Interview: Sven Laux

Geschrieben von Alexander Bota-Weber
25.03.2011
11:38 Uhr

Die Frage nach seiner Lieblingsmusik haben wir Sven Laux zwar nicht gestellt, doch rotieren in seinem Player gerade Oasis und Coldplay einträchtig neben dem hypnotischen House von Pheek und den kühlen Knisterklängen von Vladislav Delay.

(Bild: Sven Laux)

Ganz klar: Dogmen gibt es für den umtriebigen Netlabel-Musiker nicht. Laux ist ein Produzent, der nach der passgerechten Form für seine Tracks sucht, egal ob sie digital oder in der Zukunft auch auf Vinyl erscheinen. Solange es sie aber noch umsonst gibt, sollte man zugreifen. Denn wenige Elektronikmusiker erreichen derzeit diese schwindelerregende Tiefe bei gleichzeitiger Verspieltheit und trotz Totalausschlusses von Hardware-Synthies. Letzterer Umstand ist natürlich ein prima Einstieg für ein Gespräch über Musik-Software und ihre Stärken und Schwächen im Kompositionsprozess.

Beat / Vielen Musikern fehlt bei der Verwendung von Software-Synthesizern das physische Element und die direkte Einflussnahme auf mehrere musikalische Parameter gleichzeitig. Gibt es deiner Meinung nach Möglichkeiten, diese Nachteile adäquat zu kompensieren?

Sven / Die Ansteuerung der Befehle in der Software per MIDI ist, so denke ich, ein sehr wichtiges Element, wenn man es so physisch wie möglich haben möchte. Ich kann nahezu alle Parameter individuell zuweisen, und – während der Track läuft – Automationen von mehreren Funktionen gleichzeitig schreiben. Mir persönlich reicht dies vollkommen aus, wenn es darum geht, sich von der Bedienung mit der Maus zu entfernen.

Beat / Ein wichtiges Kennzeichen deiner Musik sind die Schichten aus feinen Knister- und Knackgeräuschen, die sich nahtlos in die Beats integrieren. Wie gehst du bei deren Erstellung vor, und wie schaffst du es, sie so organisch und „musikalisch“ erscheinen zu lassen?

Sven / Bei mir entwickeln sich im Laufe der Arbeit an einem Track Struktur und Ablauf eher spontan. Ich habe also keine allgemeine Herangehensweise. Ähnlich ist es auch bei der Klangbearbeitung: Wenn mir der Klang oder die Art des Sounds gefallen, behalte ich sie bei. Wenn nicht, versuche ich mit den Mitteln, die mir zur Verfügung stehen, das Sample so zu verändern, bis ich damit zufrieden bin.

Beat / Bei der Arbeit an deinen Tracks spielt Reason 4 eine maßgebliche Rolle für die Beats, aber auch NI Battery. Weswegen greifst du beim Erstellen der Grooves gern auf letzteres zurück?

Sven / Im Gegensatz zu anderen mir bekannten Drum-Sequenzern ist die Benutzung von Battery 3 sehr intuitiv gestaltet. Man kann einfach mithilfe eines MIDI-Keyboards oder mit der Tastatur des Rechners die Samples abspielen und ist dabei nicht an eine taktähnliche Vorgabe gebunden. Das gefällt mir sehr gut, da ich bei meiner Musik immer versuche, mich von Loop-Strukturen zu entfernen.

Beat / Wie großen Wert legst du darauf, dass Samples selbst erstellt sind?

Sven / Über die Jahre habe ich sehr viele Sounds unter anderem auch im Internet gesammelt. Für mich ist es aber nebensächlich, wo die Samples herkommen. Es geht vielmehr darum, was man aus dem eigenen Pool an Samples macht. Die klangliche Bearbeitung steht im Vordergrund – auch aus Presets können schöne Tracks entstehen.

Beat / In der Bearbeitung von Samples verwendest du gern Melodyne …

Sven / Ich kenne eigentlich kein anderes Werkzeug, das es mir erlaubt so zügig und einfach die Tonhöhe und das Timing zu manipulieren. Da ich sehr oft Flächen in meinen Tracks verwende, bietet es sich an, dass man schnell die Möglichkeit hat, diese zu verändern, um so mehr Abwechslung in den Verlauf der Stücke zu bringen.

Beat / Gibt es deiner Meinung nach derzeit kein allumfassendes Software-Tool, mit dem sich ein Track von Anfang bis Ende zufrieden stellend realisieren lässt?

Sven / Doch, ich arbeite gern und viel mit Reason, stelle dort das Grundgerüst des Tracks fertig. Abschließend verwende ich zurzeit Ableton Live, da ich in Reason leider die Einbindung von VST-Instrumenten vermisse. 

Beat / Deine Stücke haben zwar ihre dunklen Seiten, aber auch immer etwas Verspieltes. Inwieweit lässt du dich von der Software auch einfach mal überraschen?

Sven / Ich kenne viele Programme, aber beherrsche diese nicht vollständig, so dass es oft auch vorkommt, dass ich zufällig auf Dinge stoße, bei denen ich mir sage: „Hey, cool! Was war das?“. Solche Sachen landen dann manchmal auch in meinen Tracks.

Beat / Du bist sehr aktiv in der Netlabel-Szene. Würdest du deine Musik nicht gern auch auf Vinyl hören?

Sven / Na klar, wer möchte das nicht? Für mich stellt die Veröffentlichung auf Vinyl eine neue Herausforderung dar. Mal schauen, was sich für mich diesbezüglich in der Zukunft entwickeln wird.

Sven Laux ist aus der Netlabel-Szene nicht mehr wegzudenken. Seit 2006 veröffentlicht er seine Musik in Fieberschüben aus frei ladbaren EPs, die sich einem anregenden Cocktail aus den Clicks und Cuts der Experimentalszene und dem Groove der Clubs verschrieben haben. Laux erreicht eine kühle Klarheit und spielt mit Assoziationen. Ob man zu diesen Stücken tanzt oder träumt spielt wirklich gar keine Rolle.

von Tobias Fischer 

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