Quelle: https://www.beat.de/test/test-fxpansion-dcam-synth-squad-10056792.html

Autor: Kai-Uwe Heuer

Datum: 28.07.11 - 21:55 Uhr

Test: FXpansion DCAM: Synth Squad

FXpansion konnte sich bisher vor allem mit seiner Drumworkstation BFD sowie der virtuellen Groove-Box GURU einen Platz in vielen professionellen Studios sichern, aber auch die Synthesizerprogrammierung ist kein Neuland für den englischen Hersteller: „Wir haben uns immer für Synthesizer interessiert und mit Mysteron bereits in unseren Anfangstagen ein solches Instrument veröffentlicht – ein aktuelleres Beispiel ist Orca“, berichtet FXpansion-Geschäftsführer Angus F. Hewlett.

Und weiter: „Vor einem oder zwei Jahren haben wir entschieden, dass es die richtige Zeit ist, ein paar hochqualitative Synthesizer zu kreieren und dabei einige der neuen Schaltungsmodellierungstechnik, die wir entwickelt haben, zu nutzen.“ Dieser Technik, bekannt als „Discrete Component Analog Modeling“, verdankt die neue Synth Squad ihren Namenszusatz „DCAM“. Mit der aus drei virtuell-analogen Klangerzeugern bestehenden Sammlung hat sich die britische Softwareschmiede das ambitionierte Ziel gesetzt, die besten Eigenschaften legendärer analoger Synthesizer mit spannenden neuen Ideen zu vereinen. Dabei verfolgte FXpansion bei der Entwicklung einen interessanten Ansatz, so der Firmengründer: „Uns ging es nicht etwa darum, Klone existierender analoger Geräte zu erstellen. Vielmehr wollten wir unsere eigene idealisierte Hardware für drei Synthesizerklassen zu entwerfen, nämlich einen Bass- und Lead-Synthesizer sowie einen großen Polyphonen und eine Stringmachine, um dann digitale Emulationen dieser Schaltkreise zu erstellen. Jeder der drei Synthesizer ist dabei als Spezialist für bestimmte Aufgaben konzipiert.“

Strobe

Beweisstück Nummer eins trägt die Bezeichnung Strobe und zeigt sich von monophonen Synthesizerklassikern inspiriert. Obwohl der bei Bedarf auch polyphon spielbare Klangerzeuger nur mit einem Oszillator ausgestattet ist, bietet er vor allem dank seines leistungsfähigen Multimode-Filters mit über zwanzig Modi und gut klingendem Overdrive ein weitreichendes Klangspektrum. Seine Spezialität sind insbesondere tiefe, druckvolle Bässe und schneidende Leadsounds, wobei die Programmierung angenehm einfach von der Hand geht. Für zusätzliche Breite sorgt die Oszillator-Unisono-Funktion. Analoge Standards gelingen Strobe mit Leichtigkeit und Bravour, und dank seiner weitreichenden Modulationsmöglichkeiten eignet er sich ebenso gut für komplexe Flächen.

Amber

Als zweites Beweisstück liegt uns der Synthesizer Amber vor, der mithilfe von zwölf Oszillatoren die klassischen Stringensemble-Synthesizer der Siebzigerjahre nachbildet und damit eine Geheimwaffe für warme, psychedelische Pads und Streicher darstellt. Aber auch Keyboard- und Orgelklänge gehen mit dem Plug-in überzeugend von der Hand. Neben einem klassischen resonanten Filter sind auch ein Formantfilter sowie ein Choruseffekt mit drei verschiedenen Typen an Bord.

Cypher

Das dritte Mitglied der schlagkräftigen Synthesetruppe hört auf den Namen Cypher und ist bis zu den Zähnen mit spannenden Funktionen wie drei Oszillatoren, zwei Waveshapern und zwei Multimode-Filtern bewaffnet. Dank der bemerkenswert realistischen Nachbildung von Frequenz- und Oszillatormodulationen im Audiobereich und seinen extremen Modulationsmöglichkeiten zeigt er sich als der aggressivste der drei Synthesizer, ohne dabei jedoch an analoger Fülle einzubüßen. Angus Hewlett bringt die Stärken des Instruments auf den Punkt: „Die Konsistenz der Modellierung gestattet es uns, mit Cypher Oszillator- und Filterfrequenzmodulationen mit analogem Charakter zu realisieren, ohne dass Aliasing-Effekte auftreten oder der Sound zusammenbricht.“ Die Klangpalette wird durch Oszillatorsynchronisation, einen Ringmodulator sowie die clevere Beat-Detune-Funktion eindrucksvoll erweitert. Damit ist Cypher nicht nur ein Fachmann für bissige Sounds, sondern auch für komplexe Klangwelten und Effekte.

Waffenarsenal

Bei allen drei Synthesizern kommt ein mehrfaches Oversampling zum Einsatz, das Mixdowns in bestmöglicher Qualität garantiert, und auch die umfangreiche und inspirierende Presetbibliothek der Plug-ins kann sich sehen lassen. Darüber hinaus warten die Klangerzeuger mit einer komfortablen MIDI-Lernfunktion, dem cleveren Visualizer, der Parameter wie Oszillatorwellenform grafisch darstellt, sowie BPM-synchronisierten LFOs und Hüllkurven auf. Ein wahres „Killer-Feature“ ist zudem das clevere Modulationssystem TransMod, das an Native Instruments’ Massive oder den Circle von Future Audio Workshop erinnert. Im Handumdrehen lassen sich mehrere Modulationsziele einer Quelle zuweisen, wobei die Intensität jeder Zuordnung individuell regelbar ist: „Dank des TransMod-Modulationssystems erhält ein Synthesizer wie Strobe, dessen Synthesefunktionen auf eine Bildschirmseite passen, eine beachtliche Programmiertiefe, die weit über die Möglichkeiten einer konventionellen Modulationsmatrix hinausgehen“, beschreibt der FXpansion-Kopf den erheblichen musikalischen Nutzen dieses Ausstattungsmerkmals.

Fusor

Bereits für sich genommen sind Strobe, Amber und Cypher äußerst leistungsfähige Werkzeuge für das Sounddesign. Das vierte Plug-in der Synth Squad ist jedoch ein wahrer Multiplikator des Kreativpotenzials der bereits erwähnten Instrumente: Hinter dem mysteriösen Namen Fusor verbirgt sich eine innovative semimodulare Umgebung, um bis zu drei Sounds der DCAM-Synthesizer zu kombinieren und enorm komplexe und ausdrucksstarke Layer-und Split-Klänge zu erstellen. Die Applikation, die entweder als Plug-in oder als eigenständiger Host betrieben werden kann, erinnert konzeptionell an Korgs Legacy Cell, wobei sie wesentlich mächtiger ist. Während die einzelnen Synthesizer ohne eigene Effekte auskommen, wartet Fusor mit zwanzig hochwertigen Effekten auf. Neben Emulationen analoger Effekte und digitalen Modellen ist auch ein hervorragend klingender Hallprozessor an Bord, der auf dem Breverb von Overloud basiert. Des Weiteren integriert die kreative Sounddesign-Plattform einen Stepsequenzer und Arpeggiator auf Steroiden namens Animator, mit dem im Handumdrehen äußerst lebendige und inspirierende Sequenzen gelingen. Neben dem Animator stehen zur Modulation aller Parameter der drei Synthesizerinstanzen und verschiedener Effektparameter auch jeweils vier zusätzliche LFOs und Hüllkurvenfolger bereit.

Der Clou von Fusor sind jedoch seine einmaligen Modulationsfähigkeiten: So kann man beispielsweise die Hüllkurven oder LFOs von Strobe nutzen, um Parameter von Cypher oder Effekteinstellungen zu modulieren. Acht Makroregler gestatten ferner die Steuerung beliebiger Parameter, was die Eignung der Applikation als halbmodulare Performance-Workstation noch untermauert.

Zielgruppe

Als stimmige Sammlung anspruchsvoller, sehr flexibler Instrumente vermag es die DCAM: Synth Squad, auch erfahrenen Elektronikmusiker über einen längeren Zeitraum herauszufordern. Insofern ist das Plug-in-Paket vor allem für Klangfrickler zu empfehlen. Trotz der gut nachvollziehbar strukturierten Benutzeroberflächen will eine solche Komplexität natürlich erarbeitet werden. Erfreulicherweise gibt FXpansion den Benutzern praktische Hilfestellungen, wie Angus Hewlett betont: „Schaut euch einfach die Quicktip-Videos an, die wir regelmäßig bei YouTube veröffentlichen. Diese Tutorials enthüllen eine Menge Geheimnisse bezüglich der Arbeit mit der Synth Squad. Mittlerweile gibt es bereits 16 Stück – und wir arbeiten bereits an weiteren.“ Aber auch die vorbildliche, wenn auch englischsprachige Bedienungsanleitung ist eine nützliche Hilfe, um sich mit den umfangreichen Funktionen des Produkts vertraut zu machen. Für alle, die vor dem ersten Ausprobieren der Synthesizer nicht lange in der ausführlichen PDF-Datei blättern möchten, gibt es zudem eine Schnellstartanleitung.

Dank der zahlreichen Presets, die mit Modulationshilfen ausdrucksstark gespielt werden können, kommen aber auch weniger schraubfreudige Musiker auf ihre Kosten. Und der Geschäftsführer von FXpansion verspricht bereits Nachschub: „Wir arbeiten mit einigen fantastischen Sounddesignern zusammen, um zusätzliche Soundsets für die Synth Squad zu kreieren – und diese sollten bereits zur Zeit der Veröffentlichung dieses Tests erhältlich sein.“ Sehr gelungen zeigt sich in diesem Zusammenhang auch die Presetverwaltung, die das Kategorisieren und Suchen von Klängen erlaubt.

Fazit

Man kennt es bereits aus Hollywood-Filmen: Oftmals haben gerade die zwielichtigen Typen am meisten drauf. Dies gilt auch für die kriminell gute Synthesizerschwadron von FXpansion, die sich mit Leichtigkeit in der Oberliga virtuell-analoger Instrumente platzieren kann. Dabei beeindrucken nicht nur der Klang, der sich durch eine bemerkenswerte Lebendigkeit und Fülle auszeichnet, sondern auch die intuitiv bedienbaren Oberflächen, die edle Optik, die Stabilität sowie die enorme Flexibilität der Synthesizer. Die einzige Kehrseite der Medaille ist der recht hohe Ressourcenverbrauch der Plug-ins.

Mit drei bis zum letzten Bit durchdachten Synthesizern und der genialen Performance-Umgebung Fusor erhält der Käufer einen enormen Gegenwert für sein Geld.

Produktdaten
ProduktnameDCAM: Synth Squad
HerstellerFXPansion
Preis225 €
Webseitefxpansion.com
Bewertung5/5 Sterne
Pro
  • ausgezeichneter analoger Klang
  • mächtige Synthese- und Modulationsmöglichkeiten
  • einfache Bedienung
  • enormes Angebot gut klingender Presets
  • ausdrucksstarke Spielbarkeit mit Modulationshilfen
Contra
  • hohe CPU-Last
Bewertung
1
sehr gut