Test

Test: Doepfer Dark Energy

Es ist schon eine Weile her, dass Dieter Doepfer einen eigenständigen Analogsynthesizer gebaut hat, datiert doch der MS-404 auf das Jahr 1995. Im Gegensatz zu dieser TB-303-Emulation, deren Klangerzeugung vollständig diskret aufgebaut war, setzt der Hersteller beim Dark Energy nun auf den CEM3394-Chip, eine komplette Synthesizerstimme mit Oszillator, Filter und VCA aus der Feder von Doug Curtis.

Anzeige

Ergänzt wird der Synthesizer lediglich durch eine ADSR-Hüllkurve, zwei LFOs und einen PIC-Mikrocontroller, der das Gerät via MIDI und USB in die moderne computerbasierte Studioumgebung einbindet. Gleichzeitig entdeckt man aber schon beim ersten Hinschauen zahlreiche CV-Ein- und Ausgänge, womit Dieter Doepfer die Brücke zu seinen beliebten Modulsystemen schlägt. „Der Gedanke, mit dem Dark Energy in die Welt der analogen Synthis hineinzuschnuppern und dann auf ein größeres System umzusteigen, ist natürlich nicht abwegig. Weil das Gerät ja bereits eine Reihe analoger Schnittstellen bietet, kann man es zum Beispiel durch ein ,Minicase’ ergänzen und einen weiteren Oszillator, einen Rauschgenerator oder ein Sample-&-Hold-Modul hinzufügen. Wenn man dann vom Analog-Virus befallen ist, fällt der Umstieg auf das A-100 nicht mehr schwer“, erläutert Dieter im Gespräch mögliche Ausbauvarianten.

Klangerzeugung

Die Grundidee hinter dem Dark Energy ist schnell erklärt, denn die Architektur verkettet Oszillator, Filter und VCA zum bewährten Erfolgsmodell der subtraktiven Synthese. Die Besonderheit dieses Synthesizers aber liegt in seinem semimodularen Aufbau begründet. Zwar sind die seit Jahrzenten üblichen Standardmodulationen bereits intern vorverdrahtet, können aber durch das Umlegen von Kippschaltern schnell verändert werden. Dabei geht das Maß der Möglichkeiten weit über Gängiges hinaus: „Eines der wichtigsten Highlights, das man in dieser Form nicht kennt, dürfte die lineare Filtermodulation durch den Oszillator sein, denn üblicher Weise werden Filter immer exponentiell moduliert“, macht uns Dieter auf eine Besonderheit aufmerksam. „Erhöht man beim Filter die Resonanz bis zur Selbstoszillation, wird es selbst zum Sinusoszillator. Durch die lineare FM lässt es sich mit dem VCO modulieren. Gibt man nun noch eine LFO-Modulation im Audiobereich hinzu, erhält man schon recht extreme Klänge“, so Dieter weiter. Und in der Tat: Gerade die beiden LFOs, die mühelos bis 5 kHz schwingen, verhelfen dem Dark Energy zu einem Klangpotenzial, das weit entfernt ist von der hinlänglich bekannten VCO-VCF-VCA-Struktur.

Herzstück der Klangerzeugung ist der monophone Oszillator des CEM-Chips, der schon in Sequentials „Six Track“ zu begeistern wusste, und der neben einer modulierbaren Rechteckwelle mit einstellbarer Pulsbreite auch eine Dreieck- und Sägezahnschwingung erzeugen kann, die sich mit dem Rechteck mischen lässt. Sowohl die ADSR-Hüllkurve als auch LFO1 oder LFO2 können für diverse Modulationen eingesetzt werden. Der 24-dB-Tiefpass bietet einen Frequenzbereich von etwa zwölf Oktaven, Selbstoszillation sowie FM mittels LFO oder Hüllkurve.

CV-Buchsen

Alle Ein- und Ausgänge für die Steuerspannungen sind durch Miniklinken realisiert. Serienmäßig verbunden sind Hüllkurve und invertierter LFO sowie Oszillator, Pulsweite, Filter und Amp-Ausgang. Hinzu kommen ein Gate und ein externer Audioeingang, mit dessen Hilfe sich ein Audiosignal in die Klangformung einspeisen lässt. Dank MIDI- und USB-Eingang fungiert der Dark Energy auch als MIDI-to-CV-Interface und stellt dafür vier CV-Ausgänge auf der Rückseite bereit, die festen MIDI-Befehlen zugeordnet sind.

Frickelfaktor

Der Dark Energy wäre nicht von Doepfer, würde er nicht eine gehörige Portion Bastelpotenzial mitbringen. Ein Blick ins Innere offenbart Jumper und Trimpotis, durch die sich nicht nur Einfluss auf den vorverdrahteten Signalweg, sondern auch auf die Frequenzbereiche oder die Verstärkung nehmen lässt. Auch den MIDI-Thru kann man direkt auf der Platine abgreifen um mehrere Geräte mono- oder polyphon zu kaskadieren. Damit nicht genug, hat der Programmierer Christian Assall doch auch noch einen Arpeggiator in die MIDI-Schnittstelle integriert, dessen Betriebsmodi mittels einfacher Programmwechsel umgeschaltet werden.

Fazit

Kompakt, hochkomplex und schlau gemacht – der Dark Energy ist nicht einfach ein weiterer Analogsynth und schon gar kein MS-404-Nachfolger. Dank organischer Curtis-Klangerzeugung, schaltbaren Verknüpfungen sowie MIDI- und USB-Integration wird er zu einem flexiblen Klangkraftwerk auf dem Schreibtisch oder beim Liveauftritt. Doch bei Doepfer ist man bereits weiter: „Wir denken schon an eine Erweiterungskiste mit Namen ,Dark Matter’, die mit Noise, Random, zweitem VCO, VCLFO oder Multimode-Filter noch einige Ergänzungen beinhalten könnte. Hier ist aber alles noch mitten im Diskussionsstadium und nichts entschieden“.

Bewertung
Name
Doepfer Dark Energy
Website
Pro
  • kraftvolle analoge Klangerzeugung
  • Curtis-Filter
  • semimodulare Struktur
  • CV-Schittstelle
  • USB-/MIDI-Interface
Preis
Dark Energy: 398 Euro; A-111-5: 300 Euro
Bewertung
(100%)
Mehr zum Thema
Anzeige