Quelle: https://www.beat.de/test/hall-prozessor-oto-bam-begeistert-test-10066371.html

Autor: Henning Schonvogel

Datum: 05.05.17 - 10:06 Uhr

Hall-Prozessor Oto Bam begeistert im Test

Mit dem „Bam“ hat Oto einen Hall-Prozessor nach Vorbild alter Digitaleffekte geschaffen. Fördert der Neue ähnlich atmosphärischen Sound wie Vintage-Boliden zutage?

Eckdaten:

  • Hall-Prozessor
  • sieben Hall-Algorithmen
  • Pre-Delay bis 1500 Millisekunden
  • Hochpassfilter
  • Tiefpassfilter
  • Chorus
  • Tap-Tempo-Kontrolloptionen
  • Freeze-Funktion
  • drei Bypass-Modi
  • 36 Nutzer-Presets
  • MIDI-Steuerung

Digitale Hall-Geräte aus den späten 70er- und frühen 80er-Jahren sind bis heute heiß begehrt. Im Vergleich zu modernen Effekt-Prozessoren besitzen sie einen deutlich körnigeren, dunkleren Sound, der oft als warm und schmeichelnd empfunden wird. Die Ursachen für diesen speziellen Klangcharakter liegen in den technischen Limitationen der damaligen Zeit. Aufgrund primitiver Clock-Bausteine fällt der Höhenbereich alter Hall-Prozessoren zum Beispiel recht mager aus. Oft wird er schon bei 10 kHz abgeschnitten. Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die A/D- und D/A-Wandler. Häufig kamen Modelle mit einer Auflösung von 12 Bit zum Einsatz. Nur wenige Effekt-Boliden verfügten damals schon über 16-Bit-Konverter. Als Recheneinheiten wurden meist 16 oder 20 Bit Festkomma-CPUs mit geringem Speicher genutzt. Der Programmcode des Vintage-Equipments musste dementsprechend stark auf Effizienz getrimmt sein. Darüber hinaus war es üblich, analoge Filter für Frequenzbeschneidungen einzusetzen.

Im Bam möchte Oto all diese Beschränkungen und Eigenarten nachempfinden. Die kleine Desktop-Kiste enthält typische Komponenten und Algorithmen klassischer Hall-Geräte. Es gibt aber auch ein paar neuartige Features zu entdecken.

Winzling

Der Bam steckt in einem robusten Metallgehäuse. Dank kompakter Maße und geringem Gewicht ist der Effekt-Prozessor nicht nur ein toller Studiopartner, sondern eignet sich auch hervorragend für unterwegs. Als Audioeingänge und Ausgänge stehen 6,3mm-Klinkenbuchsen bereit. Strom bekommt der Knirps mithilfe eines externen Netzteils. Via MIDI-DIN-Buchse lassen sich viele Parameter fernsteuern.

Die Bedienung geht leicht von der Hand. Wichtige Stellgrößen haben dedizierte Drehregler spendiert bekommen. Für die Zeitwerte von Pre-Delay und Hall-Fahne gibt es zusätzlich eine Tap-Tempo-Option. Weitere Funktionen lassen sich durch Taster auswählen und anschließend per Daten-Poti editieren. Um Wertesprünge bei Soundanpassungen zu umgehen, wäre ein Endlos-Encoder zwar schöner gewesen, problematisch ist dieser Punkt aber nicht. Anstelle eines Displays gibt es 16 LEDs hinter einer durchsichtigen Kunststoffabdeckung. Ein „echter“ Bildschirm hätte manche Vorgänge merklich vereinfacht.

Start

Auf die Audioeingänge folgt eine Pegelsektion, die Lautstärke-Anhebungen um bis zu 15 dB erlaubt. Leider übersteuert der Bam recht schnell. Die entstehenden Zerrungen klingen zwar knackig, passen aber bei Weitem nicht in jeden musikalischen Kontext. Anschließend folgen analoge Hoch- und Tiefpassfilter, ihre Grenzfrequenz kann in je fünf Schritten variiert werden. Alsdann geht es in den eigentlichen Hall-Prozessor.

Digitaler Raum

Der Bam stellt sieben Effekt-Algorithmen bereit. Getreu den Vintage-Vorbildern fällt der Höhenbereich bei allen Programmen relativ früh ab, was einen leicht schwermütigen, mysteriösen Grundklang nach sich zieht. „Room“ erzeugt kompakten, extrem dichten Sound. Die Ergebnisse von „Hall“ sind ähnlich, wirken allerdings offener und voluminöser. „Ambient“ kommt luftiger und weniger intensiv daher. „Primitive“ stellen einen besonders simplen, aber dennoch interessanten Algorithmus bereit. „Plate“ ist an den Charakter einer Hall-Platte angelehnt. Die Resultate muteten, rein subjektiv, allerdings recht fad an. „Non-Linear“ ist, dank überdurchschnittlich direktem Klang, perfekt für Gated-Snare- und andere Spezialeffekte geeignet. Als siebtes Programm ist eine Art Chorus mit dickem, schwammigem Sound vorhanden.

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Biegen

Der vom gewählten Algorithmus simulierte Hallraum kann mittels Size-Parameter in seiner Größe variiert werden. Drehungen am zugehörigen Poti führen zu Pitch-Effekten. Weitere Anpassungen sind mittels Pre-Delay machbar, maximal lassen sich Werte von 500 Millisekunden (via Regler) beziehungsweise 1500 Millisekunden (per Tap) bewerkstelligen. Ferner kann die Nachhallzeit reguliert werden. Extremeinstellungen führen zu sich aufbäumenden Hall-Wänden mit digitalen Artefakten. Ergänzend gibt es eine Höhendämpfung. Mittels Chorus lassen sich zusätzliche Schwebungen ins Geschehen einbringen. Via Freeze-Taster kann man entstehenden Sound dauerhaft halten. Eine Bypass-Funktion mit drei Betriebsmodi, ein Mix-Regler sowie 36 Preset-Speicher runden die Ausstattung ab.

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Fazit

Mit dem Bam hat Oto einen Effekt-Prozessor der Spitzenklasse geschaffen. Das kleine Tischgerät liefert warmen, enorm dichten Hall. Realistisch wollen die Ergebnisse dabei gar nicht klingen. Speziell Synthesizer und Gitarren aber können dennoch stark vom voluminösen, sanften Klangcharakter des Bam profitieren. Dank Chorus-Algorithmus, Zerrungs-Möglichkeiten, digitaler Artefakte und Freeze-Funktionen ist der Kleine zudem hervorragend für atmosphärische Spezialeffekte geeignet.


Dieser Artikel ist in unserer Heft-Ausgabe 132 erschienen.


Produktdaten
ProduktnameBam
HerstellerOto
Preis549 €
Webseitewww.otomachines.com
Bewertung4.6/5 Sterne
Pro
  • robustes Design
  • analoge Pegel-/Filtersektionen
  • extrem dichter Hall-Sound
  • Chorus-Algorithmus
  • klassische und innovative Parameter
  • experimentelle Nutzung möglich
Contra
  • kein Display
  • Eingänge übersteuern schnell
Bewertung
1.4
sehr gut