Label-Porträt: Snowhite

Geschrieben von Beat
19.12.2011
21:21 Uhr

Aus Fehlern lernt man. Aus guten Erfahrungen aber auch: Das Berliner Label Snowhite hat den Menschen zum Mittelpunkt seiner Strategie gemacht – und ist damit auf dem besten Weg, glücklich zu werden.

(Bild: www.snowhite.de)

Hinter jeder Band und hinter jedem Label stehen Menschen. Das mag zunächst wie eine recht triviale Erkenntnis erscheinen. Hat man sie aber erst einmal verinnerlicht, geht einem alles gleich viel leichter von der Hand – und man ist sogar bereit, jede Hoffnung auf eine gesicherte Existenz und ein akzeptables Gehalt sausen zu lassen. Für Desiree Vach und ihr Team bei Snowhite beispielsweise zählt zuallererst der persönliche Draht. Statt die von ihrem Label betreuten Künstler als Kostenposten in der Buchhaltung zu betrachten, sind sie bei den Berlinern Teil eines Bekanntenkreises, der auch dann nicht sofort auseinanderbricht, wenn man geschäftlich gerade mal auf der Stelle tritt oder sich in einer Übergangsphase befindet: „Oft hatte ich die Freude, interessante, wundervolle Persönlichkeiten zu treffen, die auch mein eigenes Leben bereichern“, so Vach. „Und da ist es ganz selbstverständlich, dass man über Jahre zusammen einen Weg beschreitet, weil sich aus Zusammenarbeit Freundschaften entwickelt haben. Ganz wichtig für mich ist auch eine menschlich wertvolle Basis, weil man nur so die ganzen Widerstände, die einem als Musiker aber auch als deren Vertreter um die Ohren fliegen, von sich abprallen lassen kann.“

Stationen

Das ist beileibe kein überflüssiger Luxus. So war auch für Vach der Weg zur eigenen Labelgründung zwar auf dem Papier ein zielstrebiger, in der Praxis jedoch durchaus mit eben diesen Widerständen gepflastert. Bis 2006 arbeitete die Rheinländerin noch beim hoffnungsfrohen Kitty-Yo-Label, absolvierte zunächst ein Praktikum und eine Ausbildung als Kauffrau für audiovisuelle Medien im International Department. Kitty Yo galten als Pioniere und Vorwärtsdenker, doch waren auch sie den Gesetzen eines sich rapide wandelnden Marktes unterworfen. Als man sich schließlich gezwungen sah, die Produktion physischer Tonträger einzustellen, wechselte Vach zum deutschen Ableger von Weekender Records, eine Plattenfirma, die eng mit einem gleichnamigen Club in Innsbruck verbunden war. Obwohl auch Weekender nach drei Jahren schließen musste, hatte Vach nicht nur eine spannende Zeit erlebt, sondern zudem wertvolle geschäftliche und persönliche Kontakte geknüpft und sich die Basis für die Selbstständigkeit geschaffen. Viele der ehemaligen Weekender-Bands haben den Wechsel zu Snowhite zusammen mit ihr vollzogen und allmählich entsanden aus zunächst losen Verbindungen langfristige Partnerschaften. Die menschliche Komponente macht sich unmittelbar in der Vielfalt der unter Vertrag genommenen Bands bemerkbar, eine Reflexion der unterschiedlichen „Features und Interessen“ der Mitarbeiter. Sogar die etablierte englische Formation „Zoot Woman“ entschied sich bei der Veröffentlichung ihres dritten Albums für Snowhite: „Vor einigen Jahren hatte ich Stuart Price in London kennengelernt und er hatte eine sympathische Ausstrahlung. Man verlor sich aus den Augen und hatte nur sporadisch Kontakt, doch als die Pläne für Snowhite konkreter wurde, habe ich mich bei den Jungs gemeldet, von meinen Plänen erzählt. Und dann wurde das Album ein Jahr später bei uns veröffentlicht.“

Auch in geschäftlicher Hinsicht hat Vach einige einschneidende Schlussfolgerungen aus den Pleiten der beiden vorigen Labels gezogen. So bietet Snowhite eine recht einzigartige Kombination aus Management, Promotion, Verlag und Consulting-Dienstleistungen, kann Bands nicht nur in Sachen Distribution, sondern auch bei Anträgen für die Initiative Musik, bei strategischen Entscheidungen und natürlich auch mit Kontakten unterstützen. Es war ein geradezu logischer Schritt: „Ich habe aus der Not einfach eine Tugend gemacht“, so Vach, „und wollte eine breitgefächerte Company aufstellen, die den Kunden mehr Optionen und uns mehr Income-Quellen sichert, damit man überleben kann und zusätzlich mit Bands und Produkten arbeiten darf, mit denen man sich auch identifizieren kann.“

Denn was für sie wirklich zählt, sind „Glück und Erfüllung“ – Begriffe, die man, in gelegentlich leicht kodierter Form, auch immer wieder in den Pressetexten der von Snowhite betreuten Gruppen wiederfindet. Nur wer sich dem Blick auf die Menschen dahinter verschließt, wird das für naiv oder kitschig halten.

von Tobias Fischer

Foto-Credit: Joe Dilworth

Gratis-Tracks:

snowhite.de/freedownload

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