Interview: Heavyocity über ihr neuestes Werk „Damage“

Geschrieben von Beat
16.11.2011
17:54 Uhr

Wie klingt es, wenn traditionelle Percussion-Instrumente auf Sounds verschiedenster Holz- und Metallobjekte sowie Klangquellen wie explodierende Autos, Kräne, einen Schrottplatz, Abfallcontainer oder aus großer Höhe herabstürzende Busse treffen? Das Sample-Instrument Damage, das Heavyocity in Zusammenarbeit mit Native Instruments entwickelt hat, gibt die klanggewaltige Antwort.

(Bild: www.heavyocity.com)

Nachgefragt: Das Heavyocity-Team Dave Fraser, Neil Goldberg und Ari Winters über den Entstehungsprozess und das Kreativpotenzial von Damage.

Beat / Was hat euch zu Damage inspiriert?

Heavyocity / Als Komponisten und Sounddesigner sind wir immer auf der Suche nach neuen Sounds, um für unsere Klienten einzigartiges Material zu kreieren. Ähnlich wie bei unserem ersten virtuellen Instrument Evolve ging es uns darum, die Sounds zu erzeugen, die wir mögen, anstatt damit Zeit zu verbringen, Klänge aus existierenden Bibliotheken herauszusuchen und sie zu kombinieren.

Beat / Der Trailer von Damage illustriert auf eindrucksvolle Weise, dass ihr eine Menge Arbeit und Kraft in die Erzeugung der Bibliothek investiert habt. Erzählt uns bitte mehr über den Aufnahmeprozess.

Heavyocity / Bei der Aufnahme der einzigartigen Klangquellen haben wir ausgiebig experimentiert. Es gibt kein Lehrbuch für die Aufnahme von Müllcontainern oder Plastiktonnen. Dabei waren wir nicht mit Resultaten zufrieden, die nur „okay“ sind. Also haben wir uns viel Zeit genommen, um sicherzustellen, dass jede Percussion-Quelle auf bestmögliche Weise aufgenommen wurde. Ob es um die Multi-Mikrofonierung eines gigantischen, acht Fuß hohen Bambusrohrs ging oder darum, herauszufinden, wie man eine 50-Gallonen-Öltrommel dämpft: Jede Recording-Session musste individuell maßgeschneidert sein, um die besten klanglichen Resultate zu erzielen.

Beat / Welches Equipment habt ihr für die Aufnahmen verwendet?

Heavyocity / Außerhalb der Heavyocity-Studios haben wir großformatige SSL- und Neve-Konsolen sowie API-Mikrofonvorverstärker sowie ein großes Mikrofonsortiment verwendet. In unserem Studio haben wir unser bewährtes Equipment verwendet: Wunder-, Neve- und Avalon-Mikrofonverstärker sowie Mikrofone von Neumann, AKG, Mojave, Sennheiser und Rode, Apogee-Wandler, die Obsidian-Kompressoren von Dramastic Audio, Genelec-Monitore und Summiermixer von Dangerous Music. Für Location-Recordings haben wir verschiedene Richtrohrmikrofone und mobile Recorder eingesetzt.

Beat / Die Editierung und Effektbearbeitung der Aufnahmen war sicher sehr aufwendig.

Heavyocity / Die Editierung war sehr mühsam. Bei über 26500 Samples, die geschnitten, benannt, organisiert und implementiert werden mussten, war eine enorme Akribie gefragt und die Gefahr groß, den Verstand zu verlieren (lacht). Bei der Bearbeitung der Klänge haben wir viel Zeit damit verbracht, sie zu mixen, mastern und einander anzugleichen sowie die Close-, Room- und Hallelemente der entsprechenden Instrumente zu exportieren. Wir haben sehr viel experimentiert und uns oft in dem Prozess der kreativen Klangbearbeitung verloren. Dabei wurden die rohen Aufnahme auf vielfältige Weise manipuliert, verzerrt, geschichtet und entzerrt.

Beat / Wodurch hebt sich Damage von anderen Percussion-Bibliotheken ab?

Heavyocity / Wir wollten ein Produkt herausbringen, das sich in vielerlei Hinsicht von dem großen Angebot an Percussion-Bibliotheken absetzt: Zuerst einmal haben wir Tausende dynamischer Layer und Variationen verschiedenster hochqualitativer und organischer Percussion-Instrumente, einzigartiger Ensembles und gefundener Klängen sowie elektronischer Sounds eingefangen. Dann wurden die Sounds auf aggressive Weise gemastert und in Kits und Loops organisiert, auf die man über eine einfach bedienbare und intuitive Oberfläche zugreifen kann. Darüber hinaus haben wir Skripts geschrieben, sodass die Benutzer den Klangcharakter der Instrumente auf der Bedienoberfläche intensiv manipulieren und personalisieren können. So kann man einerseits ein Preset laden und erhält unmittelbar den gewünschten Breitwandsound. Mit ein paar Reglerbewegungen kann man den Klang aber auch komplett verändern. Wenn man schließlich noch die einzigartigen Performance-Effekte nutzt, bietet die Kollektion ein Spielerlebnis, die nur durch die eigene Fantasie begrenzt wird.

Beat / Damage integriert sehr leistungsfähige Funktionen zur Klang- und Loop-Manipulation.

Heavyocity / In der Tat. Damage enthält an sich schon ein breites Spektrum klarer und dreckiger Klänge. Darüber hinaus finden sich auf der Oberfläche Bedienelemente, mit denen man die Equalizer- und Filterparameter und die „Bühnenposition“ regeln oder sie komplett durch die Mangel drehen kann. Alle Presets besitzen Einstellmöglichkeiten für Equalizer, Filter und die Hüllkurve sowie Effekte wie Distortion, LoFi, Hall, Delay und Kompression. Viele der Percussion-Kits enthalten zudem einen dreikanaligen Mixer, mit dem man auf einfache Weise einstellen kann, wie trocken, verhallt oder räumlich sie klingen sollen.

Basierend auf den Trigger-Effekten, die man bereits aus Evolve Mutations 2 kennt, haben wir entschieden, weitere Klangparameter bereitzustellen, die mithilfe des MIDI-Keyboards getriggert werden können. Bei den temposynchronen Trigger-Effekte kann man zwischen mehreren Hüllkurven wählen und bestimmen, wie stark der Klang beeinflusst werden soll. Auf der Loop-Modifier-Seite kannst du einen Loop schnell remixen, indem einzelne Slices zerhackt, rückwärts oder zufällig abgespielt werden. Außerdem kannst du die MIDI-Daten des Loops in deinen Sequenzer ziehen und ihn dann beliebig rearrangieren.

Beat / Was sind eurer Meinung nach die spannendsten Features von Damage?

Heavyocity / Der Punish-Regler! Er liefert eine delikate Balance zwischen Sättigung und Kompression und verhilft Klängen bei geringeren Werten zu mehr Durchsetzungsvermögen und Druck. Wenn man ihn richtig aufreißt, kann er aber auch effektiv zur Klangzerstörung eingesetzt werden, was sich insbesondere bei den elektronischen und Industrial-Kits anbietet. Dabei kann man Percussion-Klänge richtig heiß machen, ohne dass sie ihren Charakter verlieren. Die Stage-Seite übertrifft ebenfalls die Erwartungen: Ursprünglich dachten wir, dass sie eine „recht coole“ Option ist, aber als wir mit Damage komponierten, fanden wir heraus, wie effektiv sie wirklich ist. Wenn man Percussion-Spuren kreiert, kann man mit einem Mausklick ein bestimmtes Element weiter in den Hintergrund stellen, seinen Effektanteil erhöhen oder es im Stereopanorama verschieben. Ein kleiner Tipp: Du kannst auch zwei ähnliche Trommeln oder Metall- oder Holzklänge nehmen, sie ganz links und rechts platzieren sowie eine näher und eine weiter hinten positionieren. Wenn beide Sounds nun denselben Part spielen, erhält man im Handumdrehen einen sehr breiten Klang.

Beat / Was war bei dem Produktionsprozess die größte Herausforderung?

Heavyocity / Die größte Herausforderung war, eine gesunde Balance zwischen aggressiven, dreckigen und klaren, organischen Klängen zu finden. Außerdem war es unser Ziel, Damage sehr leistungsfähig zu machen, ohne dass die einfache Bedienbarkeit darunter leidet. Wir haben viele Ideen gesammelt, um schließlich Bedienelemente zu entwickeln, die eine schnelle Manipulation und Effektbearbeitung der Klänge zulassen, ohne dass man die Bedienoberfläche verlassen muss.

Beat / Habt ihr ein paar Tipps, wie man das Beste aus Damage herausholt?

Heavyocity / Die simple Antwort ist einfach: Laden und Spielen – es gibt Unmengen zu entdecken. Wenn du nach einer Vielzahl klarer epischer und organischer Trommeln suchst, ist das „Armegeddon Kit“ ein guter Ausgangspunkt. Kombiniere dies mit dem Preset „Metals 01“ und du bist bereit, um die Orks zu besiegen (lacht)! Hinter den „Damage Hits“ verbergen sich große Impact-Sounds, deren Ausklang man mit dem Modulationsrad beeinflussen kann. Darüber hinaus liefern die Loop-Menüs zahlreiche großartige produktionsfertige Grooves, Beats und epische Rhythmen. Natürlich kann man auch die Loop-Elemente laden, um eigene Layer zu erstellen oder die Single-Loops zu manipulieren. Indem du die MIDI-Daten in dein Hostprogramm ziehst, lassen sich die Grooves beliebig verändern. Schließlich sind die „Damage Kits“ eine echte Empfehlung für elektronische und Industrial-Beats: In jedem Preset findest du tonnenweise gemappte Samples sowie einzigartige Klänge für’s Sounddesign. Vergiss auch nicht, die Trigger-FX sowie die Amp-Sequenzer auszuprobieren, mit denen du deine Rhythmen mehr Persönlichkeit und spannende Glitches verpassen kannst.

von Mario Schumacher

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