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DJ-Interview: Josh Wink

Seine Tracks „Don‘t Laugh“ und „Higher State of Consciousness“ sind Klassiker, seine DJ-Sets berühmt für ihre irren Spannungsbögen. Josh Wink ist nichts anderes als eine Legende – und dennoch hat er sich nie auf eine Formel eingeschossen. Tobias Fischer sprach mit Wink über ständiges Lernen, Mund-zu-Mund-Propaganda und den „Tanz zwischen Fisch und Fischer“.

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Beat / Mit was für einem Setup hast du angefangen?

Josh Wink / Ich habe als Teenager mit zwei Technics SLB-10-Turntables und einem Zweikanal-Mischpult angefangen. Es ist unglaublich, wie sich die Dinge seitdem verändert haben. Ich muss zwar nicht unbedingt immer die neusten Geräte besitzen – für mich gilt immer noch die Maxime, zunächst einmal das Beste aus dem herauszuholen, das ich habe. Trotzdem probiere ich ständig neue Technologien aus und analysiere, ob sie in mein aktuelles Setup passen. Der Lern-Aspekt ist mir dabei sehr wichtig. Ich möchte, dass ich mein Equipment kontrolliere, nicht andersherum.

Beat / Trotzdem werden neue Technologien immer die Art beeinflussen, wie DJs auflegen.  

Josh Wink / Viele meiner Freunde sind inzwischen von Vinyl, CDs und manuellem Beatmatching auf digitales Auflegen umgestiegen und damit sehr zufrieden. Sie müssen jetzt einfach etwas weniger die Tempi zwischen zwei Platten abgleichen und können sich dafür mehr auf die Track-Auswahl und Produktionsarbeit konzentrieren. Sobald sie Play gedrückt haben, synchronisieren sie schon automatisch zwei oder mehr Songs und beschäftigen sich dann damit, diese zu loopen und mit internen oder externen Effekten zu kontrollieren, Drum Machines hinzuzufügen und so weiter. Für mich ist auch das eindeutig eine Kunstform. Ich persönlich liebe es, durch diese Art von Manipulation aus bestehender neue Musik zu kreieren, sie zu etwas Persönlichem zu machen und meinen eigenen Sound zu schaffen.

Beat / Macht dir die riesige Auswahl an bestehender Musik diesen Prozess einfacher oder schwerer?

Josh Wink / Gute Frage. Bevor es diese Auswahl gab, wusste ich alles über die Tracks, die ich gespielt habe. Die physische Beziehung, die ich mit Vinyl als Medium hatte, war intensiv. Ich kannte meine Platten in und auswendig. In der heutigen Zeit ist die Menge an verfügbarer Musik unüberschaubar geworden und es fällt mir schwer, eine ähnlich intime Beziehung aufzubauen. Ich lade zwar immer wieder Material für meine Performances auf meinen Computer. Aber ich ziehe sie mir im Club nur selten auch heraus, wie ich das noch mit Platten in einem Record Case getan hätte. Oft lege ich auf Gigs Tracks auf, die ich noch nie vorher gespielt habe. Manchmal kommt dabei etwas Großartiges heraus. Manchmal ist es einfach nur grässlich.

Beat / Wie entscheidest du über die Auswahl des nächsten Tracks?

Josh Wink / Die Entscheidung entsteht aus einem Gefühl, das sich aus der Musik ergibt, die ich auflegen möchte, sowie aus dem Energiefluss heraus. Mir gefällt beim DJing die Vorstellung, dass du irgendwo anfängst und nicht weißt, wohin du gehst oder wie du dorthin gelangen wirst. Alles, was zählt, ist die Reise an sich. Es ist mir wichtig, dass ich mich nicht davor fürchte, Risiken einzugehen und anschließend aus der Erfahrung zu lernen. Ich möchte die Leute durch Höhen und Tiefen führen. Es ist wie bei dem symbiotischen Tanz zwischen dem Fisch und dem Fischer: ein ständiges Hin und Her, eine unauflösliche Spannung zwischen den beiden. Das ist es, was ich liebe!

Beat / Der Club war traditionell der ideale Ort, um neue Musik kennenzulernen. Wie ist das heute?

Josh Wink / Wir befinden uns an einem Wendepunkt. Der Club war einmal der Ort, an dem der DJ einen Track zu einem Hit machen konnte. Später dann fiel diese Aufgabe den Radio-DJs zu. Heute ist es das Internet. Dort kann Musik ganz alleine viral werden. Ich kann eine Performance geben, einen DJ mit meinem Smartphone aufnehmen und das sofort auf Facebook, Twitter oder Vine posten – und schon hast du einen sofortigen Hype. Trotzdem glaube ich, dass ein DJ im Club mit der Crowd immer noch eine besondere Beziehung aufbauen kann, aus der sich direkt an der Basis Mund-zu-Mund-Empfehlungen entwickeln.

Beat / Was sind die beim DJing wichtige Ziele?

Josh Wink / Aus meiner Sicht der Entwicklung von einem DJ hin zu einem Künstler und Produzenten, hat ein DJ vor allem drei Aufgaben: zu unterhalten, zu erziehen und eine Atmosphäre zu schaffen. Auch für mich sind diese drei Ziele stets präsent. Trotzdem finde ich es genauso wichtig, dass sich die Leute einfach nur ein paar Stunden verlieren. Du schaffst dabei mit der Musik eine akustische Zone. Ganz egal, was für wichtige Dinge dir im Kopf herum schwirren – sie verschwinden, wenn du deine Augen schließt und dich durch die Kraft der Musik im Jetzt auflöst. Ich kann mich auf den Dancefloor stellen, direkt vor die Lautsprecher, meine Augen schließen und ganz im Klang aufgehen. Und ich muss dabei an nichts anderes denken, als das, was genau in diesem Augenblick passiert.

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