Quelle: https://www.beat.de/test/erica-synths-acidbox-iii-test-kann-dieses-stereo-filter-begeistern-10073621.html

Autor: Jan Wilking

Datum: 05.06.18 - 10:42 Uhr

Erica Synths Acidbox III im Test: Kann dieses Stereo-Filter begeistern?

Erica Synths Acidbox III ist die dritte Auflage der auf dem Polivoks-VCF basierenden analogen Filterbox, die jetzt auch die Bearbeitung von Stereomaterial ermöglicht. Und was gibt's sonst so Neues?

Die lettische Firma Erica Synths dürfte Analog-Liebhabern bereits aufgrund einiger Eurorack-Module bekannt sein, vor allem die Nachbauten des russischen Analog-Klassikers Polivoks erfreuen sich großer Beliebtheit. Das erste in Serie produzierte Gerät von Erica Synths war allerdings die Acidbox, eine unabhängig vom Eurorack nutzbare Filterbox im Desktopformat. Mittlerweile hat es Version 3 der Acidbox in unser Testlabor geschafft. Sie widmet sich wie seine Vorgänger dem wohl klanglich prägnantesten Teil des Polivoks, dem Filter. Im Gegensatz zu Version 1 und 2 der Acidbox ist das Filter in der Acidbox 3 gleich zweimal vorhanden, weshalb Sie jetzt auch Stereosignale durch die kleine Filterbox jagen können. Dies erweitert die Einsatzmöglichkeiten natürlich beträchtlich, da die Acidbox 3 jetzt auch komplette Mischungen, Stereo-Drumloops oder breite Synthesizersounds verarbeiten kann. Komplett analoge Signalwege und alte, russische ICs sollen dabei originalgetreuen Sound garantieren und ein umfangreich ausgestatteter LFO und ein Envelope Follower für abwechslungsreiche, lebendige Ergebnisse sorgen.

Acidbox III: Robustes Gehäuse, gute Haptik

Die Acidbox III ist mit ca. 19 mal 14 mal 6 Zentimeter und 700 Gramm sehr kompakt und leicht. Die zehn Regler sowie die zwei Schalter sind aber ausreichend groß und bieten eine gute Haptik, die weiße Beschriftung erleichtert das Ablesen auch bei schlechteren Lichtbedingungen. Die bei einer Filterbox am häufigsten verwendeten Regler für Filterfrequenz und Resonanz sind praktischerweise etwas größer als der Rest ausgefallen. Zu erwähnen ist noch der Taster zum Eintappen der Geschwindigkeit des eingebauten LFO sowie der True-Bypass-Schalter, der das Eingangssignal ohne klangliche Veränderung an die Ausgänge durchschleift.

Auf der Rückseite des robusten mattschwarzen Gehäuses finden Sie neben dem Anschluss für das externe Steckernetzgerät und dem Ein-/Ausschalter den Pegelregler, der um bis zu +20dB verstärken kann und damit auch den Anschluss von Gitarren oder anderen Instrumenten mit niedrigem Pegel erlaubt. Es folgt der Stereoeingang für das zu bearbeitende Audiosignal sowie ein konfigurierbarer Kontrolleingang, der u.a. die Steuerung der Filterfrequenz per externer CV-Spannung erlaubt. Den Abschluss bildet der Stereoausgang.

Von der Redaktion empfohlener Inhalt

An dieser Stelle findest du einen externen Inhalt von YouTube, der den Artikel ergänzt. Du kannst ihn dir mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.

Direkte Bedienung über 10 Regler

Bedient wird die Filterbox über zehn griffige Regler. Auf der rechten Seite passen Sie Filterfrequenz und Resonanz an, und zwar für beide Filter gemeinsam. Zudem regeln Sie hier die Modulationstiefe von LFO und Hüllkurvenfolger und stellen den Eingangspegel ein, letzterer bewirkt ab 12Uhr-Stellung eine Filtersättigung bis hin zur Verzerrung. Das Filter lässt sich per Kippschalter zwischen Tiefpass und Bandpass umschalten. Hier muss man wie beim Original den Pegel im Auge behalten, da das Tiefpassfilter deutlich lauter tönt. Bei der Live-Performance kann auch ein nachgeschalteter Limiter durchaus sinnvoll sein.

Die linke Seite teilen sich 6 Regler, die allesamt für die Filtermodulation zuständig sind. Hier stellen Sie die Geschwindigkeit des LFO ein, was auch optisch durch eine im Tempo blinkende rote LED signalisiert wird. Zu erwähnen ist die separate Einstellmöglichkeit für den Divider/Multiplier, mit dem sich die Geschwindigkeit mit wählbarem Teiler/Multiplikator von 1 bis 4 verlangsamen bzw. beschleunigen lässt. Das ist praktisch für typische WobbleSounds und EDM-Breaks, aber auch eine spannende Variationsmöglichkeit beim rhythmischen Filtern von Drumloops. Der LFO der Acidbox III bietet Sinus, Dreieck, Sägezahn (aufsteigend und absteigend), Rechteck, Hüllkurve (normal und invertiert) sowie Sample & Hold. Also zwei Wellenformen mehr als die Acidbox II, dafür verzichten wir doch gerne auf deren etwas überflüssige Aus-Stellung. Die Modulationstiefe des LFO ist getrennt vom Masterregler auf der rechten Seite anpassbar.

Zweite Modulationsmöglichkeit neben dem LFO ist der Envelope Follower, der aus der Amplitude des eingehenden Audiosignals eine Hüllkurve berechnet und damit die Filterfrequenz moduliert. Der Hüllkurvenfolger ist in der Geschwindigkeit (=Abklingzeit) und Modulationstiefe (positiv oder negativ) einstellbar.

Lesetipp

Test: Erica Synths Fusion Drone System - Modularsystem für die harte Gangart

Das lettische Unternehmen Erica Synths hat sich in der Modularszene bereits einen Namen gemacht und begeistert unter anderem mit Röhren-basierten... mehr

Typische Filterklänge an der Acidbox III

Interessant ist, dass die Acidbox III auch bei voll aufgedrehter Filterfrequenz ohne Modulation den Klang des eingehenden Audiosignals beeinflusst, wenn man die Resonanz aufdreht. Das Ganze bekommt dann einen leicht silbrigen Glanz und ein Glitzern in den Höhen, das irgendwie teuer klingt. Dieser Klangeindruck verändert sich aber schnell ins Gegenteil, wenn Sie Cutoff herunterregeln. Gerade bei höheren Resonanzwerten zeigt das Filter seinen berühmt-berüchtigten Charakter, der eher Richtung böse und aggressiv geht. Bei moderaten Einstellungen und angeschlossenem Expression-Pedal erzeugen Sie kräftige Wah-Wah-Sounds und zaubern aus langweiligen Synthesizersounds ultra-funky Basslines. Vor allem mit dem Bandpassfilter sind aber auch weniger prägnante Änderungen des Eingangssignals möglich, vor allem digitalen Pads kann durch die Acidbox mehr Leben eingehaucht werden. Schön dabei ist die leichte Spreizung zwischen den Filtern, die für einen gewissen Stereoeffekt sorgt. Bei ganz hoher Resonanz geht das Filter in Selbstoszillation, was bei entsprechender Modulation auch ohne Eingangssignal interessante Effektsounds ermöglicht, die bei Nutzung der Sample-&-Hold-Wellenform einem ScienceFiction-Movie aus den 70ern entsprungen sein könnten. Da im Test auch das Filtertracking via CTRL IN relativ sauber war, können Sie das Filter mit einer externen CV-Quelle auch tonal wie einen Sinus-Oszillator spielen.

Besondere Sounds dank Kontrolleingang

Der rückseitige Kontrolleingang ist konfigurierbar, hierüber lässt sich beispielsweise die Filterfrequenz per CV-Spannung steuern und der LFO mit einem analogen Triggersignal synchronisieren. Die Einstellung erfolgt per kleinem Schraubenzieher über zwei versenkte Buchsen auf der Unterseite, also wenig geeignet zum spontanen Verstellen beim Gig. Durch die Kombination von LFO und Envelope Follower in getrennt regelbarer Intensität sind jede Menge interessante rhythmische Modulationen des Filters möglich. Praktisch ist hierbei der Masterregler, denn hierdurch können Sie die Gesamtstärke der Modulation bestimmen, ohne das Mischverhältnis zwischen LFO und Hüllkurvenfolger ändern zu müssen. Der Hüllkurvenfolger machte im Test erwartungsgemäß vor allem bei Drumloops eine gute Figur und sorgte insbesondere bei negativer Modulation in Verbindung mit einem synchronisierten LFO für spannende Ergebnisse.

Die Stereo-Ein- und -Ausgänge erlauben auch ein weiteres Highlight der Acidbox III, das Erzeugen einer Feedback-Schleife und Filter-FM im Minimoog-Stil. Hierdurch verlieren Sie zwar den Stereoweg, erhalten aber schöne Sättigungs- und Frequenzmodulationseffekte. Hierfür verbinden Sie den rechten Ausgang entweder mit dem rechten Eingang, um das bereits gefilterte Ausgangssignal erneut durch das Filter zu schicken. Oder Sie verbinden den Ausgang mit dem Kontrolleingang und routen diesen auf die Filterfrequenz, um mit dem Audiosignal Filter-FM zu erzeugen. Dies klingt bei der Acidbox zwar alles nicht so rund und edel wie beim Minimoog, dafür aber herrlich schräg, verzerrt und komprimiert.

Lesetipp

Erica Synths Fusion Box im Test: Darum ist diese Röhren-Effektbox so einzigartig

Die Fusion Box von Erica Synths sorgt mit analoger BBD-Schaltung für jede Menge schräge und einzigartige Echo- und Modulationseffekte. Braucht... mehr

Fazit

Die Acidbox III ist eine analoge Filterbox, die sich aufgrund der Auslegung in Stereo für viele Einsatzgebiete eignet. Im Studio verpassen Sie damit digitalen Synthesizern und Plug-ins mehr Bewegung und Leben und bei Bedarf auch eine ordentliche Portion Schmutz. Live-Performer und DJs bearbeiten auf der Bühne dank Envelope Follower und Tap Tempo ihre Beats und Tracks rhythmisch und auch Bassisten und Gitarristen können ihren Instrumentenklang mit dem kräftigen Sound zweier Polivoks-Filter signieren – soweit man den doch eher speziellen Klang dieser Filter mag.


Dieser Artikel ist in unserer Heft-Ausgabe 150 erschienen.


Produktdaten
ProduktnameAcidbox III
HerstellerErica Synths
Preis459 €
Webseitewww.ericasynths.lv
Bewertung4.15/5 Sterne
Pro
  • prägnante Polivoks-Filter
  • Stereo
  • syncbarer LFO
  • flexibler EnvFollower
  • konfigurierbarer CV-Eingang
  • gute Haptik und Verarbeitung
  • TrueBypass
Bewertung
1.9
gut