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Vintage-Synthesizer bei Hieber-Lindberg

Zuerst als veraltet abgestempelt, danach als Sammler- und Kultobjekte verehrt: In einer Zeit, in der Musiksoftware zunehmend zum Massenprodukt und Standard wird, bieten Vintage-Synthesizer eine selten gewordene Exklusivität. Eben diese Exklusivität drückt sich in teilweise aberwitzigen Preisen aus und enthält einen wichtigen Teil elektronischer Musikgeschichte einem interessierten Publikum vor. Eine aktuelle Ausstellung in München erlaubt Neugierigen nun, Hand anzulegen und einige klassische Schätzchen auf ihre Brauchbarkeit abzuklopfen – ein spannender Einblick in die analoge Seele.

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Richard Lainhart kann so schnell nichts aus der Ruhe bringen. Seit über dreißig Jahren bereits ist der Analogexperte einer der aktivsten Live-Performer seiner Zunft und hat unter anderem mit Größen wie dem Dream-Theater-Keyboarder Jordan Rudess gejamt. Heute jedoch wirkt Lainhart nervös. Sein Auftritt beim Avantgarde-Festival Schiphorst steht kurz bevor, und während draußen die Temperaturen dem Siedepunkt entgegenschnellen, drohen nicht nur er, sondern auch sein Buchla 200e/Haken-Continuum-System ins Schwitzen zu geraten. Wird es die Töne halten können? Von Aussetzern verschont bleiben? Den gesamten Auftritt durchstehen? Fragen wie diese könnten direkt aus den Siebzigern gegriffen sein, als analoge Synthesizer noch nicht „Vintage“, sondern auf der Höhe der Zeit waren. Dass Bauteile spontan den Dienst verweigerten, durchbrannten oder plötzlich, wie von Geisterhand gelenkt, die unwahrscheinlichsten Sounds und Sequenzen ausspuckten, stand bei Acts wie Tangerine Dream oder Klaus Schulze auf der Tagesordnung: „Du musstest vor dem Konzert sehen, was heute geht und was nicht“, lacht Schulze auf die „gute alte Zeit“ angesprochen, „Der Wave von PPG funktionierte jedes dritte Konzert überhaupt nicht. Der war dann schon immer aufgeschraubt, damit man gleich den Deckel aufmachen und die Platinen festdrücken konnte. Manchmal hat’s geholfen, manchmal auch nicht. Zum Schluss habe ich dann aus Verzweiflung die ganzen Platinen mit Sekundenkleber festgeklebt. Ab da hielt er durchgehend!“ Was heute, aus der sicheren Distanz von inzwischen vier Jahrzehnten, als äußerst amüsante Anekdote durchgeht, war indes für die beteiligten Musiker ein reines Ärgernis. Kein Wunder, dass gerade diejenigen, die mit analogen Maschinen aufwuchsen, heute oftmals auf digitale Lösungen setzen und sich angesichts der Retrowelle und horrender Ebay-Preise für schlecht erhaltene Minimoogs verwundert den Kopf kratzen.

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