Coverdesigner: Gavin Taylor

Geschrieben von Beat
28.07.2011
21:45 Uhr

Zunächst in England von den führenden Designagenturen ausgebildet, gelang Gavin Taylor in den USA der Durchbruch als kreative Ein-Mann-Armee. Dabei hat er den Wandel der Musikszene sowie die zunehmende visuelle Annäherung von House und Techno an Rock und Pop nicht nur erlebt, sondern aktiv mitgestaltet. Heute ist Taylor Ansprechpartner für junge, vielversprechende Talente sowie einige der größten Namen im Musikgeschäft. Und noch immer lässt er ungern andere an seinen Ideen arbeiten.

(Bild: www.beat.de)

Filme wie „Speaking in Code“ und Bücher wie „Liebestänze“ schicken sich derzeit an, Techno ein menschliches Antlitz zu verleihen. Man kann den Umbruch elektronischer Musik aber auch anhand ihrer Ästhetik nachverfolgen: „Vor zehn bis zwölf Jahren waren meine Elektronik-Cover meistens gesichtslos und konzentrierten sich eindeutig auf den Track. Weil ich damals kein Bild des Künstlers verwendete, musste ich mich auf Typographie und Illustrationen als Grundpfeiler des Entwurfs verlassen“, erinnert sich Gavin Taylor, „jetzt hat elektronische Musik hingegen ein Gesicht, die Grenzen zum Pop lösen sich allmählich auf.“ Für Taylor hat sich der Stilwandel ausgezahlt: Heute enthält sein Portfolio nicht nur Arbeiten für House-Pioniere wie Carl Cox, sondern auch für die aktuellen Chartstürmer Lady Gaga und Aly & AJ, die in den USA zu den erfolgreichsten neuen Künstlern des Jahres zählen, oder das Urgestein Paul McCartney. 

Teil des täglichen Lebens

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Genau dieser Spagat zwischen süßem Konfekt und anspruchsvollen Beats macht seinen Job immer noch so spannend: „Der Gedanke, dass ich an etwas arbeite, das für viele Leute zum Teil ihres täglichen Lebens werden wird, macht unglaublich viel Spaß. Ich arbeite schon wieder mit Aly und AJ an ihrem neuen Projekt, und die Musik klingt toll. Es gibt mir noch immer eine Gänsehaut, meine Arbeiten in einem Plattenladen oder auf einem Plakat zu sehen. In den letzten Jahren habe ich das große Glück gehabt, mit einigen jungen Künstlern zu arbeiten und sie dabei beobachten zu können, wie sie zu einem Teil der Mainstream-Kultur geworden sind. Das fühlt sich sehr befriedigend an.“ Natürlich nimmt der Spaßfaktor auch deshalb zu, weil Mainstream-Budgets gelegentlich ausgefallenere Ideen möglich machen: Für die limitierte Version des aktuellen Aly-&-AJ-Albums „Insomniatic“ erarbeitete Taylor ein glänzendes Slip-Case und prägte es mit rhythmischen Wiederholungen des Bandlogos. Das Endergebnis sah dann tatsächlich so aus wie die schicke Designerhandtasche, die den beiden Sängerinnen so gut gefiel.

Dass er einmal solche Luxusobjekte entwerfen würde, hätte sich Taylor wohl niemals träumen lassen, als er 1991 als Student in seiner englischen Heimat in einem Plattenladen eine Scheibe der Proto-Hip-Hop-Band „Pop Will Eat Itself“ aus dem Regal nahm und sich die 12-Inch-Single sofort einpacken ließ – ohne den Song vorher anzuhören, wie sich versteht, denn das Cover der damals weltweit führenden Agentur „The Designers Republic“ raubte ihm schier den Atem: „Ich hatte noch nie so etwas gesehen: Das Cover war einfach, aber provozierend, retro und futuristisch zugleich und baute auf dem Logo statt auf albernen Bandfotos auf. Ich erinnere mich noch ganz genau, dass ich wortwörtlich dachte: ‚Genau das will ich auch machen!‘“ Dieser Wunsch sollte sich erstaunlich rasch bewahrheiten: Taylor bewarb sich bei The Designers Republic als Praktikant, wurde angenommen und nach Beendigung seines Studiums fest angestellt. Es folgten ein Umzug nach Manchester, Arbeiten für das Label von New Order „Factory Records“, das erste eigene Büro und zur Jahrtausendwende der Umzug nach Los Angeles.

Selbsterklärter Kontrollfreak

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Dort wohnt er noch heute und hat mit der „OK Company“ ein Büro gegründet, das er zu neunzig Prozent allein führt. Als selbsterklärter Kontrollfreak nimmt Taylor gern jeden Aspekt seiner Arbeit selbst in die Hand und erweitert seine Tätigkeiten als koordinierender Art-Director regelmäßig um die gestalterische Basisarbeit eines Kreativen. Wenn das zur Verfügung stehende Fotomaterial nicht genug Aussagekraft hat, greift er kurzentschlossen selbst zum Stift und ergänzt die Bilder um eigene Illustrationen – der Anteil seines Jobs, der nicht vor dem Monitor stattfindet, ist bei ihm bemerkenswert hoch. Und noch immer macht ihm das Gestalten von Logos so viel Spaß, dass daraus regelmäßig ganze Branding-Kampagnen entspringen. Wie noch vor kurzem für Lady Gaga: „Ich habe mit Lady Gaga persönlich gearbeitet. Obwohl sie damals eine ganz neue Künstlerin war, stand fest, dass sie etwas ganz Besonderes zu bieten hatte. Ihr Label Interscope war sich dessen bewusst und erlaubte uns sehr viel Freiraum für unsere Kreativität. Das Logo, das wir schließlich auswählten, bestand aus einem sexuell zweideutigen Mannequin sowie einer Verbeugung vor Ziggy Stardust und einem coolen Schrifttyp mit Anspielungen auf den Siebzigerjahre-Schick und das Cabaret.“ Und es hat dabei trotz der gelegentlich kühl-androgynen Optik der Gaga vor allem eines: ein menschliches Gesicht.

Coverbeschriftungen:

V.A.: 24 Hour Party People

Austin Leeds: Dirty Sound II

Aly & AJ: Potential Breakup Song

Aly & AJ: Insomniatic Deluxe Edition

BT: This Binary Universe

Carl Cox: Second Sign

DEV2.0: DEV2.0

Demi Lovato: Don't Forget

Demi Lovato: Here We Go Again

Electronic: Get The Message

Carl Cox: Ultimate Carl Cox

Wall E: Illustration für den Original-Walt-Disney-Soundtrack

Von Tobias Fischer

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