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Sounddesigner: Tim Prebble

Filmmusikkomponisten genießen heute in cineastischen Kreisen ein hohes Ansehen. Reportagen und „Making Of“-Dokumentationen zelebrieren ihre Leistungen, während im Konzerthaus die Werke eines Jerry Goldsmith neben denen von Ravel und Tschaikowsky aufgeführt werden. Doch obwohl ein guter Soundtrack immer sowohl aus Musik als auch Geräuschen besteht, kennt kaum jemand selbst die bekanntesten Sounddesigner beim Namen. Für Tim Prebble spielt das auch gar keine Rolle. Wir sprachen trotzdem mit ihm – über seine Arbeit, seine akustischen Erinnerungen und darüber, wie schön es klingen kann, jemandem eins mit einer Flasche überzuziehen.Tim Prebble liebt seinen Job. Seit Mitte der Achtziger war er an über fünfzig Produktionen beteiligt und hat sich zu einem der angesehensten Sounddesigner Neuseelands entwickelt. Dass ihn trotzdem außerhalb eines engen Kreises von Kollegen und Insidern praktisch niemand kennt, ist für ihn dennoch eher ein Kompliment als ein Ärgernis.

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Beat / Tim, enttäuscht es dich eigentlich, dass dich kaum ein Kinobesucher namentlich kennt?

Tim / Keineswegs. Ich war schon immer der Meinung, das Werk solle für sich sprechen. Zudem möchte ich auch nicht, dass man den Mechanismen der Produktion zu viel Beachtung schenkt. Im Kino geht es darum, niemals diesen Augenblick des Staunens loszulassen. Und wenn es da ein Element im Soundtrack gibt, das dich vom Filmerlebnis ablenkt, und du anfängst, es bewusst wahrzunehmen, dann ist er in gewisser Hinsicht gescheitert. Ich ziehe es grundsätzlich vor, dass mir jemand erzählt, er habe den Film als Film genossen und nicht einen bestimmten Aspekt des Sounddesigns. Ein Film ist eine Gruppenarbeit, und die beste Arbeit ist immer mehr als die Summe ihrer Teile. Das Publikum kennt sich heutzutage technisch sehr gut aus, und wenn sich jemand eingehender für das Sounddesign interessiert, dann steht ihm online ein riesiger Berg an Informationen zur Verfügung. Aber zuallererst geht es darum, ein emotionales Kunstwerk in Echtzeit zu erleben.

Beat / Trotzdem kann man den Eindruck gewinnen, als sei Sounddesign als eigenständige Disziplin in den vergangenen zwei Jahrzehnten immer wichtiger geworden …

Tim / Der wichtigste Teil eines Soundtracks sind trotzdem immer noch die Dialoge. Denn ohne eine tolle Geschichte und Schauspieler, mit denen du mitfühlen kannst, gibt es keine dramatische Spannung. Und der größte Teil davon wird nun einmal durch die Gespräche der Charaktere vermittelt. Aber natürlich sind alle Elemente eines Soundtracks wichtig, und genau wie bei einer Jazzband bekommt jeder einmal die Gelegenheit zu einem Solo. Obwohl man einen sehr direkten Musikeinsatz vielleicht bewusster wahrnimmt, kann dich eine subtile Stimmung oder ein bestimmtes Geräusch genauso berühren, ohne dabei groß die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Aus Erfahrung kann ich sagen: Jeder gute Regisseur hat eine ausgeprägte Meinung zu jedem Aspekt eines Soundtracks – und genau, wie jeder Film einzigartig ist, gilt dies genauso für Regisseure.

Beat / Wie siehst du ganz allgemein das Verhältnis zwischen Bild und Klang?

Tim / Beide Aspekte haben eine faszinierende Beziehung, und das ist einer der maßgeblichen Gründe, weshalb ich Filme so liebe: Der Klang kann extrem die Art und Weise beeinflussen, wie wir ein Bild sehen und interpretieren. Dies geschieht sehr offensichtlich durch Filmmusik, aber ich interessiere mich auch für diskretere Mittel. David Lynch hat einmal gesagt: „Filme sind zu fünfzig Prozent visuell und zu fünfzig Prozent Klang. Manchmal ist der Klang sogar wichtiger als das Bild.“ Und damit trifft er den Nagel auf den Kopf. Ich denke oft, dass Bilder den bewussten Teil unseres Gehirns beeinflussen, während Sounds in das Unterbewusstsein eindringen und dort unsere Gefühle verändern. Es sieht zwar zunächst so aus, als gebe es eine Hierarchie der Wahrnehmungen, aber trotzdem sind sowohl Klang als auch Musik so unglaublich kraftvoll.

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