Test

Test: Focusrite Octopre mkII Dynamic

Unter der Bezeichnung Octopre bietet der Pro-Audio-Spezialist Focusrite bereits eine ganze Reihe hochwertiger Mikrofonvorverstärker, auf Wunsch sogar mit Digitalschnittstelle, an. Nun ergänzt der Hersteller eine Dynamiksektion und verspricht bequemes Recording aus einem Guss. „Dynamic“ heißt das Zauberwort, das den neuen Preamp besonders machen soll. Bei genauer Betrachtung aber zeigt sich, dass der Neue viele Funktionen von seinem kleinen Bruder übernommen hat, auf viele andere im Zuge der Optimierung jedoch leider verzichtet. Doch der Reihe nach.

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Formal ist der Octopre mkII Dynamic ein waschechter Recording-Preamp, dessen wichtigstes Merkmal neben den acht analogen Lineeingängen vor allem seine ebenfalls acht außergewöhnlich rein und transparent klingenden Mikrofonvorstufen sind – genug Eingänge also, um beispielsweise ein komplettes Schlagzeug oder die Band im Proberaum in einem Take zu mikrofonieren. Die in dieser Klasse serienmäßige Phantomspeisung wird separat in zwei Vierergruppen zugeschaltet und versorgt die Kondensatormikrofone mit der nötigen Vorspannung. An die Kanäle 1 und 2 lassen sich dank Impedanzanpassung auch hochohmige Instrumente anschließen, sodass man E-Gitarre oder -Bass trocken einspielen und später beispielsweise mit Amp-Simulationen verfeinern kann.

… und Digitales

Eine Besonderheit des neuen Octopre mkII Dynamic sind seine internen Wandler, die Samplingraten bis 96 kHz pro Kanal bei 24 Bit Wortbreite unterstützen. Focusrite setzt hier auf die hervorragenden Werte des CS4272-Stereo-Codecs von Cirrus Logic, der sowohl bei der A-D- als auch der D-A-Wandlung 114 dB Dynamik bietet. Für die Synchronisation mit dem übrigen Digitalequipment besitzt der Preamp einen Wordclock-Ein- und Ausgang. Das Gerät kann also wahlweise als Slave zu einem externen Takt arbeiten oder das Studio als Master mit einem sauberen Takt versorgen. Das ist wichtig, weil sich Focusrite konsequent auf das ADAT-Format als Digitalschnittstelle festgelegt hat. Grundsätzlich ist das kein schlechter Gedanke, denn bei vielen mittlerweile recht preiswerten Audiokarten, darunter zum Beispiel Systeme von Echo Audio, E-MU, MOTU oder RME, fristet der ADAT-Port ein Schattendasein und wartet nur darauf, durch einen Vorverstärker wiederbelebt zu werden – schließlich schlummern hier acht ungenutzte Audiokanäle, die auch aus einem kleinen Interface wie dem Gina 3G eine professionelle Recordinglösung machen können. Weil ADAT laut Standard maximal 48 kHz pro Kanal übertragen kann, bedient sich der Octopre des S-/MUX-Protokolls, um höhere Samplingraten auf zwei Kanäle zu verteilen. Damit trotzdem alle acht Kanäle genutzt werden können, hat Focusrite die ADAT-Anschlüsse gedoppelt und spielt die hochauflösenden Signale in Vierergruppen, die niedrigen Auflösungen gespiegelt aus.

Dynamik

Jeder Eingangskanal besitzt einen Einknopfkompressor, der technisch an den legendären Red-3-Dualkompressor angelehnt ist und dessen Pegelschwelle (Threshold) sich mit einem Dreh an das aufzunehmende Material anpassen lässt. Dem Regelverhalten liegt eine Softknee-Charakteristik mit fest vorgegebenen Zeitkonstanten von 1,2 und 28 Millisekunden für Attack und Release zugrunde. Wählbar ist hingegen das Kompressionsverhältnis, das entweder 2:1 oder 4:1 betragen kann. Mit diesen Werten lässt sich selbstverständlich nur eine leichte Vorkompression erreichen, um Pegelschwankungen zu minimieren und die Wandlerdynamik besser auszunutzen. Eine Effektkompression überlässt man besser den Plug-ins der DAW.

Fazit

Neu bedeutet beim Octopre mkII nicht per se besser, in jedem Fall aber anders. Denn ob der Verzicht auf wichtige Recordingfunktionen wie Pad, Phasendrehung oder Lowcut zugunsten der Dynamiksektion wirklich ein Gewinn ist, hängt nicht zuletzt vom Anwendungsfall ab. Wer häufig Einzelinstrumente, die Band im Proberaum oder Gesang abnimmt, wird die nützlichen Red-3-Dynamikhelfer für die Vorkompression nicht missen wollen. Arbeitet man hingegen häufig mit großen Klangkörpern oder Raummikrofonierung, kann man auf die Kompression leichter verzichten. Als Anwender hätten wir uns gern eine „zeitgemäßere“ digitale Einbindung gewünscht. So beliebt ADAT einst war, so überholt scheint der Standard angesichts breitbandiger FireWire- und USB-Schnittstellen mittlerweile. Und weil der verbaute ADAT-Transceiver Dice TCD2220 auch fließend IEEE1394 spricht, steht einem künftigen FireWire-Relaunch sicher nur noch wenig im Wege.

Bewertung
Name
Focusrite Octopre mkII Dynamic
Website
Pro
  • sehr gute Mikrofonvorverstärker
  • Red-3-Kanalkompressoren
  • 96-kHz-Unterstützung
Contra
  • fehlende Recordingfunktionen
  • kein Kopfhöreranschluss
  • nur ADAT-Schnittstelle
Preis
629 EUR
Bewertung
(83%)
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