Club-Report: Harry Klein

Geschrieben von Beat
24.01.2012
08:50 Uhr

Die top Drei der deutschen Clubs? Berghain, Watergate, klar. Aber dann? Die Leser des englischen DJ-Mags fackelten nicht lange und stimmten das kompakte Harry Klein in München mit aufs Treppchen. Für die Betreiber ist das ein klarer Beweis dafür, dass ihre Strategie der Vielseitigkeit und Familiarität greift – inzwischen klopfen bereits Kollegen aus aller Welt mit Anfragen an.

(Bild: harrykleinclub.de)
(Bild: www.harrykleinclub.de)
(Bild: www.harrykleinclub.de)
(Bild: www.harrykleinclub.de)

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, wusste schon der alte Hippie Herman Hesse. Doch als sich die Zeit des ersten Harry Klein auf dem Optimol-Gelände dem Ende entgegenneigte, galt eher: Scheiden tut weh. Die treuen Anhänger blieben bis zum Ende, feierten noch einmal zusammen, tanzten, jubelten, weinten. Die Gedanken gingen zurück an das großartige Northern-Lite-Konzert, bei dem alle mitsangen. An die erste Anthony-Rother-Live-Performance, bei der sich der Künstler so offensichtlich über das begeisterte Publikum freute und für gestandene drei Zugaben in die DJ-Kanzel zurückkehrte, bis er wirklich jeden Track gespielt hatte, den er dabei hatte. Daran, dass hier ein Stück Club-Geschichte geschrieben wurde und aus einer kleinen Gruppe von Idealisten eine enge Familie gewachsen war: „Alle unsere Stammgäste und Freunde waren eingeladen um sich gemeinsam vom Club zu verabschieden“, erinnert sich PR-Managerin Tanja Piechula, „Um Mitternacht lief „Velvet Underground – All Tomorrow’s Parties“ als letzte Platte und wir hatten vorher Feuerzeuge verteilt. Alle lagen sich in den Armen und haben sich von sieben Jahren im Club verabschiedet – sehr tränenreich.“

(Bild: www.harrykleinclub.de)

Partys von morgen

Die Tränen jedoch trockneten rasch. Denn nur wenige Monate nach dem Umzug fanden sie dann bereits statt, die Partys von morgen. In der neuen Location an der Münchner Sonnenstraße war ein neuer Club entstanden, der die Traditionsmarke Harry Klein respektvoll fortführte, aber auch ebenso dezent wie durchsetzungskräftig auf den neusten Stand brachte – und von der örtlichen Presse, dem Stammpublikum sowie einer Menge Frischlingen begeistert gefeiert wurde. Dafür gab es auch gute Gründe: Im Gegensatz zu vielen Zwangsumzügen war die Neuverortung des Harry Kleins eine bewusste Entscheidung, die für alle Beteiligten zum richtigen Augenblick kam und vornehmlich dem zweifelhaften Ruf des Optimol-Geländes, eines großflächigen Party-Zentrums in der Nähe des Ostbahnhofs, geschuldet war. Während man den 2003 erfolgten Ortswechsel des legendären Ultraschalls gezielt mit einem Namens- und Konzeptwandel verband, war das Kapitel Harry Klein diesmal gefühlsmäßig noch lange nicht abgeschlossen: „Auch ein Club kann zu sich zu einer Institution entwickeln und ist nicht zwingend an einen Ort gebunden“, so Piechula, „Ganz klar spielt die Nähe zu unseren Gästen und das dadurch entstehende Gemeinschaftsgefühl eine große Rolle. Die Leidenschaft für die Musik verbindet außerdem, und so versuchen wir für unser Publikum greifbar und erreichbar zu sein, nicht zuletzt über Facebook oder andere Online-Medien.“

Dass der Neuanfang so reibungslos über die Bühne ging, ist aber nicht nur auf die vielfach gerühmten Community zurückzuführen, die bei einem – Nomen est Omen – so kleinen Club wie dem Harry’s notgedrungen immer etwas enger zusammenrückt als bei einer anonymen Großraumdisko. Der größte Unterschied zwischen dem alten und neuen Harry Klein liegt vielmehr in der klanglichen Architektur begründet, in einer Bauweise, die selbst den altehrenwerten Tresor wie ein japanisches Papierhaus erscheinen lässt: Eine 24 Zentimeter dicke Stahlbetonwand schirmt die Geräusche der Location vor den direkt angrenzenden Gebäuden in der Innenstadt ab und schafft dabei zugleich eine Atmosphäre der Intimität und des uboothaften Abgeschottetseins vor der Außenwelt. Als Zeit-Reporter Christian Kortmann neulich zu Besuch war, eröffnete sich ihm zudem eine unerwartete, dafür aber umso beeindruckendere Nebenwirkung: Der derart schallgedämpfte Raum wird durch die markerschütternden Bässe in eine schwindelig machende Eigenvibration versetzt, bei der das gesamte Harry Klein wie ein Würfel in einem Würfelbecher durchgeschüttelt und die Energie des Tanzens direkt in den Raum reflektiert wird. Die Vision von Techno und House als ein den ganzen Körper erfassendes und ihn geradezu auslöschendes metaphysisches Ereignis – hier wird sie wahr.

(Bild: www.harrykleinclub.de)

Musik statt Drumherum

Für den Sound hatte diese einzigartige Beschaffenheit zunächst auch einige weniger vorteilhafte Konsequenzen, wie Piechula betont: „Für einen guten Raumklang ist Beton nicht geeignet. Nach Anweisung unseres Akustikers wurden deshalb knapp 100 Quadratmeter der Wände und Decken gedämmt, um beispielsweise die Nachhallzeit zu verkürzen.“ Daraus wird sofort klar, dass hier bei aller Detailverliebtheit und der Betonung auf einer organischen Einheit zwischen Licht und Ton der Grundsatz gilt: Ohne Musik bräuchte es das Drumherum gar nicht. Das Herzstück der Audio-Anlage bilden dabei neben den Technics 1210, Allen&Heath Xone 92 oder Pioneer DJM 800, CDJ 800 und CDJ 1000 die sechs LB-AL-208- Boxen, basierend auf der sogenannten AlArray-Technologie. Letztgenannte Topteile verfügen über eine elektronisch einstellbare Abstrahlcharakteristik im Mittel-Hochtonbereich, wodurch die Schallverteilung auf der Tanzfläche optimal eingestellt werden kann. Überhaupt verlässt man sich hier ganz auf die Dienste und Produkte der in München ansässigen Profis von LB-Lautsprecher, die in der Stadt neben der Beschallung der Allianz-Arena auch für eine Vielzahl vergleichbarer Locations zuständig sind, sodass man sich nicht selbst um die Feinheiten der Anlage kümmern muss, sondern dass ruhigen Gewissens „dem Stefan“ überlassen kann.

Diese persönliche und freundschaftliche Verbundenheit zeichnet vieles am Harry Klein aus. Die Tendenz in Richtung weltbekannter Residents schlug man zunächst nur widerwillig ein, musste den Plan, vor allem mit lokalen DJs zusammenzuarbeiten aber aufgrund anderslautender Publikumswünsche letztlich aufgeben. Sogar bei großen Acts wählt man sogar heute noch bevorzugt diejenigen, mit denen man auch auf einer menschlichen Ebene eine Verbindung findet.

Und Innenarchitekten und Designer lässt man gerne das tun, was sie am besten können: Kunst machen. Dabei steht grundsätzlich eine integrative Strategie zentral, also die natürliche Verknüpfung aller Geschäftssparten miteinander: „Natürlich greifen alle Bereiche ineinander. Wir möchten damit die elektronische Musik und die für uns dazu gehörende visuelle Darstellung weiter nach vorne bringen. Selbstverständlich hauptsächlich durch unsere Künstler. Die sind entweder Residents oder bei uns in der Booking-Agentur. Inzwischen wurde der Name Harry Klein dadurch zu einer Marke.“

Darauf kann man zurecht stolz sein – und auch darauf, dass das Harry Klein inzwischen weit über die Grenzen Münchens hinaus Bekanntheit und Bewunderung genießt. Aus dem Wechselspiel zwischen konstanten Elementen und stetigem Wandel erwächst dabei etwas wahrhaft Einzigartiges: „Unsere Resident-DJs standen bis auf kleine Veränderungen im Laufe der sieben Jahre fest. Für uns verkörpern sie die musikalische Vielfalt in dem Genre, das wir bedienen (House und Techno). Bei den Resident-VJs ist zwar noch mehr Aufbauarbeit nötig, aber die Akzeptanz in den Clubs mit ähnlicher Ausrichtung steigt und uns erreichen immer mehr Anfragen nach Harry-Klein-Club-Nächten aus anderen Städten und Ländern. Kurioserweise gibt es aktuell sogar eine Anfrage aus Indien.“ So schmerzhaft er zunächst gewesen sein mag: Diesem Neuanfang wohnt tatsächlich ein Zauber inne.

DJ-Technik

2 x Technics 1210

2 x Pioneer CDJ 800

Allen&Heathe Xone:92

Pioneer DJM 800

Videotechnik

4 Videobeamer Eiki LC XDP

Licht

2 x Stairville 1500 DMX Power Strobe

5 x Eurolite LED-Fluter 252

Soundsystem

6 x LB AL 208 Topteilemit AlArray-Technologie

4 x F 10 Topteile

8 x B 18 Bassboxen

2 x B 18-2 Bassboxen

9 x QSC RMX 2450 Endstufen

3 x Lautsprecher-Controller LB C 26

1 x Multiband-Limiter LB CT 3

2 x LB F 8 A Aktive Monitorlautsprecher

QSC RMX 5050 Endstufe

von Tobias Fischer

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