Clubreport: Showboxx Dresden

Geschrieben von Alexander Bota-Weber
25.03.2011
15:51 Uhr

In der Dresdner Showboxx sind die Jahrestage immer etwas ganz besonderes. Und so kann es nicht verwundern, dass zum elften Geburtstag nicht nur Inhaber Markus Rätz, alias Gunjah, gratulierte, sondern sogar der ehemalige MTV-Moderator Markus Kavka sowie House-Star Matthias Tanzmann. Dabei ist die Location weder der größte Club der Stadt, noch der bekannteste. Dafür aber der mit dem spannendsten musikalischen Programm und dem fettesten Bass. Die Showboxx genießt in Dresden einen quasi-legendären Status. Mit seinen elf Jahren gehört der Laden inzwischen sogar zu den langlebigeren Clubs in Deutschland.

(Bild: Showboxx Dresden)

DJs wie Karotte, Steve Bug, Oliver Koletzki, Matthias Tanzmann, Nathan Fake und Sascha Funke sind hier mehr oder weniger regelmäßige Gäste, während Gabor Schablitzki, bekannt von seinen Aktivitäten mit Projekten wie den Wighnomy Brothers und Robag Wruhme, sogar innerhalb weniger Monate gleich zweimal im Gelände an der Leipziger Strasse einkehrte. Damit wird bereits klar, dass sich die Location nicht so sehr monothematisch einem einzigen Stil verschrieben hat – die oben aufgeführten Namen decken das komplette Spektrum aktueller Dance-Musik, von Deep House über Electro bis hin zu Techno und Minimal ab –, sondern vielmehr dem feinen Grat zwischen Anspruch und Ausgelassenheit, zwischen künstlerischer Vision und kollektivem Glücksrausch. Neben den traditionellen wochenendlichen Events feierte gerade noch das im Club stattfindende Click-Clack-Festival seinen zweiten Geburtstag, bot Besuchern die Gelegenheit, sich einen ganzen Tag lang in Welle auf Welle mitreißender Sounds zu stürzen. Eine der frühen Partyreihen nannte sich „Total Customer Satisfaction“ und der im Titel angesprochene Anspruch ist bis heute Programm geblieben: Wenn das Wetter mitspielt, wird sogar der Außenbereich miteinbezogen und die Showboxx verwandelt sich in ein sommerliches Tanzparadies – notfalls, bei plötzlich einsetzenden Regenfronten, unter einer schützenden Überdachung.

Dabei fing alles recht bescheiden an, als Markus Rätz im Jahr 1999 die Türen der Showboxx öffnet. Rätz hat bis dahin verschiedene Party-Reihen an wechselnden Örtlichkeiten organisiert, die in Dresden und Umgebung Kultstatus genossen. Zusammen mit einem Freund entdeckt er eine ausrangierte Autolackiererei. Die beiden bauen die Werkstatt um und aus, unterteilen den extrem ausgedehnten und schmalen Raum mit einer Grundfläche von neun mal vierzig Metern in einen Eingangs-, Theken- und Dancefloor-Bereich und schaffen damit die ebenso intime als auch ausladende Atmosphäre, für die der Club inzwischen bundesweit Bekanntheit genießt. Statt auf Nummer sicher zu gehen, setzt man auf eine eigene Linie: „Wir machen einfach unser eigenes Ding, und das geht auf“, erläutert Rätz in bester Sven-Hannawald-Manier. Zu den Eckpfeilern dieser Strategie gehört unter anderem eine dauerhafte Zusammenarbeit mit einer festen Riege an DJs. Rätz, der unter dem Namen Gunjah selbst produziert und auflegt, glaubt an eine enge Bindung zwischen einem Club und seinen Musikern, an die großen Momente, die aus Vertrauen entstehen. 

Was aber sagt Rätz dazu, dass jemand sich vor kurzem im Netz über die angeblich zu leise eingestellte Anlage beschwerte? „Ich glaube, da hat jemand wirklich etwas an den Ohren.“ Na dann – auf elf weitere laute Jahre!

Teil 2: Die Technik

Wir sprachen mit Alexander Schmidt, der für die Einstellung der Anlage in der Showboxx zuständig ist. In den Jahren 2005 bis 2007 führte Schmidt selbst den seinerzeit erfolgreichsten Techno-/TechHouse-Club „Fahrenheit Einhundert“ in Dresden. Seit 2004 entwickelt er professionelle Beschallungsanlagen und ist seit 2010 hauptberuflich bei AD-Systems Audiotechnik tätig. Die Digital-DJ-Patchbay „Masterkey“ – derzeit als „PatchLive“ von Rodec vertrieben – stammt aus seiner Feder.

Beat / Welche Beschallung lag in der Showboxx vor, bevor du Hand angelegt hast?

Alexander Schmidt / An der Anlage selbst habe ich materialseitig nichts verändert. Ich habe sie lediglich auf Bitten von Gunjah neu eingestellt und die Platzierung im Raum etwas geschickter entsprechend der Raumgeometrie gewählt. Aufgebaut ist sie als Quasi-Vierpunkt-Beschallung. Das heißt, aus der Front-Stereobeschallung mit großen Tops, dazu zwei leicht verzögerten, kleinen Rear-Tops, die den hinteren Bereich des Dancefloors im Mittel-Hochtonbereich „auffüllen“. Der Sound war vor der Korrektur sehr aufdringlich, kreischend laut, unsauber und verwaschen. Trotz enormem Pegel wirkte das Gesamtsystem recht kraftlos. Unmittelbar vor den Subwoofern flatterten die Hosenbeine – auf dem Rest der Tanzfläche blieb nur ein undifferenzierter Tieftonbrei.

Beat / Welches sind die Besonderheiten der Electro-Voice-PA, die in der Showboxx zum Einsatz kommt?

Alexander Schmidt / Die PA wurde in den Jahren 1985 bis 1986 entwickelt und kam Anfang der Neunziger auf den Markt. Zu der Zeit konnte man das durchaus als State-Of-The-Art bezeichnen – immerhin sind damals die Rolling Stones mit einem gigantischen Electro-Voice MT2-/MT4-Setup um die Welt getourt. Alles in allem entspricht sie dem damaligen Anspruch der Beschallungswelt: Laut, sehr laut musste es sein! Allerdings hat die PA aus heutiger Sicht auch so ihre Problemchen. Besonders kritisch ist, dass die MTH-Topteile (horngeladen) relativ hoch zu den Subwoofern getrennt werden müssen, da sie tiefe Frequenzen schlicht nicht vertragen. Die MTL-2-Bässe haben zudem ordentlich „Schub“ im Subbass, jedoch fehlt es ihnen naturgemäß dann im „Kick-Bereich“ an Knackigkeit und Lebhaftigkeit. Die MTH-2-Tops sind im Mid-Range ungeheuer leistungsstark – eigentlich viel zu viel für den knuffigen Dancefloor der Showboxx. Die Doppel-Einzoll-Hochtoneinheit wird sehr schnell scharf und aggressiv, sodass man hier sehr feinfühlig zwischen „genügend Hochton“ und „Trommelfell-Piercing“ abstimmen muss. Die Gäste wollen schließlich unterhalten werden, und nicht „akustisch erschossen.“

Beat / Welches war das Kriterium für die Neueinstellung des Sounds?

Alexander Schmidt / Das Kriterium war ein „druckvoller und klarer Sound“ – im Grunde das, was jeder Veranstalter, Betreiber und nicht zuletzt Gast von einer Beschallung verlangen darf. Das „Einstellen“ begann erst einmal mit dem „Aufstellen“. Der Main-Room ist recht lang und schmal. Die kurze Ausdehnung des Raumes ist hierbei besonders problematisch, da sich in diesem Bereich vor allem Tieftonwellenlängen und deren Vielfache (Harmonische) befinden. Reflektierte und sich auslöschende Basswellen führen zu einem matschigen und auf die Tanzfläche verteilt sehr ungleichmäßigen Bass – dabei ist gerade bei Tanzmusik ein druckvolles Low-End wichtig für den „Arschwackeleffekt“. Ziel bei der Aufstellung der Subwoofer war daher eine möglichst gleichmäßige Bassverteilung auf dem Dancefloor zu erreichen, und Reflexionen von den Wänden und der Decke möglichst zu minimieren. Den Bass gerichtet abstrahlen zu lassen, war daher logische Konsequenz. Ein reines Cardioid-Array war mangels Platz nicht realisierbar, jedoch konnte ich eine einfache Endfire-Anordnung an einer Langseite des Dancefloors umsetzen. Dadurch wird der Bass auf das Zentrum der Tanzfläche gerichtet. Im Ergebnis lässt sich das durchaus hören: Dort, wo der Bass hingehört, ist er nun sauber und direkt. Und das sehr gleichmäßig auf der gesamten Fläche. Um herauszufinden, wie das System „wirklich“ klingt, habe ich die Werkseinstellungen für die PA einprogrammiert. Das Ergebnis war sofort und deutlich hörbar besser. Plötzlich war so etwas wie ein „Stereobild“ vorhanden. Der liebe Gunjah hüpfte beim Soundcheck gleich freudestrahlend über den Dancefloor (lacht).

von Tobias Fischer

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