Quelle: https://www.beat.de/news/beat-tech-talk-kabel-heimstudio-10054827.html

Autor: Beat

Datum: 09.02.12 - 11:41 Uhr

Beat-Tech-Talk: Kabel im Heimstudio

Um die richtigen Kabel im Heimstudio ranken sich viele Legenden. Um Profi-Tipps aus erster Hand zu bekommen, trafen wir Thomas Sandmann, der seit fast dreißig Jahren als Berater für die Audioindustrie, Funk und Fernsehen tätig ist und in den Studios seines Unternehmens „master orange media group“ CDs und DVDs von Klassik bis Rock produziert.

Beat / USB-MIDI, Plug-ins, DAWs – braucht der Heimanwender heute überhaupt noch hochwertige Audiokabel?

Thomas / Mehr denn je. Die Aufnahmequalität einer Recording-Software auf einem normalen Heim-PC liegt heute auf einem derart hohen Niveau, dass man dem Heimstudio mit der Wahl eines guten Mikrofons und eines guten Vorverstärkers seine letzte Schwachstelle nehmen kann, nämlich das schlechte Eingangssignal. Und dazu gehört ein wirklich gutes Kabel.

Beat / Hand aufs Herz: Kann das richtige Kabel den Sound wirklich besser machen?

Thomas / Und wie! Je kleiner der Pegel und je höher die Impedanz, desto mehr unterscheiden sich verschiedene Kabel. Bei Gitarren hören das auch ungeübte Ohren, bei Mikrofonen muss man schon genauer hinhören.Nur bei hochpegeligen Signalen ist der Unterschied kaum wahrnehmbar. Wer noch herkömmlich mit einem Hardware-Mischpult arbeitet, wird aber auch hier Unterschiede erkennen, wenn mehrere Kanäle zusammenkommen. Bei Mikrofon-Signalen ist übrigens auch die Länge des Kabels wichtig, da mit zunehmender Länge die Kabelkapazität steigt. Es ist also eine gute Idee, den Mikrofonvorverstärker so nah wie möglich am Mikrofon aufzubauen.

Beat / Sollte man im Heimstudio grundsätzlich auf eine symmetrische Signalführung achten?

Thomas / Die braucht man nicht zwingend bei allen Signalen. Für die Entscheidung, wo symmetrisch übertragen werden sollte und wo nicht, gilt als Faustregel: Je kleiner der Pegel und je länger das Kabel, desto wichtiger ist eine symmetrische Signalführung. Für Line-Patchkabel in störungsfreier Umgebung braucht man sie also nicht. Für Mikrofone braucht man sie aber immer, neben der Störunterdrückung auch wegen der Phantomspeisung.

Beat / Welches sind zuhause die häufigsten Stör- und Fehlerquellen an Kabeln?

Thomas / Der häufigste Fehler sind Wackelkontakte. Damit die Kabel nicht kaputt gehen, sollten sie so verlegt sein, dass sie keiner Zugbelastung ausgesetzt sind. Brummstörungen sind ebenfalls in fast jedem Heimstudio anzutreffen. Sie lassen sich verringern, indem man Netz- und Signalkabel getrennt voneinander verlegt, sie nur rechtwinklig kreuzen lässt und Steckernetzteile weit von Audiokabeln entfernt installiert. Brummschleifen kann man auch vermeiden, indem die Signalmassen der Geräte nur an einer Stelle miteinander verbunden werden.

Beat / Immer mehr Versender locken mit Billig-Kabeln. Drei Gründe, warum man zu Qualitätsprodukten greifen sollte?

Thomas / Übertragungsqualität, Haltbarkeit und, nicht zu vergessen, maßhaltige Stecker.

Beat / Auf der Bühne wirken andere Belastungen auf die Kabel als zuhause. Worauf sollten DJs achten?

Thomas / Sie sollten darauf achten, ihre Kabel vernünftig zu behandeln. Zieht man einen Stecker aus einer Buchse, sollte auch wirklich am Stecker und nicht am Kabel gezogen werden, und beim Aufwickeln soll das Kabel nicht verdrillt werden und natürlich auch nicht geknotet – eine weit verbreitete Unsitte. Vernünftige Qualität von Markenherstellern vorausgesetzt, kann ein Kabel sehr lange halten.

Beat / Ist selbst löten noch angebracht?

Thomas / Für Standardkabel sicher nicht, denn die Preise fertig konfektionierter Kabel liegen kaum über denen der Komponenten. Dennoch ist löten für den Heimstudiobetreiber von Vorteil: Wer zum Beispiel eine Brummschleife nicht in den Griff bekommt, unterbricht an einem Stecker probeweise die Schirmung. Werden elektronisch symmetrierte Ausgänge asymmetrisch betrieben, erwarten manche Geräte den invertierenden Ausgang an Masse, andere hätten ihn gern offen. Wer löten kann, macht das dann halt mal eben.

Beat / Welche Tipps kannst du unseren Lesern für die Verkabelung ihres Heimstudios mitgeben?

Thomas / Verkabelt eure Studios von hinten nach vorne. Also erst die Lautsprecher an die Endstufe, dann die Endstufe an den Mixer- oder Computerausgang und so weiter. Nach dem Stecken jedes Kabels alle Geräte einschalten und hören, ob es brummt. Wenn ja, sofort den Fehler beseitigen und erst dann weiterverkabeln. Nur so lassen sich Brummschleifen sicher vermeiden. Wenn das Geld nicht reicht, spart an den Kabeln der Abhöre und kauft gute für eure Mikrofone. Bei denen hört man nicht nur größere Unterschiede, sondern nimmt die schlechtere Signalqualität und die Störgeräusche auch noch mit auf.

von Alexander Weber