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Spotify und die Musikindustrie

Streaming-Dienste wie Spotify und Deezer scheinen das Unmögliche möglich zu machen: Sie konkurrieren mit kostenlosen Downloads und bieten ihren Nutzern Musikgenuss ohne Reue und schlechtes Gewissen. Querfinanziert durch Werbeeinnahmen und Premiummitgliedschaften, werden Urheberrechte wieder eingehalten und Labels für ihre Investitionen honoriert – so zumindest das Versprechen. Doch bilden sich immer mehr Risse in diesem einst so makellosen Bild: Ist das Modell auf Dauer praktikabel? Und: Lohnt es sich überhaupt?

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Ziemlich genau ein Jahr lang hielt die Traumehe zwischen Spotify und der Musikindustrie. Zwar konnten Nutzer der Seite kostenlos Musik streamen und dabei aus einem schier endlosen Katalog aus Titeln auswählen. Auch gab der schwedische Spotify-Mitbegründer Daniel Ek in Interviews gern zu, dass seine Idee maßgeblich von seinen berühmt-berüchtigten Landsmännern von „The Pirate Bay“ inspiriert wurde. Doch war bei Spotify, im Gegensatz zu Piraten- und Bittorrent-Seiten sowie Filesharing-Blogs, alles legal: Wie man erfuhr, finanziert sich der Dienst aus Werbeeinnahmen und zahlt angeschlossenen Labels brav in regelmäßigen Abständen ihre Tantiemen aus. Kreative und Verleger verdienen wieder an ihrer Musik, Hörer tragen keine Kosten und die „bösen“ Filesharer gucken dumm aus der Wäsche – es klang wie ein Traum. Und so gelang es Ek dann auch, alle Majorlabels mit ins Boot zu holen. Schon bald lauschten Spotify-Nutzer wieder online sowie mit gutem Gewissen ihrer Lieblingsmusik und empfahlen den Dienst fleißig weiter. Im März 2009 stand der Kundenstamm laut eigenen Angaben bereits bei einer Million Mitgliedern. Kritische Stimmen wurden als Spielverderber verdammt, doch werden Skeptiker es bereits geahnt haben: Bei so viel Harmonie war der Eklat bereits vorprogrammiert.

Und so reichte eine einzige Nachricht aus, um die Spotify-Seifenblase endgültig platzen zu lassen: Wie schwedische Zeitungen berichteten, hatte die derzeit scheinbar omnipräsente Lady Gaga an einer Million Streams ihres Hits „Poker Face“ auf Spotify gerade mal 167 US-Dollar verdient – der Frust entlud sich in wütenden Aussagen von Musikern wie dem Glamrocker Magnus Uggla, dem es angeblich lieber sei, dass „die Pirate Bay mich vergewaltigt, als dass Spotify mich spielt“. Die gesamte Meldung stellte sich aber später als extrem irreführend heraus: Zum einen enthielt der Betrag nämlich lediglich die Auszahlungen einer einzigen Verwertungsgesellschaft in nur einem Land, das nicht gerade den Löwenanteil der Umsätze im Musikgeschäft ausmacht, nämlich Schweden. Zum anderen wurde darauf hingewiesen, dass Fräulein Gaga im öffentlichen Radio sogar noch weniger Geld für eine vergleichbare Anzahl an Airplay erhalten hätte. Zu diesem Zeitpunkt hatten allerdings überall auf der Welt einige smarte Denker bereits damit begonnen, verstörende Fragen zu stellen. Und das Ergebnis ihrer Arbeit ließ Streamingdienste im Allgemeinen alles andere als gut aussehen.

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