DJ-Interview: Super Flu

Geschrieben von Beat
03.10.2011
08:56 Uhr

Das Duo Super Flu rekrutiert sich aus den beiden Hallensern Feliks Thielemann und Mathias Schwarz. Ihre gemeinsamen musikalischen Werke finden seit 2005 ihre Verbreitung über bekannte Clublabels wie Traum Schallplatten, Karate Klub und Herzblut Recordings und bereichern seitdem die Sets vieler DJs. Im Jahr 2009 gründeten sie ihr eigenes Label Monaberry. Die Debütsingle „Shine“ avancierte zu einem gelungenen Auftakt für den Labelstart und behauptete sich als eine der bestverkauften Vinylveröffentlichungen.Boris Pipiorke-Arndt unterhielt sich mit Feliks Thielemann und Mathias Schwarz von Super Flu über Vorbilder, Feixtänze und Opa Herbert.

(Bild: www.super-flu.de)

Beat / Wie und wann kam es zur Gründung von Super Flu?

Feliks / Schon ein paar Jahre vor unserem Zusammentreffen 2005 waren wir als Schallplattenalleinunterhalter unterwegs. Na ja, und dann kreuzten sich unsere Wege schließlich beim Ausdruckstanz. Matze trug damals diese neuen Hi-Tech-Bodys, bei denen die Knöpfe hinten sind. Beim sterbenden Schwan sind wir dann ins Gespräch gekommen.

Beat / Habt ihr musikalische Vorbilder?

Mathias / Das Wort Vorbild impliziert ja immer eine Art Nachahmen. Das machen wir natürlich nicht. Aber wir möchten nicht abstreiten, dass es eine Menge Künstler – nicht nur musikalischer Natur – gibt, die uns bewusst und unbewusst beeinflussen. Da wären zum Beispiel die New Kids on the Block, CocoRosie, Opa Herbert und Jenna Haze, um nur einige zu nennen.

Bewusste Limitierung

Beat / Wie dürfen wir uns euer Studio vorstellen?

Feliks / Wir haben ein kleines Holzstudio in der Peripherie unserer Heimatstadt Halle, in welches wir uns gelegentlich zurückziehen. Dort haben wir nicht viele, aber ausgewählte Instrumente, Effekte, Sequenzer und Biere. Wir finden es sehr wichtig, unsere Möglichkeiten zu limitieren. Wir müssen uns daher mit den vorhandenen Werkzeugen intensiv auseinandersetzen und empfinden das als kreativitätsfördernd. Dasselbe gilt natürlich auch für alles andere, sei es ein Musikprogramm oder der Wohnort.

Beat / Wie gestaltet sich der Arbeitsablauf bei euren Musikproduktionen?

Feliks / Also wir fangen immer damit an, alle Geräte in einen großen Suppentopf zu werfen, so wie bei Rumpelstilzchen, um uns dann komisch drum herum zu bewegen. Und dann warten wir auf eine Eingebung, eine Idee. Das ist das Allerwichtigste bei einem Song: eine gute Grundidee. Wenn die steht, ist die Umsetzung beziehungsweise das Arrangement nur noch eine Formsache.

Beat / Und wie sah der Herangehensweise speziell bei eurem Album aus?

Mathias / Das war kein so langer Prozess, wie es bei anderen Künstlern vielleicht der Fall ist. Wir haben uns für zwei Wochen von der Außenwelt abgekapselt, unsere wichtigsten Heimatutensilien eingepackt und ein kleines Haus nahe Jonköping in Schweden gemietet. Dort sammelten wir Ideen und führten ein ganz puristisches Leben. Wir haben Feuerholz gehackt, waren Angeln und bearbeiteten zwischendurch unsere Software. Nur unser selbstgebrautes Bier ist nichts geworden. Und somit waren wir gezwungen, uns doch wieder in einen zivilisierten Supermarkt zu begeben. Das gesammelte Material, das aus verschiedensten Loops und Aufnahmen – darunter auch ein Saunaaufguss, den wir wie weißes Rauschen verwenden – und Melodien bestand, haben wir dann in unserem Studio in Halle zusammengemischt.

Beat / Spielte der Liveaspekt während des Produktionsprozesses eine Rolle?

Mathias / Ja, auf jeden Fall. Wenn kein Trick mehr zieht, fangen wir einfach an, mit Klöppeln und Geigenbögen alle möglichen Gegenstände zum Schwingen zu bringen und loopen das Ganze. Wir arbeiten da auch viel mit Gitarrenpedalen. Diese Loops verarbeiten wir dann in unseren Tracks. Außerdem schneiden wir bei jeder Studiosession mit einem Mikrofon im Raum alles mit – nur für den Fall, dass wir auf einen nicht reproduzierbaren Sound stoßen oder jemand einen Lachanfall bekommt. Alles wird auf Band festgehalten.

Beat / Wie ist die Struktur des Albums?

Feliks / Also ursprünglich wollten wir ein Death-Metal-Album mit christlichem Rap und tropischen Einflüssen veröffentlichen. Doch dann kam Opa Herbert zu uns und meinte: „Boys, denkt noch mal darüber nach. Fändet ihr es cool, wenn Michael Wendler auf einmal Politik machen würde?“ Und so haben wir uns für ein astreines Tanzalbum entschieden, welches aber trotzdem eine Menge Überraschungen und Nova für den Hörer bereithält.

Tour & Videos

Beat / Plant ihr eine Albumtour?

Mathias / Also wir nicht, aber unsere Agentur „Plantage 13“ übernimmt das für uns. Und somit werden wir voraussichtlich vier Monate unter der Haube der „Heimatmelodien“ unterwegs sein. Die genauen Auftrittstermine sind auf unserer MySpace-Seite zu finden.

Beat / Zu vielen eurer Songs gibt es extrem witzige Videos. Schreibt ihr die Drehbücher selbst?

Mathias / Wir mögen es, unseren Liedern einen persönlichen Charakter zu geben, sei es durch passende Namen oder eben ein Video. Das Ganze passiert immer spontan. Wir schaffen lediglich ein paar Rahmenbedingungen, halten eine schlechte Kamera drauf und lassen einfach alles fließen – oder, um es im Fach-Hiphop-Deutsch zu sagen: „Flowen, Alter!“

Beat / Wem möchtet ihr mit eurem Label Monaberry eine Plattform bieten?

Feliks / In erster Linie den unentdeckten Liedern dieser Welt. Aber es ist natürlich auch sehr luxuriös, sich nicht regelmäßig mit anderen Labels über Veröffentlichungstermine, zu dünne Bassdrums und zu komische Namen rumstreiten zu müssen, wenn es um die Release unserer Babys geht. Jetzt können wir endlich tun, was wir wollen.

Beat / Auf welches Tonträgerformat setzt ihr bei euren Veröffentlichungen?

Feliks / Unsere Veröffentlichungen sind in fast allen Formaten erhältlich, wobei wir Kassetten und Schellackplatten aufgrund der Wirtschaftlichkeit bisher eher vernachlässigen. Aber prinzipiell sollte jeder die Möglichkeit haben, unserer Musik zu lauschen. Wir freuen uns allerdings immer besonders, wenn die Leute Platten kaufen. Das ist unserer Meinung nach der persönlichste Weg, über Musik zu kommunizieren. Wir kaufen und spielen auch selbst noch Vinyl.

Beat / Immer mehr DJs legen digital auf …

Mathias / Das ist unserer Meinung nach eine ganz logische Entwicklung. Wenn man viel mehr Möglichkeiten hat und dafür nicht mal mehr fette Plattenkoffer mit sich herumschleppen muss, ist es doch ganz verständlich, auf die digitale Technik umzusteigen. Natürlich ist es dadurch auch viel einfacher, ein DJ zu werden oder eigene Tracks zu produzieren, was wiederum einen unglaublichen Überfluss zur Folge hat. Doch das verstehen wir eher als Chance und nicht als störend. Denn im Endeffekt ist es egal, ob DJ Pillepeter eine bessere Technik als DJ Deathmatch hat. Es zählt, was er daraus macht und welche Ideen dahinterstecken. Die Programmierer dieser Welt sitzen immer noch vergeblich an der Erfindung des Creativity-Buttons.

Top-Ten, die Super Flu gern hören:

/p>

1 | Lykke Li | Youth Novels

2 | Squarepusher | Hard Normal Daddy

3 | Bon Iver | For Emma, Forever Ago

4 | Edith Progue | Timeline

5 | Joanna Newsom | The Milk-Eyed Mender

6 | Pole | 3

7 | MUM | Sing Along To Songs You Don't Know

8 | MGMT | Oracular Spectacular

9 | Sigur Rós | Takk

10 | The XX | XX

von Boris Pipiorke-Arndt

Cookies helfen uns, bei der Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Verstanden