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Digitale Kultur: Preislose Pralinen

Kostenlos klingt meist nach kaltem Kalkül: Vom Zeitungsabo bis zum Kaffee beim Frisör steht der Preis Null traditionell für Mogelpackungen, bei denen die Kosten lediglich über Umwege auf den Kunden abgewälzt werden. Das wird sich ändern, behauptet nun der amerikanische Marketing-Guru Chris Anderson. „Kostenlos“ hat sich grundlegend gewandelt – und wird in Zukunft immer mehr zu einem festen Bestandteil erfolgsversprechender Geschäftsstrategien werden.

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Gerade einmal vier Jahre sind seit Chris Andersons „The Long Tail“ verstrichen, doch fühlt es sich bereits so an, als sei man inzwischen in ein neues Zeitalter eingetreten. Andersons Bestseller propagierte seinerzeit eine wagemutige These: Dass sich in einer digitalen Welt mit einer Masse eigentlich wenig profitabler Produkte ein äußerst lukratives Geschäftsmodell aufbauen lasse. Er musste sich nicht lange nach einem passenden Beispiel umsehen: Der Erlös aus den minimalen Verkäufen von Millionen von Tracks ergibt für iTunes unter dem Strich eine gigantische Summe, die all diejenigen Lügen straft, die in der Zersplitterung der Musikszene ihren Sargnagel vermuten. Auch wenn sie von den wenigsten richtig verstanden wurde, gilt die „Long Tail Theory“ gemeinhin noch heute als erste konkrete Heilsbotschaft in einer von schlechten Nachrichten erschütterten digitalen Welt. Und dank seiner mit soliden Argumenten untermauerten These wurde Anderson zum möglicherweise medienwirksamsten Guru des Web 2.0. Eines hatte er indes in seinem Buch stillschweigend vorausgesetzt: „Du kannst nur dann unendlich viel Lagerplatz haben, wenn das Lager nichts mehr kostet.“ Damit stellte sich gleichsam eine neue Frage: Wie kann es sein, dass Speicherplatz inzwischen umsonst ist? Oder, praktischer gefragt: Wieso kann eine Firma wie Apple ihre Serveraufwendungen praktisch vernachlässigen, während überall in Deutschland ein Plattenladen nach dem anderen geschlossen wird? Das Thema für ein neues Buch war geboren.

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