Quelle: https://www.beat.de/news/clubreport-codex-10052814.html

Autor: Beat

Datum: 15.06.11 - 21:36 Uhr

Clubreport: Codex

Beeindruckende neue Locations gibt es immer wieder. Die Betreiber des Acherner Codex haben aber nicht nur in futuristisches Design und ein glasklares Sound-Konzept investiert. Stattdessen wird hier das traditionelle Club-Konzept als solches hinterfragt – und auf visionäre Weise neu definiert.

Achern ist laut Eigenauskunft von Oberbürgermeister Klaus Muttach „eine sympathische Stadt mitten in Baden“. Seit dem fünfzehnten Dezember letzten Jahres aber hat sich den landschaftlichen Reizen schlagartig eine weitere Attraktion hinzugesellt. Seit diesem Datum nämlich befindet sich in dem 25.000-Seelenort einer der modernsten Clubs Europas, vielleicht sogar weltweit. Tatsächlich hat das Codex etwas von einer Vision. Auf dem Gelände an der Karl-Bold-Straße befand sich noch vor knapp über einem Jahr rein gar nichts. Anhand einer Bilderserie auf der Homepage konnte man verfolgen, wie aus einer klaffenden Baustelle allmählich ein imposantes Gebäude wurde, aus einer Ansammlung von Betonwänden ein veritabler Party-Tempel heranwuchs. Heute bieten sich Gästen satte 1200 Quadratmeter Innenfläche, öffnen sich die Pforten zu einem Kosmos aus verschiedensten Stimmungen und Sounds – kein Wunder, dass man nicht nur von einem Club, sondern vielmehr von einer „Nachterlebniswelt“ sprechen möchte. Dabei ist der technische Quantensprung, der hier vollzogen wird, nicht einmal das herausragendste Alleinstellungsmerkmal. Vielmehr war der Betreiber hier nicht nur für die finanziellen Mittel verantwortlich, sondern ebenso für die kreativen Konsequenzen.

Denn während Christian Pichler tagsüber unter seinem bürgerlichen Namen den geschäftlichen Aspekten der Charly2000 GmbH nachgeht, bringt er abends als DJ Rochhound die Tanzfläche in den von ihm betreuten Locations zum Kochen. Für das Familienunternehmen war dabei von Anfang an klar, dass die neue Nachterlebniswelt nach Achern gehört. Seit nunmehr vierunddreißig Jahren schon veranstaltet man in der Gegend höchst erfolgreich Partys und konnte elf Jahre lang mit dem örtlichen Codex-Vorgänger Charly’s Fun Factory Erfolge feiern. Als der Mietvertrag der Factory nicht mehr verlängert wurde, entstand aus dem Ende einer Ära unmittelbar der Beginn einer neuen. Tatsächlich kann man das Codex als selbstbewusste Andeutung verstehen, in welche Richtung sich der Club als Institution in Zukunft bewegen kann. Beziehungsweise, wie Pichler es plakativ auf den Punkt bringt, als Aushängeschild einer Philosophie, die er als „Clubbing HD“ bezeichnet. Der Gedanke dahinter: Nur wenn Musik, Technik und Licht optimal aufeinander abgestimmt sind, wird ein „Abend in der Disse“ wieder zu etwas Besonderem.

In der Vorbereitung ging der Anspruch sogar soweit, dass Pichler auch Möbel und Komponenten wie Steinpanele oder Musterplatten durch die Firma myMede individuell anfertigen ließ. bbk baukonzept war wiederum ein naheliegender Partner in puncto Licht, da man komplette Club-Lösungen, einschließlich Design, Trockenbau, Inneneinrichtungen und der Installation der Lichtanlage anzubieten imstande war. „Die Anlage besteht nicht nur aus der Standardbeleuchtung, sondern auch aus passiven oder indirekten Komponenten, welche den gesamten Codex-Club als Einheit widerspiegeln“, so Joachim Cramer von bbk baukonzept, „Das Ganze wird durch eine GLP Creation und die MADRIX Software angesteuert und ergibt eine Lichtshow der Extraklasse.“ Eine von vielen Superlativen, die uns in Gesprächen über das Codex immer wieder begegnen. Doch ein Auszug aus der Lichttechnik, die er Beat zukommen lässt, bestätigt seine Begeisterung: 48 Quadratmeter G-LEC-Frames Phantom, zwölf Quadratmeter Varytec Vipa Screen, 4 mal GLP impression 240 XL, 14 mal impression 90RGB, acht GLP Ypoc 575, vier Patend Light 700, vier Clam Lights plus 400 laufende Meter LED-Stripes von Kapego, Dazu PAR-Cans, Nebelmaschinen, höhenverstellbare Traversenkreise von Global Truss. Kennern dürfte bei der Aufzählung dieser Komponenten das Wasser im Mund zusammenlaufen. Gespart, so viel steht fest, wurde hier nirgends.

Das bestätigt uns kurz danach auch Roland Kruck von der für den Sound verantwortlichen Firma Lindenmayer. Aus einer kurzen Anfrage zu technischen Details wird ein faszinierendes, fast eine Stunde langes Gespräch. Auch für die Stuttgarter Klangzauberer ist dieses Projekt weit mehr als nur ein weiterer Club. Für das Herzstück des Codex entschied sich man sich dabei für ein Dynachord-Alpha-System, wie es beispielsweise in vergleichbar großen Locations wie dem legendären Space Club auf Ibiza zum Einsatz kommt. Doch gibt es einen ganz besonderen Clou: Alle sieben Bereiche der Location werden zwar zentral angesteuert, können aber durch eigene Equalizer individuell ausgepegelt und vor allem trennscharf voneinander abgesetzt werden. Jeder Bereich erhält damit einen transparenten Soundcharakter: „Man hat die Vorstellung eines Multi-Room-Verfahrens nicht auf die einfache Art und Weise realisiert, dass man schlicht Signale von A nach B transportiert. Stattdessen ist das gesamte System prozessorgesteuert“, so Kruck, „Die Signale bekommen dabei die passenden Delays angemessen, sodass Besucher im Eingangsbereich des Cafés, wo man einen eher unaufdringlichen Sound vorzieht, nicht zwei verschiedene Signale hören. Stattdessen wird alles präzise so verzögert, dass es passt.“ Auf die Vorschläge des Lindenmeyer-Teams wurde praktisch vollständig eingegangen, ohne dabei die typischen finanziellen Abstriche zu machen – wohl auch, weil sich durch diese zentrale Lösung in diesem Fall sogar umgekehrt eher Einsparungen erzielen ließen.

Neues Club-Ereignis

Dass jedoch ist noch nicht alles. Denn hinter dem Codex steht eine neue Vorstellung dessen, was das Club-Erlebnis heute ausmacht. „Wir denken, es ist nicht mehr ausreichend, in einer Location nur Musik und Getränke anzubieten, um den Gast zu unterhalten“, so Pichler, „Gerade der Gast ab dreißig weist ein anderes Konsumverhalten auf, und darauf muss man eingehen.“ Kruck, der am Eröffnungswochenende mit einigen Gästen ins Gespräch kam, konnte genau das beobachten: „Die Leute gehen nicht nur zum Abtanzen ins Codex. Der Sound passt zu dieser neuen Einstellung. Er ist präsent und stimmig, sodass sich jeder darin wohlfühlt.“ Durchmischung in Sachen Publikum einerseits, aber auch die Ermöglichung einer zielgruppengerechten Ansprache andererseits, sind hier somit zwei Seiten der gleichen Medaille. In der Praxis sieht das so aus, dass die Ü30-Fraktion kostenfrei in den Club kommt, es sieben verschiedene Gastronomiebereiche gibt und an vier verschiedenen Abenden vier verschiedene Stilrichtungen angeboten werden. Die Charts sind im Codex zwar sicherlich nicht der Feind, doch wird auf Aktualität im Sinne von Titeln, die der gemeine Besucher vielleicht noch nicht kennt, zumindest wochenends, großen Wert gelegt: „Wir denken, dass der Besucher zwar Bekanntes hören, aber doch auch mal einen neuen Impuls spüren möchte. Das wirkt sich auch bei unseren Bookings aus, die wir im Club-Bereich tätigen.“ Zu Letzteren gehört unter anderem natürlich Rochhound selbst, für dessen Fähigkeiten am Mischpult beispielsweise Dirk Gebhardt den Begriff des DJs als zu kurz gegriffen empfindet und eher von einem „Entertainer“ sprechen möchte.

In diese Vorstellung passt auch die konsequente Umsetzung des Community-Gedankens. Statt sich auf Drittparteien zu verlassen, hat man einen eigenen Fotografen für die obligatorischen Party-Bilder eingestellt, plant exklusive Downloads für Mitglieder. Vor allem aber bezieht die Gemeinschaft die Codex-Lounge im nahegelegenen Rastatt mit ein, wo man den Abend bei Cocktails einläuten kann, ohne doppelt Eintritt zahlen zu müssen. Spätestens, wenn die beiden Locations dann noch in Kürze via Videostreams miteinander verbunden werden, steht fest, dass Achern sich von einem kleinen sympathischen Städtchen zu einem Tor in die Welt emanzipiert hat.

1 x P64 Dynacord Digital Audio Matrix

1 x AI-1 Dynacord Analog Input Module

3 x AO-1 Dynacord Analog Output Module

1 x DSP-1 Dynacord DSP

1 x PCL 1415 Dynacord 4-Channel Power Amp

1 x DSA 8410 Dynacord Class-D-Amp

1 x CPS 4.10 ElectroVoice Class-D-Amp

1 x L2400 Dynacord PowerAmp

1 x DSA 8212 Dynacord-Amplifier

4 x alpha X 3-Way Speaker System

2 alpha B 2 x 18" Planar

2 x VL152 Dynacord Variline

1 x DSA 8212 Dynacord-Amplifier

von Tobias Fischer