Quelle: https://www.beat.de/test/test-densitygs-ivcs3-app-10057809.html

Autor: Marco Scherer

Datum: 21.08.14 - 15:22 Uhr

Test: densitygs iVCS3 App

Mit dem iVCS3 hat densitygs eine offizielle Emulation des EMS VCS 3-Synthesizers vorgestellt. Regt die App ebenso zu wilden Klangexperimenten an, wie einst das Vorbild?

Bereits 1969 vorgestellt, kann man den VCS3 wohl als legendär bezeichnen. Er war der erste tragbare Synthesizer überhaupt und hat auf unzähligen Alben von Tangerine Dream, Pink Floyd oder Jean-Michel Jarre Musikgeschichte geschrieben. Der iVCS3 möchte als günstige Alternative Vintage-Sound und -Handling ins Studio bringen. Ist der Versuch gelungen?

Bewährtes Design

Das Interface des iVCS3 teilt sich in zwei Oberflächen sowie einige Menüs für globale Einstellungen und das Datei-Management. Die erste bildet den VCS 3 originalgetreu ab, auf der zweiten gibt es eine ganze Reihe von interessanten Zusatzfunktionen zu entdecken. Die grundlegende Klangerzeugung erfolgt durch drei Oszillatoren. Ersterer bietet einen mittels Waveshaper verformbaren Sinus und eine feste Rampen-Schwingung, die beiden anderen bieten ebenfalls per Waveshaper veränderbare Rechteck- und Dreieck-Wellenformen. Oszillator 1 und 2 lassen sich im Bereich von 1 Hz bis 10 kHz stimmen, der dritte arbeitet zwischen 5 Hz und 500 Hz. Damit macht dieser Schwingkreis vor allem als LFO oder Sub-Oszillator eine gute Figur. Ergänzend ist ein Noise-Generator vorhanden, dessen weißes Rauschen mittels Hoch-/Tiefpass für verschiedene Anwendungen vorbereitet werden kann. Als Bearbeitungsstufen steht ein Ringmodulator mit Vintage- oder modern sauberer Charakteristik und ein 24-dB-Tiefpassfilter bereit. Die Resonanz reicht bis zur Selbstoszillation und kann tonal gespielt werden. Gegenüber dem Original wurde in den iVCS3 eine Glide-Modifikation „eingebaut“, dank der das Filter in der Lage ist, besser auf hochfrequente Modulations- Signale anzusprechen.

Etwas anders

Für Klangverläufe gibt es einen Envelope Shaper, der Attack, Hold, Decay und einen Off-Parameter bietet. Letzterer macht das Loopen der Hüllkurve möglich. Entgegen üblicher Konventionen erfolgt die Lautstärke- Bearbeitung direkt im Envelope Shaper, das Signal muss also hindurchgeführt werden. An seinem Trapezoid- Ausgang liefert er aber auch eine virtuelle Steuerspannung, mit der sich weitere Parameter wie etwa Cutoff beeinflussen lassen. Des Weiteren ist ein Federhall an Bord, der auch andere Algorithmus- und Faltungsbasierte Reverb-Typen bereitstellt. Die beiden Ausgangsverstärker besitzen neben Mute-Schaltern sowie Lautstärke- und Pan-Reglern weitere Hoch-/Tiefpassfilter. Sind diese Stufen durchlaufen, können beide Signalstränge getrennt mit Flanger oder Delay-Effekten sowie Kompressoren veredelt werden.

Steueraufgaben

Zum Spielen besitzt die App eine bis zu drei Oktaven umfassende Klaviatur nach Vorbild des EMS DK1-Keyboards. Als Besonderheit bringt sie einen weiteren Oszillator inklusive Verstärker mit, so dass man auf insgesamt vier Schwingkreise zugreifen kann. Für Parameterfahrten gibt es zusätzlich einen virtuellen Joystick mit einstellbaren Range-Werten, ferner ist ein Trigger-Knopf für den Envelope Shaper vorhanden. Alternativ zur GUI kann man den Synthesizer auch weitgehend via MIDI steuern. Zur Verknüpfung aller Baugruppen dient eine Steckmatrix. Für Verbindungen stehen weiße und grüne Pins bereit, Letztere dämpfen Signalstärken um etwa ein Drittel ab.

Multitalente

Bisher unerwähnt geblieben sind die beiden externen Eingänge. Hier werden beispielsweise die virtuellen Steuerspannungen und Oszillator-Signale des Keyboards in das System eingespeist, zudem kann man Klänge und Geräusche von einem externen Mikrofon, Audiointerface oder anderen Apps einbinden. Der iVCS3 ist sowohl zu Audiobus als auch Apples Inter-App-Audio kompatibel. Darüber hinaus gibt es zwei integrierte Sampler. Audioschnipsel lassen sich direkt aufnehmen und einladen. Zu guter Letzt dienen die Eingangswege auch der Einbindung des integrierten Sequenzers. Sind diese schon belegt, können aber auch die Joystick-Kanäle verwendet werden. Der Sequenzer verfügt über getrennte Spuren für beide Beschickungsarten mit bis zu 32 Schritten. Neben Notenwerten lassen sich auch Anschlagstärke und Pan-Werte notieren. 

Fazit

Was die Klangqualität angeht, so kann man den Entwicklern nur gratulieren. Sämtliche Bausteine des iVCS3 liegen nahe am analogen Urgestein, in einigen wichtigen Punkten kann man zwischen Vintage- und sauberer Arbeitsweise wählen. Auch die nicht im Original enthaltenen Elemente wie Effekte oder Sampler bringen eine Portion Retro-Charme mit. Angefangen bei Leads und Bässen reicht das Repertoire weit bis ins Experimentelle. Allein mit der Verstimmung einzelner Oszillatoren lassen sich höchst interessante Klänge schaffen, die heute noch genauso modern und innovativ klingen wie Ende der 60er. Das Ganze hat natürlich seinen Preis: Bei niedriger Latenz und der Nutzung aller Funktionen kommt ein iPad 2 schnell ins Schwitzen.


Produktdaten
ProduktnameiVCS3
Herstellerdensitygs
Preis14 €
Webseitehttp://www.densitygs.com
Bewertung4.6/5 Sterne
Pro
  • detaillierte Nachbildung des VCS 3
  • originalgetreuer Sound
  • unterschiedliche Oszillatoren
  • viele Bearbeitungsstufen
  • zwei Sampler
  • integrierter Sequenzer
  • flexible Steueroptionen
Contra
  • sehr komplex
Bewertung
1.4
sehr gut