine Funktion, um das komplette Feld zu drehen. Mithilfe verschiedener Fader kann der Benutzer sowohl die Signalbreite der Front- und Surroundkanäle als auch ihre relative Entfernung voneinander bestimmen. Dabei lassen sich die Signale sogar über Kreuz anordnen. Überdies können die Gesamtlautstärke und die Lautstärke des LFE-(Subwoofer-)Kanals frei eingestellt werden. Der flexible Prozessor stellt bei der Erstellung von Surroundproduktionen eine wirkliche Bereicherung dar, da seine Funktionen weit über die Bordmittel gängiger Hostprogramme hinausgehen.

Bedienung und Praxis

Auch wenn die Optik der Lawo-Plug-ins verhältnismäßig schlicht wirkt, können die von ihren Hardwarevorbildern übernommenen Bedienoberflächen durch ihre klare Struktur und Funktionalität überzeugen. In diesem Zusammenhang wäre es wünschenswert, wenn der Hersteller die teilweise kryptischen Parameterabkürzungen durch verständlichere Bezeichnungen ersetzen würde. Detaillierte Erläuterungen der Plug-in-Parameter sind in der leider nur englischsprachigen Bedienungsanleitung zu finden. Alle Signalprozessoren warten mit einer grafischen Darstellung ihrer Einstellungen auf. So werden beim Kompressor zum Beispiel die Kurve des Sidechain-Equalizers und das Kompressionsverhalten visualisiert. Ein grafisches Bearbeiten der Filterverlaufskurve des parametrischen Equalizers ist allerdings nicht möglich. Auf unserer Wunschliste für die nächste Version der Kollektion stehen außerdem skalierbare Bedienoberflächen sowie die Möglichkeit, Drehregler auch mit dem Mausrad zu bedienen. Positiv hervorzuheben sind hingegen die Stabilität und der moderate Ressourcenhunger der Signalprozessoren. Eine weitere Stärke der Plug-ins ist, dass Parameteränderungen geräuschfrei erfolgen: „Selbst die Delay-Parameter sind vollkommen knackfrei verstellbar“, so Mattias Schick. „Dies mag im statischen Betrieb weniger von Bedeutung sein, wenn aber Automation ins Spiel kommt, ist dieses Feature sehr wertvoll.“

Fazit

Trotz kleiner Abstriche in puncto Bedienbarkeit konnte die Lawo Plug-in Collection in unserem Test auf ganzer Linie überzeugen. Die Klangqualität der zwölf Signalprozessoren genügt auch höchsten Ansprüchen, wobei insbesondere ihre Transparenz und Signaltreue Maßstäbe setzen. Als neutral klingende Präzisionswerkzeuge, die durch zum Teil innovative Zusatzfunktionen ergänzt wurden, lassen sich die Plug-ins sowohl bei Mixing- als auch Masteringanwendungen gewinnbringend einsetzen. In Anbetracht des Gebotenen verfügt das Paket über ein faires Preis-Leistungsverhältnis, wobei es schön wäre, wenn man die Plug-ins auch einzeln kaufen könnte.

Bewertung
Name
Lawo
Vertrieb: audiowerk.eu Lawo Plug-in Collection
Website
Pro
  • neutraler, transparenter Klang auf höchstem Niveau
  • großer Funktionsumfang
  • enorme Flexibilität
  • innovative Zusatzfunktionen
Contra
  • zum Teil verbesserungswürdige Bedienung
  • Plug-ins nicht separat erhältlich
Preis
569 EUR
Bewertung
(91%)
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