Test

Elektron Octatrack: Außergewöhnlicher Sampler im Test

Mit dem Octatrack möchte Elektron das Sampling wieder zur Kunstform erheben. Da stellt sich die Frage: Ist der Octatrack lediglich ein flexibler Sampler oder doch eine vollständige Liquid-Audio-DAW im Hardwareformat? Doch vor allem: Wird Sampling endlich wieder spannend? 

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Bereits seit über einem halben Jahr rührt der schwedische Hersteller Elektron die Werbetrommel für seine Sampling-Groovebox Octatrack. Mit aufwändig produzierten YouTube-Videos und vollmundigen Versprechen wurde die Musikergemeinde „heiß“ auf den neuen Boliden gemacht, Details zu Funktionsumfang und Nutzbarkeit blieben hingegen lange im Dunkeln. Nun wurde die erste Produktionsserie ausgeliefert und das Gerät muss sich in der Studio- und Live-Praxis bewähren.

Kleiner Bruder

Wie schon der Synthesizer Monomachine und der Drumcomputer Machinedrum steckt auch der Octatrack in einem grundsoliden Metallgehäuse. Im Gegensatz zu den älteren Brüdern ist die Farbgebung aber dunkel gehalten, trotzdem sind sämtliche Beschriftungen gut ablesbar. Wie vom Hersteller gewohnt prangt in der Mitte der Bedienoberfläche ein relativ grob auflösendes grafisches Display, umgeben von zahlreichen Tastern, einem Lautstärkepoti sowie sieben Endlos-Encodern. Letztere wirken im Gegensatz zu den in Monomachine und Machinedrum verbauten Varianten griffiger und stabiler, womit ein großer Kritikpunkt vergangener Elektron-Geräte ausgeräumt wurde. Auch die verschiedenen Schalter machen einen durchweg soliden, wertigen Eindruck und lassen sich leicht bedienen. Die für den Step-Sequenzer zuständigen Taster sind zudem leicht angeschrägt, was das schnelle „Wischen“ über große Teilbereiche erleichtert und somit die schnelle Programmierung von Rolls ermöglicht. Eine weitere Neuerung ist der Crossfader des Octatrack, der schnell zwischen zwei Szenen und damit unzähligen Parametern überblenden kann, doch hierzu später mehr.

Als Speichermedium für Samples und Projektdaten setzt Elektron auf Compact-Flash-Karten, ab Werk ist bereits ein 4-GB-Modell enthalten. Die Übertragung von Samples erfolgt bequem per USB-2.0-Anschluss, Sicherheitskopien von Projekten inklusive Sample-Material sind damit durch wenige Mausklicks möglich. Die Audioanschlüsse umfassen vier Ein- und Ausgänge im 6,3-mm-Klinkenformat. Letztere sind in Cue- und Main-Kanäle unterteilt, das Routing erfolgt bequem auf der Bedienoberfläche. Auch eine Kopfhörerbuchse ist mit von der Partie, ebenso das obligatorische MIDI-Trio. Die Stromversorgung erfolgt – wie bei allen „Elektrons“ – durch ein externes AC-Netzteil.

Elektron Octatrack Stretching

Das Betriebssystem des Octatrack stellt acht Spuren zur Verfügung. Jede Spur kann mit einer von vier „Maschinen“ belegt werden, die dem Abspielen und der Weiterverarbeitung von Samples sowie dem Mischen von Spuren und externem Audiomaterial dienen. Hier wäre an erster Stelle die „Flex Machine“ zu nennen. Wie der Name vermuten lässt, ist sie die flexibelste Abspielengine des Octatrack. Eingeladene Samples werden ins RAM des Gerätes übertragen und können dort frei gestretcht oder in der Tonhöhe verändert werden. Auch andere Parameter wie Startpunkt und Länge sind mit nur einem Dreh schnell bearbeitet. Durch Doppeldrücken des Playback-Tasters erreicht man ein zweites Menü, das zusätzliche Funktionen wie Looping oder Slicen zur Verfügung stellt.

Speziell für längere Audiodateien ist alternativ die „Static Machine“ enthalten. Anders als bei der Flex-Machine wird Klangmaterial mit dieser direkt von der Compact Flash Karte gestreamt, womit auch der Einsatz langer Loops oder sogar kompletter Tracks möglich wird. Im Gegensatz zum Flex-Modell sind die Bearbeitungsoptionen hier zwar etwas eingeschränkt, Timestretching und Tonhöhenveränderungen sind aber auch hier in breitem Umfang möglich.

Verdrehtes Sampling

Der Abspielsektion nachgestellt ist eine Verstärkersektion mit AHD-Hüllkurve. Dank umfassender Retrigger- und Sync-Funktionen erlaubt diese, auch Timing-genaue Gate-Effekte, die sowohl mit rhythmischem als auch melodischem Material zu äußert vielseitigen Ergebnissen führen können.

Zur weiteren Verbiegung stehen zwei Effektblöcke pro Spur bereit. In jeden Effektblock kann einer von zehn Effekten eingeladen werden. Das Angebot umfasst Filter, zwei verschiedene Equalizer, Kompressor sowie Modulationseffekte. Zusätzlich sind Delay, virtueller Plattenhall und ein LoFi-Algorithmus enthalten. Die Geschwindigkeit von beispielsweise Phaser oder Flanger wird vom Octatrack automatisch an das Songtempo angepasst, sodass sich der Nutzer voll auf die Ausarbeitung seiner Musik konzentrieren kann.

Für Modulationen stehen drei LFOs pro Spur bereit, die auf so ziemlich jeden Parameter angewendet werden können. Neben elf Preset-Wellenformen ist es auch möglich, eigene Wellenformen zu erzeugen, womit die LFOs als Mini-Sequenzer mit 16 Schritten fungieren. Leider können aber nur direkte Parametersprünge genutzt werden, fließende Übergänge sind zumindest in Version 1.0 der Firmware noch nicht möglich. Vielleicht schiebt Elektron dieses Feature aber noch nach, schließlich sind die Schweden bekannt für ihre erstklassige Produktpflege und Updatepolitik.

Wem die gebotenen Effekte und Modulationsmöglichkeiten noch nicht ausreichen, der kann mit der sogenannten „Neighbor Machine“ zwei Kanäle verketten. Damit stehen dann eine weitere Verstärkersektion, zwei zusätzliche Effektblöcke sowie erneut drei LFOs zum Verdrehen des Sample-Materials bereit. An letzter Stelle soll auch die „Thru Machine“ nicht unerwähnt bleiben. Diese erlaubt das direkte Durchschleifen von eingehenden Audiosignalen, womit der Octatrack auch als Mischer und externes Effektgerät genutzt werden kann.

Die achte und letzte Spur verdient besonderes Augenmerk. Neben dem Einsatz mit einer der vier genannten Maschinen kann sie als Mastertrack fungieren, um die Summe aller Audiosignale vor der Ausgabe gemeinsam zu bearbeiten. Dies kann ganz klassisch mit zum Beispiel Equalizer und Kompressor erfolgen, aber auch das gemeinsame Zerhäckseln mit LoFi- oder Modulationseffekten und LFOs ist möglich.

Natürlich ist das direkte Samplen mit dem Octatrack ebenfalls kein Problem. Einfach die Klangquelle an das Gerät anschließen, einpegeln und schon kann es losgehen. Auch das nachträgliche Schneiden von Lopps und Samples ist möglich, die Verwaltungsstruktur zeigt im Sampling-Bereich allerdings noch kleine „Umständlichkeiten“, die durch ein wenig Übung aber leicht überwunden werden können, sodass auch dieses Feature durchaus livetauglich ist.

Schwung

Der Sequenzer des Octatrack basiert auf dem erfolgreichen Konzept von Monomachine und Machinedrum. Bis zu 256 Pattern können in einem Projekt verwaltet werden, jedes kann Informationen für alle acht internen Spuren enthalten. Aufgeteilt sind die Pattern in 16 Bänken, zudem sind acht Arrangements innerhalb eines Projektes möglich. Einzelne Pattern fassen bis zu 64 Schritte, Swing- und Slide-Parameter bringen Schwung in steife Notierungen. Im Gegensatz zur Monomachine wird die Tonhöhe beim Octatrack abhängig vom Sample notiert. Für klassisch ausgebildete Musiker mag diese Arbeitsweise im ersten Moment verwirrend erscheinen, funktioniert in der Praxis jedoch erstklassig. Der optische Crossfader lässt das Überblenden zwischen zwei Szenen zu. In einer Szene können beliebig viele Parameterwerte gespeichert und dann weich überblendet werden. Von anderen Herstellern ist diese Funktion auch als Parameter-Morphing bekannt. Neben den acht internen Tracks lassen sich auch externe MIDI-Spuren erstellen, sodass der Octatrack als Steuereinheit für andere Hard- und Software genutzt werden kann.

Octatrack: Vielseitiges Instrument

Wie an dieser Stelle bereits ersichtlich geworden sein dürfte, ist das Konzept des Octatracks möglichst offen gehalten, um verschiedene Arbeitsweisen gleichsam zu unterstützen. Für Einsteiger kann der flexible Arbeitsweg zwar zunächst eher Fluch als Segen sein. Hat man das Konzept allerdings einmal verstanden, möchte man es so schnell nicht mehr missen. Die Erstellung und Bearbeitung eigener Tracks läuft fließend, Besitzer anderer Elektron-Produkte dürften auch ohne einen Blick ins Handbuch schnell mit sämtlichen Funktionen zurechtkommen.

Die Klangqualität der verschiedenen Sampling-Maschinen ist über jeden Zweifel erhaben, auch bei harten Eingriffen in Abspielgeschwindigkeit und Tonhöhe treten vergleichsweise wenig Artefakte auf. Die Effekte lieferten ebenfalls keinen Grund zur Beanstandung. Alle Algorithmen arbeiten sauber und bieten den typischen Elektron-Sound. Im Verbund mit anderem MIDI-Equipment können auch ausschweifende Live-Sets einfach realisiert werden, DJs hingegen werden besonders die direkten Sampling-Funktionen schnell zu schätzen wissen.

Eine Beurteilung, wofür der Octatrack besonders geeignet ist, fällt somit schwer: Durch die Architektur wird ein breites Feld an Anwendungen möglich, eine solche Flexibilität findet man in kaum einem anderen Stück Hardware. Für einige Zwecke mag der aufgerufene Preis zwar etwas hoch erscheinen, schaut man sich alle Features in der Gesamtheit an, ist der Octatrack aber in jedem Fall seinen Preis wert.

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Fazit

Mit dem Octatrack hat Elektron sein Programm um einen exzellenten Sampler erweitert. Ob als vielseitiges Musikinstrument, als flexible Abspiellösung mit reichhaltigen Bearbeitungsmöglichkeiten oder als edles Effektgerät – der Octatrack ist für eine Menge Spaß zu haben. Die Verarbeitung ist gleichsam hochwertig, sodass ihm auch im harten Live-Alltag ein langes Leben attestiert werden kann. Wer noch zweifelt, sollte selbst Hand anlegen. Doch Vorsicht: Hier besteht definitiv Suchtgefahr!

Bewertung
Name
Elektron Octatrack
Pro
  • flexible Achitektur
  • vier Sample-Machines
  • Thru-Machine für Effekteinsatz

  • LFOs & Effekte

  • hohe Klangqualität
Preis
1249 EUR
Bewertung
(100%)
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