Test

Test: Clavia Nord Lead A1

Atemberaubender Sound und eine einfache aber leistungsfähige Bedienoberfläche, das sind die markantesten Merkmale des neuen Nord Lead A1. Ist auch Clavias Neuer ein steter Quell an Inspiration?

Anzeige

Nachdem Clavia mit dem Nord Lead 4 im vergangenen Jahr ein neues Synthesizer-Flaggschiff herausgebracht hat, schiebt der Hersteller nun eine etwas preisgünstigere Variante nach: den Nord Lead A1. Dieser zeichnet sich vor allem durch sein auf einfache Bedienung hin getrimmtes Bedienkonzept aus, das es ermöglichen soll mit wenigen Handgriffen abwechslungsreiche, stets hochwertige Sounds zu kreieren. Als Synthesesystem wird die gleiche VA-Engine eingesetzt wie beim großen Bruder, in Sachen Klangqualität kann man die Messlatte also getrost hoch anlegen. Wie von Clavia gewohnt gibt es die Neuerscheinung in Form eines Keyboards oder als Desktop- beziehungsweise Rack-Version namens A1R. Technisch sind beide Modelle identisch, neben der Klaviatur wurden beim A1R lediglich das für die Firma prägnante Modulationsrad aus Stein sowie der hölzerne Pitch-Stick eingespart. Beat hat sich die Keyboard-Ausführung ins Studio geholt und überprüft, ob das reduzierte Nutzerinterface nun vornehmlich die Kreativität in den Mittelpunkt stellt, oder ihr an der einen oder anderen Stelle auch einen Stein in den Weg legt.

Typisch Clavia

Der Nord Lead A1 wird, wie auch alle anderen Instrumente von Clavia, in Handarbeit hergestellt. Die Verarbeitung ist grundsolide, sowohl das rote Metallgehäuse als auch die Bedienelemente wirken überaus stabil. Dank seiner kom pakten Maße von 86 mal 9 mal 27 Zentimetern und weniger als fünf Kilogramm Gewicht lässt sich das Gerät leicht transportieren, so dass man es neben dem Studio auch sehr gut für Live-Einsätze benutzen kann. Die anschlagdynamische, 49 Tasten umfassende Klaviatur von Fatar gewährleistet nuanciertes Spiel, nur Aftertouch ist nicht vorhanden. Zur Performance-Unterstützung gibt es neben dem schon erwähnten Modulationsrad und Pitch-Stick zwei Oktav-Taster, mit denen man die Klaviatur schnell um zwei Oktaven nach oben oder unten transponieren kann. Die Erzeugung von Klängen erfolgt durch vier Parts, jeder bringt einen voll ausgestatteten Synthesestrang mit. Sie können entweder geschichtet, einzeln via MIDI angesteuert oder mittels Split- Funktion auf zwei Keyboard-Bereiche aufgeteilt werden. Insgesamt sind mit dem Instrument 26 Stimmen gleichzeitig möglich, es arbeitet mit einer Auflösung von 24 Bit und 96 kHz.

Anschlüsse

 Zur Ausgabe von Audiosignalen besitzt der Nord Lead A1 einen Stereo-Kopfhörerweg und vier unsymmetrische Line- Anschlüsse. Die Steuerung per MIDI kann über DIN-Schnittstellen oder einen USBPort erfolgen, letzterer dient zusätzlich Firmware-Updates und dem Austausch von Klangprogrammen mit der Nord Sound-Manager-Software. Da fast alle Bedienelemente des A1 Steuerdaten senden, macht er auch als Controller eine gute Figur. Ergänzend sind dann noch zwei Eingänge für einen Fußschalter und ein Schweller-Pedal vorhanden. Lediglich auf Audioeingänge muss man verzichten, als Filter und Multieffekt für externe Signale taugt Clavias Neuerscheinung also nicht.

Einstieg

 Die Bedienoberfläche des Nord Lead A1 setzt sich aus 23 Drehreglern, drei Endlos- Encodern und 26 Tastern zusammen. Optisch werden die gerade aktiven Einstellungen durch drei kleine Displays und eine Vielzahl an LED-Anzeigen dargestellt. Verschachtelte Menüs gibt es nicht, alle Funktionen lassen sich spätestens über Tastenkombinationen direkt einstellen. Dank durchdachtem Design können also auch unerfahrene Nutzer sofort ins Klanggeschehen eingreifen.

Alles simpel?

 Das stromlinienförmige Konzept des A1 wird vor allem in seiner Oszillator-Sektion deutlich. Sie kommt mit nur wenigen Bedienelementen aus, die Synthese- Möglichkeiten sind aber trotzdem vielfältig. Insgesamt stehen 47 verschiedene Wellenformen zur Auswahl. Neben allerhand Vertretern aus dem analogen Sektor umfassen sie auch metallisches Klanggut für zum Beispiel Glockenklänge, Wellenformen nach Vorbild von Orgeln und E-Pianos sowie digitale und Formant-Varianten. Ist eine Wellenform ausgewählt, lässt sie sich mit dem Konfigurationsbereich bearbeiten. Zu den hier verfügbaren Optionen zählen neben einfachen Tonhöhenanpassungen ein Waveshaper für die Verformung der Schwingung, harte Synchronisation mit einem „versteckten“ Zweit-Oszillator oder die Beimischung von weißem Rauschen. Alternativ kann eine zusätzliche Sinus-, Dreieck-, Sägezahn- oder Pulswelle zum Signal hinzugefügt werden, als Stimmung sind verschiedene gängige Abstände gegenüber dem ersten Oszillator wählbar. Schräge Werte lassen sich mittels der Detune- Funktion realisieren. Welche Wellenform hierbei genutzt wird, hängt vom ersten Schwingkreis ab. Zu guter Letzt gibt es dann noch Frequenz- und Amplitudenmodulation. Ein breites Angebot also, mit dem man den Grundstein für weiche wie auch harte Sounds jeder Gangart legen kann.

Sixpack

 Auf die Oszillator-Sektion folgt das Filter des Nord Lead A1, es bietet insgesamt sechs Arbeitsweisen. Die ersten vier teilen sich in 12-dB- und 24-dBTiefpässe, ein Hoch- sowie ein Bandpass-Modell auf. Alle Varianten liefern typisch runden Clavia- Sound, sehr hohe Resonanzwerte blenden das Restsignal fast vollständig aus. Als fünfter Filtertyp ist eine Nachbildung von Moogs Minimoog- Schaltung an Bord. Sein Sound ist deutlich fetter, die Resonanz greift den Tiefen-Bereich weniger stark an. Das letzte Filter-Modell hat Rolands TB-303 Bassline zum Vorbild. Wie nicht anders zu erwarten verbreitet es typisches Acid-Flair, lässt sich neben stilechten Bässen aber auch für eine ganze Menge anderer Anwendungen hervorragend gebrauchen. Bei Extremeinstellungen stimmen alle Filter ein mehr oder weniger aggressives Pfeifkonzert an, für weitere Klanganpassungen gibt es einen Drive-Parameter. Die Grenzfrequenz kann auf Wunsch der gespielten Tonhöhe folgen, die Stärke der Beeinflussung ist in drei Stufen einstellbar.

Einschränkung

Als letzte Stufe der Klangerzeugung steht ein Verstärker im Signalweg. Er wird durch eine Hüllkurve gesteuert, die Potentiometer für Attack, Decay und Release mitbringt. Dreht man den Decay-Regler auf Rechtsanschlag, verwandelt sich der Zeitwert in eine durchgängige Sustain-Phase. Eine zumeist gut funktionierende Vereinfachung, hin und wieder dürften sich viele Soundschrauber dann aber doch nach einem vollwertigen ADSRModulator sehnen. Für Tonhöhe und Filter-Grenzfrequenz gibt es eine weitere ADR/ASR-Hüllkurve, sie lässt sich invertieren. Beide Instanzen können auf Wunsch abgängig von der Anschlagstärke betrieben werden. Rhythmische Modulationen sind mithilfe eines LFOs möglich. Er bietet fünf Wellenformen, im Einzelnen Sägezahn, Rampe, Dreieck, Rechteck sowie Sample & Hold. Neben stetigem Betrieb kann der LFO auch als zusätzliche Mini-Hüllkurve fungieren, als Ziele sind erneut Tonhöhe und Filter vorhanden. Ergänzend ist ein Vibrato-Generator an Bord, der drei Betriebsarten mitbringt. Die ersten beiden beeinflussen den Oszillator auf sanfte Art, im dritten Modus kann man den Einfluss mit dem Modulationsrad selbst regeln.

Drei gute Dinge

Zur Veredelung von Sounds besitzt jeder Part beziehungsweise Synthesestrang drei Effekt-Blöcke. Beim Ersten kann man zwischen Drive-Stufe, Ringmodulator und den Modulationseffekten Flanger, Phaser, Chorus und Ensemble wählen. Zur Bearbeitung reicht dem A1 ein Potentiometer, die Klangqualität ist durchweg exzellent. Der zweite Effekt-Bereich bietet normale oder Ping- Pong-Delays mit einem von vier festen Feedback- Werten. Das Tempo lässt sich per Tap-Taster oder Drehregler bestimmen. Der dritte Effekt-Block ist dem Thema Hall gewidmet. Er bietet fünf Hallräume, die dem Hauptsignal stufenlos beigemengt werden können.

An die Tasten!

Als Spielhilfe hat Clavia dem Nord Lead A1 einen Arpeggiator spendiert. Er kann eine bis vier Oktaven abdecken und vorwärts, rückwärts, alternierend oder im Zufallsmodus laufen. Sein Tempo lässt sich frei einstellen oder zur internen Clock des Instrumentes synchronisieren. Gleiches ist auch bei LFO und Delay-Effekt möglich. Auf diese Weise arbeiten alle besonders zeitkritischen Komponenten Hand in Hand, mit Hilfe einer externen MIDI-Clock kann man das Gerät auch zu externem Equipment gleichschalten. Die Spielmodi der Synthesestränge umfassen Mono- und Legato- sowie drei Unison-Arbeitsweisen, ergänzend gibt es ein Glide-Potentiometer. Natürlich ist auch die schon von anderen Clavia- Instrumenten bekannte Morphing-Funktion an Bord, mit der sich mehrere Parameter gleichzeitig durch das Modulationsrad, ein angeschlossenes Pedal oder die Anschlagstärke überblenden lassen. Sounds sind einzeln oder für alle Parts gemeinsam als Performance speicherbar. Neu ist hierbei die sogenannte Like-Funktion, mit der man schnell bis zu 50 Variationen einer Klangfarbe in Snapshots festhalten kann. 

Fazit

Clavia hat nicht zu viel versprochen! Trotz seines simplifizierten Aufbaus ist der Nord Lead A1 ein ausgereifter Synthesizer mit enormem Klangpotenzial. Dank seiner vielseitigen Oszillator- und Filtersektionen sind der Kreativität kaum Grenzen gesetzt, von butterweichen Flächen über sanfte bis aggressive Bässe und Leads bis hin zu experimentellen Sounds und Schlagwerk ist alles leicht mit ihm umsetzbar. Die Effekt-Blöcke geben anschließend den letzten Schliff. Durch die Möglichkeit, vier Synthesestränge gleichzeitig nutzen zu können, lassen sich mehrere Klangfarben zu enormen Soundwänden schichten oder Melodien durch eine Begleitung oder einen Rhythmus ergänzen. Funktionen wie der Arpeggiator geben hierbei gute Hilfestellung. Qualitativ spielt das erzeugte Audiomaterial auf ähnlich hohem Niveau wie beim Nord Lead 4, selbst eingefleischte Synthesizer- Freaks dürften also voll zufriedengestellt werden.

Bewertung
Name
Clavia Nord Lead A1
Pro
  • robustes Äußeres
  • innovatives Oszillator-
  • Konzept
  • große Wellenform-Auswahl
  • vielseitiges Filter
  • schnelle Modulatoren
  • drei Effekt-Stufen
  • hervorragender Klang
  • leicht bedienbar
Contra
  • kein Aftertouch
  • keine vollwertigen ADSR-Hüllkurven
Preis
1736 EUR
Bewertung
(92%)
Anzeige