DJ-Interview: Camea

Geschrieben von Kai-Uwe Heuer
05.08.2011
13:55 Uhr

Als Kind lernte Camea Klavier und Klarinette, später wurde sie dann ebenso leidenschaftlich zum DJ. Mit „Clinkology“ legt sie nun einen Mix herausragender Tracks iheres Clink-Labels vor, in dem es sinnlich knackt, knistert, wummert und hallt – und nichts so ist, wie es scheint. Tobias Fischer sprach mit Camea über die Kunst, Musik mit Tiefe zu machen.

(Bild: www.beat.de)

Beat / Ist der Kopf für dich beim Mixen genauso wichtig wie der Dancefloor?

Camea / Auf jeden Fall. Eines meiner Ziele bei dem „Clinkology“-Mix bestand darin, etwas zu schaffen, das sowohl künstlerisch inspirierend war als auch Club-freundlich, mich als Hörer herausfordert und trotzdem Energie für die Tanzfläche liefert. Die Verbindung, die Leute sowohl mental als auch körperlich zur Musik aufbauen, hat für mich schon immer einen ganz besonderen Stellenwert in meinem Leben eingenommen.

Beat / Übst du zuhause deine Mixing-Skills?

Camea / Ja, das ist für mich sehr wichtig. Ich stagniere nur ungern und Projekte wie „Clinkology“ sind für mich ein essentieller Teil davon, als Künstlerin zu wachsen. Wenn ich nicht auf Tour bin, verbringe ich die meisten meiner freien Tage in meinem Berliner Studio. Ich bin dort üblicherweise acht Stunden am Stück und arbeite entweder an neuen Produktions-Ideen, organisiere meine Tunes oder bereite mich auf meine DJ-Sets vor. Ich habe als Kind intensiv Musik studiert und musste für viele meiner Auftritte eine Menge üben. Für mich ist DJing das Gleiche, wie ein Instrument zu spielen.

Beat / Was „Clinkology“ so besonders macht ist der Spannungsaufbau. Die Platte fühlt sich virtuos an, zugleich aber auch sehr subtil und unterschwellig.

Camea / Ich wollte mit dem Mix eine Art lange, durchgängige Komposition aus dem Label-Katalog schaffen. Es sollte eine Herausforderung sein. Ich habe die Platte nicht live gemixt, sondern stattdessen aus den Stücken Loops herausgeschnitten oder Edits erstellt und sie anschließend in Ableton übereinandergelegt. Längere Aufbaupassagen und repetitive Stellen, die hypnotischer waren, habe ich automatisiert, wodurch ein tiefer Sound entsteht, den man beim DJing nur schwer hinbekommt. Es ist mir gelungen, indem ich in Traktor die Entwicklung eines Tracks zeitlich auseinanderziehe und die Loop-Funktion verwende. Gleichzeitig behalte ich währenddessen einen durchgängigen Groove bei, der aufwendig über vier Kanäle verteilt ist.

Beat / Du hast Traktor als eine einschneidende Entwicklung bezeichnet.

Camea / Traktor hat es mir vor allem erlaubt, außerhalb bestehender Schubladen zu denken. Es gibt mir vier Kanäle, Effekte, Looping und ein großartiges Organisationssystem. Ich kann mit Traktor eine Menge neuer Ideen in meinen Sets umsetzen, beispielsweise eigene musikalische Elemente einbauen und sie in Tracks einfügen. Trotzdem macht es mir ebenso viel Spaß, mit Control-Vinyl und Beatmatching zu arbeiten – also verwende ich manchmal auch diese Methode.

Beat / Beim DJing geht es idealerweise darum, den Tänzern einerseits das zu geben, was sie wollen und sie andererseits zu neuen Ufern zu führen. Ein Widerspruch?

Camea / Einer der wichtigsten Punkte ist für mich, eine Beziehung zu meinen Fans aufzubauen und ihnen Musik zu bieten, die für sie emotional zugänglich ist. Wenn du viel unterwegs bist, kommst du in Kontakt mit einer Menge verschiedener Kulturen und es ist sehr wichtig, flexibel darauf reagieren zu können. Dazu gehört vor allem, eine Crowd lesen zu können. Ich muss dabei meiner Intuition trauen und übliche Erwartungsmuster loslassen können. Es ist ein wenig wie beim Glücksspiel: Wenn es sich richtig anfühlt, gehe ich Risiken ein und improvisiere mit neuen Ideen und hoffe, dass dabei für die Besucher eine neue Erfahrung entsteht. Zum Glück ist das meistens der Fall!

Beat / Sind es diese Risiken, die den Job so spannend machen?

Camea / Stimmt wohl. Ich bin nun schon so lange auf das DJing fokussiert, dass ich nicht einmal darüber nachdenke, wie mein Leben ohne aussehen würde. Ich finde, dass wir glücklich darüber sein sollten, in einer Kultur zu leben, die sich ständig an den Augenblick anpasst. Ein DJ zu sein, erfüllt mich mit Vorfreude und Spannung. Ich weiß nie, was ich erwarten soll – und das Ergebnis ist jedes Mal anders.

Camea Beatport-Top-Ten:

1. Gabriel Ananda – Fluid

2. Camea – We Not In

3. Shlomi Aber – Create Balance (Steve Lawler Remix)

4. Barem – Is (D’julz Remix)

5. dOP – Your Sex (Paul Ritch Remix)

6. Alli Borem – Scotch Your Mind

7. Walker Barnard & Agaric – Stone Hengela

8. Nicolas Jaar – Space is only Noise if you can see (Dave Aju Remix)

9. Nick Hoppner – Swivel Flick

10. Gutti & Cesar Merveille – Maayancholy

Clink …

… ist Cameas Label und eine Art Brücke zwischen ihrer Vergangenheit in Brooklyn und ihrer neuen Heimat Berlin. Der Sound des Labels, unter anderem vertreten von Tim Xavier, Mark Henning, Tony Rohr und ihr selbst, ist eine fließende Mischung aus House, Minimal und Dub, die über eine allmähliche Verdichtung statt spektakulärer Knalleffekte ihre Wirkung erzielt.

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