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Porträt: The Human League

The Human League waren niemals wirklich weg. Doch nach der Enttäuschung über den kommerziellen Fehlschlag ihres vorigen Werks „Secrets“ schien sich das Trio vom Studio verabschiedet zu haben. Plötzlich jedoch ist da wieder ein neues Album, „Credo“, und es klingt kein bisschen nostalgisch. Das macht auch Sinn. Denn statt im Achtzigerjahre-Rummel mitzumischen, hatte die Formation niemals Angst vor der eigenen Vergänglichkeit – und wollte immer am liebsten genau auf der Höhe ihrer Zeit sein.

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Ein Zimmer im Hamburger Wyatt-Hotel. The Human League sitzen an einem kleinen Tisch, Songwriter Phil Oakey auf einem bequemen Sessel, die beiden Sängerinnen Susan Ann Sulley und Joanne Catherall direkt auf dem Sofa daneben. Catherall versucht gerade, mit ihrem iPad ins Hotel-Netzwerk zu kommen („Man muss doch die dreißig Freiminuten ausnutzen!“), während Oakey und Sulley ihre Späße treiben. Vor dreißig Jahren haben sie mit ihrem Album „Dare“ und dem Hit „Don’t you want me“ Millionen Platten verkauft, danach mit Produzenten-Legenden wie Martin Rushent, Chris Thomas, Jam & Lewis und Ian Stanley gearbeitet. Auch heute noch, anlässlich der Veröffentlichung von „Credo“, sind Medienvertreter aus ganz Deutschland angereist, um mit ihnen zu sprechen. Doch nichts deutet darauf hin, dass ihnen der Ruhm zu Kopf gestiegen ist: In einem Zeitungsartikel über die reiche Musikgeschichte ihrer Heimatstadt Scheffield vergaß man sie einmal zu erwähnen, weil man den Bandmitgliedern so oft im Supermarkt oder auf der Straße begegnete, dass man sie schlicht nicht mehr als Stars wahrnahm. So gesehen war die Gründung ihres eigenen Studios eine Art Wendepunkt in ihrer Karriere – und ein guter Einstieg in ein Gespräch über Einflüsse, Perspektiven, die Liebe zur Musik und die Bedeutung von Fortschritt.

Beat / Wie wichtig war die Gründung eures eigenen Studios 1989?

Paul Oakey / Es war eine wichtige Entscheidung. Ich weiß aber nicht, ob es auch eine gute war (lacht). Es hat uns auf einen einzigen Ort festgelegt. Vorher hatten wir in verschiedenen anderen Studios aufgenommen, was unsere Horizonte beträchtlich erweitert hat.

Beat / Es hatte also nichts damit zu tun, dass ihr eure eigene Stimme finden wolltet?

Paul Oakey / Nein, die Gründe waren rein finanzieller Natur. Meine eigene Stimme hatte ich bereits Weihnachten 1978 gefunden. Damals sind alle verreist und ich bin zuhause geblieben und habe mit Synthesizern gearbeitet. Ich hatte ein System 100 und einen Sequencer und war glücklich. Wenn ich hingegen ein richtiges Studio betrete, bin ich sofort irritiert. Ich mag keine Mischpulte. Was mir gefällt, ist an furchterregenden Sounds zu basteln und auch das Schreiben der Texte und Melodien macht mir nichts aus. Aber ich überlasse es lieber anderen zu entscheiden, ob die Hi-Hat in Takt neunzig laut genug ist.

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