Test

Twisted Electrons Acid8 MKII

Auch die Entwicklung der Acid8 wurde augenscheinlich von der legendären Roland TB-303 beeinflusst, Twisted Electrons setzt allerdings auf ein Hybrid-Konzept. Als Klangerzeuger dient ein digitaler 8-Bit-Oszillator mit 16 Wellenformen, fünf DSP-Effekte manipulieren den Klang, der weitere Signalweg über Tiefpassfilter und VCA ist analog. Der eingebaute Sequenzer bietet neben Rest, Accent und Slide auch Swing und Zufallsfunktion. Pattern können in Echtzeit bearbeitet und bis zu acht Pattern als Chain verknüpft werden. Mit einem kostenlosen Editor für Mac oder PC werden die Pattern im Detail bearbeitet, auch das Zeichnen eigener Wellenformen für den Oszillator ist möglich.

Anzeige

Hybride Klangerzeugung
Acid8 besitzt keine rein analoge Klangerzeugung und bildet eine solche auch nicht virtuell nach. Der Sound wird digital durch einen monophonen 8-Bit-Prozessor erzeugt, mit digitalen Effekten garniert und anschließend durch ein analoges Filter gejagt. Als Grundlage können Sie zwischen den vier Wellenformen Sägezahn, Rechteck, Dreieck und Sinus wählen. Für jede dieser Wellenformen stehen vier Variationen zur Verfügung, sodass Sie insgesamt aus 16 Alternativen wählen können. Umgeschaltet wird mit der unteren Tasterreihe, die vier linken Taster wählen die darunter abgebildete Wellenform und schalten mit jedem Druck eine Variante weiter, die aktuelle Auswahl wird durch die LEDs der vier Taster rechts daneben angezeigt. Mit den Drehreglern steuern Sie analoge Filter und Verstärker in den 303-typischen Parametern Filterfrequenz, -resonanz, Hüllkurvenmodulation, Decay-Zeit sowie Accent-Stärke.

Von 303 bis Chipsound
Mit den Standard-Sägezahn- und Rechteckwellen lassen sich durchaus TB-303-ähnliche Sounds erzeugen. Wer größtmögliche Authentizität möchte, sollte sich aber besser einem der mittlerweile zahlreicherhältlichen 1-zu-1-Klonen zuwenden. Acid8 will gar keine Kopie sein, sondern das Konzept mit charaktervollem eigenen Klang weiterführen. Hierbei hat der Entwickler durchaus auch auf die Chipsound- Fraktion geschielt. Die Rechteck-Variante SID ist inspiriert vom Soundchip des legendären Brotkastens C64, die Dreieck-Wellenform NES dagegen vom Klang des Nintendo Entertainment System. In Verbindung mit dem Pulswidth- und Arp-Effekt zaubert Acid8 äußerst überzeugende Heimcomputer-Sounds aus den Lautsprechern. Richtig nerdig wird es im Bit-Flipping-Modus. Hier können Sie jedes einzelne der acht Bits per Taster invertieren, was interessante Änderungen in den Harmonischen bewirkt. Reicht Ihnen das noch nicht aus, können Sie mit dem kostenlosen Editor sogar eigene Wellenformen malen und damit die jeweils vierte Variation jeder Wellenform überschreiben. Wenn Sie Env-to-Pitch aktivieren, steuert die eingebaute Hüllkurve auch die Tonhöhe. In Verbindung mit der Sinus-Welle erzeugen Sie auf diese Weise perkussive Synthesizersounds. Der eingestellte Sound wird gemeinsam mit dem Pattern abgespeichert. Dies können Sie aber abschalten und dann nur die Pattern umschalten, ohne dass sich der Sound ändert.

Sequenzer mit Extras
Ohne Zweifel ist auch der Sequenzer von der TB-303 inspiriert, geht in seinen Möglichkeiten aber deutlich darüber hinaus. Ein Druck auf den Encoder versetzt die Maschine in den Step-Modus. Jetzt können Sie mit dem Regler durch die einzelnen Schritte der Sequenz fahren. Jede Sequenz kann bis zu 16 Schritte lang sein, mithilfe der Skip-Funktion aber auch beliebig gekürzt werden. 16 LEDs dienen als Lauflicht und zeigen den aktuell gewählten Schritt an. Mit den Tastern wählen Sie dann die Tonhöhe für diesen Schritt und setzen einen Slide, einen Accent oder eine Pause. Accent verstärkt und verkürzt, wie bei der 303, die Filterhüllkurve. Aktivierter Slide sorgt für das typische stufenlose Übergleiten auf die Tonhöhe des nächsten Steps, wobei Sie sogar die Dauer des Gleitens individuell für jeden Schritt per Encoder anpassen können. Zwei weitere Taster erlauben das Transponieren der Mini-Tastatur um eine Oktave nach oben oder unten. Maximal drei Oktaven stehen Ihnen also zur Programmierung zur Verfügung. Spielen Sie Acid8 über MIDI, erhöht sich der Tonumfang zwar, außerhalb der mittleren drei Oktaven ist die Stimmung allerdings nicht immer ganz sauber umgesetzt. Bei der Noteneingabe springt der Sequenzer automatisch einen Schritt weiter, dieses Verhalten können Sie aber auch deaktivieren.

Echtzeit-Programmierung
Neben der Step-Programmierung können Sie Sequenzen auch in Echtzeit bei laufendem Sequenzer einspielen und ändern. Dies umfasst nicht nur die Tonhöhe. Auch die Taster Slide, Accent und Pausen werden live aufgezeichnet. Die laufende Sequenz transponieren Sie bei gedrückter Shift-Taste mithilfe der Oktave-Taster um eine Oktave. Ein in acht Stufen regelbarer Swing-Faktor sorgt für den richtigen Groove. Gefällt Ihnen das Pattern nicht, können Sie es per Tastendruck löschen oder aber mit der Randomize-Funktion eine zufällige Sequenz erzeugen und damit weiterarbeiten.

Pattern-Modus
Sind Sie mit der Sequenz zufrieden, sichern Sie das Pattern auf einem der 128 internen Speicherplätze. Im Pattern-Modus steht Ihnen ebenfalls eine Vielzahl an Möglichkeiten zur Echtzeit-Manipulation zur Verfügung. Sie können die Sequenz um eine Oktave oder mit der Mini-Klaviatur direkt auf den jeweiligen Halbton transponieren. Halten Sie Accent, Slide oder Rest gedrückt, werden diese Effekte dauerhaft auf die Sequenz angewendet. Lassen Sie die Taste wieder los, läuft die Sequenz wie gespeichert weiter. Einzelne Pattern können kopiert und eingefügt werden. Auch eine Verkettung von bis zu acht Pattern zu einem Song ist möglich. Mit vier verschiedenen Play-Modi verändern Sie die Abspielreihenfolge der Sequenz. Zur Wahl stehen vorwärts, rückwärts, alternierend sowie eine zufällige Reihenfolge der einprogrammierten Steps. Das Abspieltempo stellen Sie entweder mit dem Encoder ein oder drücken den Tempo-Taster mehrmals im Takt (Tap Tempo).

Effekte
Acid8 verfügt über fünf DSP-Effekte, die sich teils auf den Sound und teils auf die Sequenz auswirken. Scrub wiederholt einen einzelnen Schritt der Sequenz, die Auswahl des Steps erfolgt mit dem FX-Regler. Die eigentliche Sequenz läuft dabei im Hintergrund unhörbar weiter und ist damit automatisch wieder im Takt, wenn Sie den Effekt deaktivieren. Accent Oscillator ist eine Art Filter-LFO für Wobble- und Gater-Effekte, der FX-Poti regelt die Geschwindigkeit. Crush ist ein Bitcrusher-Effekt, der FX-Poti reduziert bei Linksdrehung die Bit-Tiefe und bei Rechtsdrehung die Samplerate. Mit Pulse Width verändern Sie die Pulsweite der Wellenform, Arpeggiator fügt Zwischennoten ein und erzeugt auf diese Weise schnelle Arpeggios. Die drei letztgenannten Effekte tragen maßgeblich dazu bei, dass sich mit Acid8 auch klassische Oldschool-Computerspiel-Sequenzen stilecht erzeugen lassen.

Fazit
Acid8 ist eine gute Wahl, wenn Sie die typischen Acid-Sequenzen mögen, aber gerne auch etwas digitalen Dreck und eigenständige Sounds in Ihren Produktionen haben. Der Sequenzer ist intuitiv programmierbar, die zahlreichen Echtzeit- und Zufallsfunktionen helfen locker über jede kreative Hemmung hinweg. Klanglich ist von durchsetzungsfähigen Bässen bis zu schrägen Chipsounds alles möglich. Der Synthesizer passt sowohl in den Club als auch ins Heimstudio, wo der kostenlose Editor die Bearbeitung bis ins kleinste Detail ermöglicht.

von Jan Wilking

Beat-Bewertung: 5.5 von 6 | Preis: 399 Euro

Zur Webseite

Anzeige