Test

Test: Image-Line Ogun

"Ogun" ist in der Religion der Yorube der Gott des Eisens. Gäbe es da einen passenderen Namen für einen auf die Erzeugung metallischer Klänge spezialisierten Synthesizer? Der additive Klangerzeuger kann mehr als 32000 harmonische Teiltöne generieren. Dabei erhält der Benutzer eine weitreichende Kontrolle über das harmonische Spektrum: So lassen sich die einzelnen Teiltöne in einem Wellenformfenster einzeichnen und durch leistungsfähige Funktionen modulieren.

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Ein Highlight ist die Möglichkeit, Audiodateien zu resynthetisieren. Bei diesem Vorgang werden zwei Zustände des Samples erfasst; sein Beginn und das Ende, wobei durch Morphing zwischen diesen beiden Zuständen überblendet wird. Dabei sollte man allerdings keine perfekte „Klonung“ eines Klangs erwarten – hier hat Sampling definitiv die Nase vorn. Vielmehr steht bei Ogun der schnelle Gewinn neuer Klangfarben im Vordergrund. Des Weiteren kann auch der Lautstärkeverlauf eines Signals analysiert und auf die Lautstärkehüllkurve übertragen werden. Diese Funktion ist beispielsweise sehr nützlich, um statische Klänge mithilfe von Drumloops zu rhythmisieren.

Zur weiteren Klangbearbeitung stehen ein resonanzfähiges Multimode-Filter sowie präzise Multisegmenthüllkurven bereit. Für zusätzliche Breite sorgt bei Bedarf eine Unisono-Funktion, während zur Klangveredelung Chorus, Delay, Reverb und Equalizer bereitstehen. Ein besonderes Schmankerl sind der ausgefuchste Hüllkurvensequenzer sowie das X/Y-Modulations-Pad, welches eine expressive Parametersteuerung in Echtzeit erlaubt. Dank der übersichtlichen Bedienoberfläche ist der Synthesizer trotz seiner Komplexität leicht bedienbar.

Fazit

Ogun beherrscht nicht nur FM-Standards, sondern auch herrlich komplexe Klänge spielend. Das Repertoire des Synthesizers umfasst Bässe, durchsetzungsfähige Lead-Sounds, metallische perkussive Klänge, schimmernde Flächen und Streicher sowie Glockenklänge. Dabei kann das Plug-in mit einem drahtigen, durchsetzungsfähigen Klang überzeugen. 

Nachgefragt: Didier Dambrin

Mario Schumacher sprach für Beat mit Didier Dambrin, dem Programmierer des Synthesizers Ogun und Chef-Softwarearchitekten bei Image-Line.

Beat / Was hat dich auf die Idee gebracht, einen additiven Synthesizer zu entwickeln, der sich auf die Erzeugung von metallischen Klangfarben spezialisiert?

Didier / Es ist sehr schwer, metallische Instrumente zu synthetisieren. Meines Wissens nach gibt es zum Beispiel keinen gut klingenden Synthesizer für realistische Beckenklänge. Die Initialzündung für Ogun war jedoch meine Arbeit an einem Glockenspiel. Dann begann ich mit einem kleinen additiven Synthesizer, um diese Klänge zunächst mit gebräuchlichen Mitteln zu erzeugen. Da dieser sehr schnell war, entschied ich später, tausend Teiltöne auszuprobieren. Ab diesem Punkt klingen Sounds mehr oder weniger unharmonisch. Das Ergebnis waren nette metallische Klänge. Also fing ich an, einen neuen Synthesizer auf der Grundlage einer anderen Methode zu entwickeln, denn obwohl die klassische additive Synthese tausende Teiltöne in Echtzeit erzeugen kann, ist sie noch immer sehr langsam.

Beat / Kannst du uns die Synthesearchitektur von Ogun näher erläutern?

Didier / In seinem Herzen basiert Ogun auf der schnellen Fouriertransformation, aber der Benutzer sieht dies nicht beziehungsweise braucht dies nicht zu sehen. Für den Musiker basiert der Klangerzeuger auf Zufall und Hüllkurven. Man wählt zwischen zwei zufällig generierten Gewichtungen des harmonischen Spektrums, die zwei Klangfarben steuern, kann zwischen diesen morphen und besitzt dank der Multisegmenthüllkurven noch immer die volle Kontrolle über jeden der unzähligen Teiltöne – falls man dies wirklich will.

Beat / Ogun kann ein großes Spektrum an verschiedenen Klängen erzeugen. Wird es zusätzliche Preset-Bänke geben?

Didier / Ganz bestimmt. Genau wie bei unserem Synthesizer Sytrus warten sicher viele Sounds erst noch darauf, entdeckt zu werden.

Beat / In der Bedienungsanleitung von Ogun empfiehlst du euren Synthesizer Morphine für die komplexe Resynthese. Planst du, diese Möglichkeiten von Ogun in der Zukunft ebenfalls zu erweitern?

Didier / Nein, Ogun ist für die Erzeugung einer großer Anzahl an Teiltönen ausgelegt und hat naturgemäß auch seine Grenzen. Ogun ist dafür gedacht, ausklingende oder anhaltende Instrumente derselben Klangfarbe zu programmieren. Dies ist nicht nur eine technische Begrenzung, sondern auch eine Einschränkung für den Benutzer. Es schon sehr schwer, mit tausenden Teiltönen umzugehen. Wenn wir also eine weitere Dimension hinzufügen, würde das noch einmal tausend Mal so viele Teiltöne bedeuten. Und dies kann meiner Meinung nach nur mithilfe eines cleveren grafischen Editors erfolgen. Aber vielleicht werde ich mich später einem solchen Resynthesizer widmen.

Beat / Was kommt als Nächstes von Image-Line?

Didier / Ein Plug-in für Glitch- und Scratch-Effekte mit dem Namen Gross Beat. Kurz gesagt, ist es wie eine Effektversion des existierenden Wave-Traveler-Plug-ins. Es erlaubt auch das Rearrangieren von Beats und nutzt denselben Hüllkurveneditor wie Sytrus, Ogun und Love Philter, allerdings erweitert durch neue Kurven für bessere Scratch- Effekte. Ich denke, wir werden in unserem Forum bald eine Betaversion anbieten können.

Bewertung
Name
Image-Line Ogun
Preis
79 EUR
Bewertung
(83%)
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