Test

Test: Erica Synths Fusion Drone System - Modularsystem für die harte Gangart

Das lettische Unternehmen Erica Synths hat sich in der Modularszene bereits einen Namen gemacht und begeistert unter anderem mit Röhren-basierten Modulen der härteren Gangart. Das Fusion Drone System widmet sich genau diesem Genre und präsentiert sich als Spezialisten für Röhren-Sounds, Drones und Noise.

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Features
  • Modularsystem aus:
  • Fusion VCO
  • Fusion Ring Modulator V2
  • Fusion VCF V2
  • Black Modulator
  • Fusion VCA V2
  • Black EG (ADSR)
  • Fusion Modulations-FX
  • 104 HP Skiff-Case
  • inkl. 20 Patch-Kabel

Erica SynthsFusion Drone System: Überblick

Mit dem Fusion Drone System bekommen Anwender ein komplettes Modularsystem zum direkten Loslegen. Acht Module hausen in einem hochwertig verarbeiteten Gehäuse mit Seitenteilen aus Holz, die alles mitbringen, um Bässe, Leads, Pads, aber vorwiegend Drones kreieren zu können: Oszillator, Ringmodulator, Filter, Verstärker und Ensemble aus der Fusion-Serie sowie LFO, Hüllkurve und Multi aus der Black-Serie. Das Besondere an diesem System sind die insgesamt sechs verbauten Elektronenröhren, mit denen der Klang drastisch verzerrt werden kann. Auf diese Weise bekommt das Modularsystem eine große Portion Eigenleben und mehr als nur einen Klangerzeuger, die immer für eine Überraschung gut sind – doch eins nach dem anderen …

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Hybrider Oszillator

Der Fusion VCO ist ein hybrider Oszillator und erzeugt auf digitale Weise die Wellenformen Sinus, Dreieck und Rechteck, die sich über Kippschalter anwählen lassen. Diese klingen schön kernig und sind dank digitaler Schaltung stimmstabil. Ein stufenloses Überblenden oder getrenntes Abnehmen der Wellenformen über CV-Ausgänge ist leider nicht möglich. Schade! Allerdings gibt es einen zusätzlichen Waveshape-Regler, mit dessen Hilfe jede Wellenform stufenlos verändert werden kann, um auch dynamische Klangformungen zu ermöglichen. Über den eigenen CV-Eingang ist es zudem möglich, die Wellenform-Änderung über externe Modulatoren – wie beispielsweise einen LFO – zu beeinflussen. Auch für die Oszillator-Frequenz gibt es einen separaten CV-Eingang, womit metallisch-aggressive Sounds ohne weiteres möglich sind.

Das Besondere an diesem Oszillator ist jedoch die doppelte Suboszillator-Schaltung, die über zwei (analoge) Röhren das Signal in zwei unabhängige Sub-Oktaven unterteilt. Werden diese zum reinen Oszillator-Signal hinzugemischt, klingt das Ergebnis richtig fett, druckvoll und dreckig. Möchte man nun noch Frequenzen in höheren Lagen direkt rausfiltern und den Bass andicken, so hilft der Colour-Regler weiter. Dieser steuert die Cutoff-Frequenz des passiven Tiefpassfilters, der ebenfalls im Oszillator Platz gefunden hat. Doch nun kommt der Clou: über den Audioeingang des VCOs kann man auch Samples/Drum Machines etc. einschleifen und über den Röhren-basierten Suboszillator ein analoges Fundament hinzufügen, welches auf dem externen Signal basiert. Somit eignet sich der Fusion VCO nicht nur zu Kreation deftiger Wellenformen, sondern auch zum Andicken und „Analogisieren“ externer Signalquellen.

Ringmodulator

Das zweite Modul des Fusion Drone System heißt Fusion Ring Modulator, der auf Basis zweier Signale einen „neuen“ Sound generiert und diesen über einen Audio-Ausgang ausgeben kann. Wie für einen Ringmodulator gewohnt, können die Ergebnisse leicht metallisch und „spacig“ klingen. Entgegen dem Standard findet man auch hier wieder eine verbaute Röhre, die bei höheren Pegeln angenehme und sehr gut klingende Verzerrungen erzeugt. Der Colour-Wahlschalter fügt dabei entweder mehr oder eben weniger Obertöne hinzu. Generell eignet sich dieser Ringmodulator hervorragend dazu, einem Grund-Sound eine mystische Klangschicht aufzutragen, die ins Unberechenbare abdriften kann.

Für die Form: Filter

Geht man beim Fusion Drone System weiter nach rechts, so landet man beim Fusion VCF, dem Tiefpass-Filter mit wählbarer Flankensteilheit (12dB bzw. 24dB). Dieser verfügt zudem über drei separate Audioeingänge, die sich in ihrem Eingangs-Level unabhängig steuern lassen und das Filter um eine Mixer-Funktion ergänzen. Generell filtert der Fusion VCF hohe Frequenzen flach bzw. steil heraus und agiert sehr musikalisch. Dreht man jedoch das Eingangs-Level voll auf, zeigt sich die verbaute Röhre und verpasst dem Klang eine angezerrte Textur. In Verbindung mit hohen Resonanzwerten gerät das Filter in die Selbstoszillation und der Fusion VCF steigt zu einem interessanten Klangerzeuger hervor. Spätestens hier werden Anwender merken, dass das Fusion Drone System mehr als nur einen Klangerzeuger besitzt und durch die verbauten Röhren soviel Eigenleben besitzt, dass rationales Sounddesign weniger erwünscht ist. Doch durch den verbauten Mixer kann man die Portion Eigenleben noch um eine Stufe steigern, da der Aufbau einer Feedback-Schleife ohne weiteres möglich ist. Einziges Manko am Fusion VCF: es gibt keinen CV-Eingang für die Resonanz, also muss diese immer per Hand kontrolliert werden.

LFO & Hüllkurve

Für die dynamische Steuerung des Modularsystems gibt es einen LFO und eine ADSR-Hüllkurve. Letztere ist absolut klassisch gehalten und eignet sich dementsprechend, um unter anderem perkussive, einschwingende oder auch Klavier-ähnliche Lautstärke-Verläufe zu erzeugen. Der LFO hingegen eignet sich hervorragend für Filter-Wobbles, pulsierende Tonhöhen-Fahrten, Vibratos und sogar FM-Sounds, wenn dieser den Oszillator mit hoher Geschwindigkeit beeinflusst.

Der VCA am Fusion Drone System

Das Verstärker-Modul nutzt ebenfalls eine Röhre für harmonische Verzerrung und kann gleich zwei anliegende Signale ordentlich lauter machen. Das Tolle: Über den Feedback-Regler lässt sich der Ausgang zurück an den Eingang schicken, wodurch der Sound bis zu einem gewissen Grad druckvoller wird und anschließend komplett ausbricht. Zusätzlich gibt es noch die Röhren-basierte Übersteuerung, sobald die Eingangspegel aufgedreht werden. Dessen Intensität wird über den Deform-Regler kontrolliert, ein Wahlschalter wechselt zudem zwischen einer sanften, mittleren und harten Übersteuerung. Wem die bisherigen Module also allesamt zu lasch waren, wird mit diesem Verstärker fündig. Schade ist hingegen, dass man bei diesen tollen Übersteuerungs-Möglichkeiten nur einen CV-Eingang für das Ausgangs-Level hat und die harmonischen Verzerrungen nur manuell kontrollieren kann.

Ensemble

Das Fusion Delay Flanger Vintage Ensemble ist ein analoges Modul, welches auch als Desktop-Effekt von Erica Synth vertrieben wird. Dieses kombiniert zwei Eimerketten-Delay-Chips inklusive einer Röhre für die Übersteuerung und einer zusätzlichen Feedback-Schleife. Über einen Schalter wählt man zwischen kurzen und langen Delay-Zeiten, die in Verbindung mit dem Feedback-Parameter von ewigen Echo-Fahnen bis zu kurzen Jet-typischen Flanger-Effekten reichen. Dank der Stereo-Ausführung lassen sich Mono-Signale auch in breite Stereo-Effekte überführen und via Mix-Parameter zum originalen Mono-Signal mischen. Auf diese Weise bekommen die kreierten Modular-Töne eine sphärische Raum-Ebene mit einem „warmen“ Touch. Generell ist dieses Modul sehr flexibel und eine dimensionale Bereicherung für das sonst trockene Modularsystem. So gesehen ist das Fusion Drone System auch ein exzellentes Effektgerät, um beispielsweise langweilige Beats durch das Tiefpass-Filter zu formen und anschließend über das Ensemble-Modul in eine räumliche Galaxie zu schießen.

Fusion Drone System: Praxis 

Wer sich mit Synthesizern auskennt, wird sich am Fusion Drone System schnell zurechtfinden. Jedoch werden die Hörerwartungen auf eine Mauer prallen, da der Klang schnell „ausbricht“. Je nach Verschaltung können die Röhren-basierten Verzerrungen, Feedback-Schleifen und Resonanzen so viele Wechselwirkungen entfalten, dass aus einem Klang mal eben ein Geräusch wird. Ab dann ist es schwer, den entscheidenden Parameter zu finden, der das Gefährt wieder auf die Straße bringt. Dies soll nicht negativ gemeint sein, denn das Fusion Drone System präsentiert sich ganz klar als Drone- und Noise-Maschine und verhält sich auch genauso. Es bedeutet vielmehr, dass man dieses Modularsystem als ein ganz eigenwilliges Instrument verstehen muss, welches gerne mal ausschert und den Musiker im Noise-Regen stehen lässt. Doch zugleich ist dieser Noise-Regen eine wunderbare Welt aus vielschichtigen Klangfarben, die man bis zu einem gewissen Grad kontrollieren kann. Allerdings lassen sich auch knackige Bässe, aggressive Leads und quirlige Effekt-Sounds aus dem System kitzeln, denn CV-Eingänge für das tonale Spielen stehen bereit und das Aufdrehen aller Röhren, der Resonanz und der Feedback-Schleifen lässt sich auch vermeiden.

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Fazit

Mit dem Fusion Drone System haben die Entwickler bei Erika Synths ein ganz spannendes Musikinstrument entworfen, welches mit großer Wahrscheinlichkeit polarisieren wird: Während die einen es als überteuerten Geräuschemacher abstempeln werden, können sich Distortion-/Noise-Liebhaber auf beeindruckende Klangschichten freuen, die ihres gleichen suchen. Entgegen dem Namen ist dieses Modularsystem nicht nur auf Drones festgenagelt, sondern überzeugt ebensogut als brachialer Hardware-Effekt, knüppelharte Bass-Maschine und Lead-Spezialist.

Dieser Artikel ist in unserer Heft-Ausgabe 148 erschienen.

Bewertung
Name
Erica Synths Fusion Drone System
Pro
  • hochwertiger (Röhren-)Sound
  • sehr gute Verarbeitung
  • unkonventioneller Klangerzeuger
Contra
  • kein Finetuning beim Oszillator
  • teils starkes Rauschen beim Ensemble-Modul
  • nur ein CV-Eingang beim VCF & VCO
Preis
2329 EUR
Bewertung
(92%)
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