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Label-Portrait: International Deejay Gigolo

Die Geschichte von International Deejay Gigolo beginnt als Seitenprojekt des seinerzeit bedeutend bekannteren Disco-B. Inzwischen hat DJ Hells kreative Spielwiese eine beeindruckende Langlebigkeit an den Tag gelegt – und sich auf einem von austauschbaren Plattenfirmen übersäten Markt eine ganz eigene Nische erkämpft.von Tobias Fischer

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Erkennbarkeit, so lehren einen Marketing-Apostel, sei die einzige Möglichkeit, als Label zu überleben. Solche Weisheiten freilich kümmern jemanden wie Helmut Geier herzlich wenig. Die Mechanismen des Marktes waren bei ihm schon immer den Gesetzen des Tanzflurs untergeordnet und veröffentlicht wurde nicht, was angesagt war, sondern nur, was er auch in einen seiner eigenen Sets als DJ Hell spielen würde. Im Jahr 2002, zum Höhepunkt des Electro-Clash-Booms, den er selbst maßgeblich eingeleitet und dem er einen Namen und ein Gesicht verliehen hatte, zog er sich, angewidert von der musikalischen Einfallslosigkeit der Szene, unvermittelt aus ihr zurück und verlagerte den Schwerpunkt auf seine alten Lieben – Chicago House und Detroit Techno. Es war nicht das erste Mal, dass Gigolo nach für Außenstehende praktisch nicht nachvollziehbaren Gesetzmäßigkeiten die kreative Ausrichtung änderte oder sich einer anbahnenden Vereinnahmung durch Community oder Presse entzog. Doch was es durch diese Umbrüche an einfacher Image-Zuordnung einbüßte, hat das Label durch musikalische Qualität praktisch immer wettgemacht.

Dass Gigolo bis heute eine bunte Spielwiese für den ungemein vielschichtigen Geschmack von Hell geblieben ist, wird wieder auf der aktuellen Folge der jährlichen „We are Gigolo“-Label-Zusammenstellung, die bereits in die dreizehnte Runde geht, deutlich. Hypnotische Trance-Hymnen und Jazz-House-Angehauchtes steht darauf neben Poetry-n-Beats-Experimenten und einer Neuauflage von L.U.P.O.s Klassiker „Hell or Heaven“. Mit einem elegisch-verträumten Club-Edit von Gillas „Der Strom der Zeit“ erlaubt sich der gebürtige Münchner sogar einen Abstecher in Schlagergefilde, der aber auf dieser einundzwanzig Tracks umfassenden Tour de Force kein bisschen deplatziert wirkt. Peinlich, so wird einem schon bald klar, ist Geier so gut wie nichts. Ironisch oder gar humorvoll gemeint sind diese Referenzen aber auch nicht. Vielmehr geht es um einen Aspekt, der in einer zunehmend durchprofessionalisierten Industrie immer mehr an Gewicht verliert: Spaß. Und den macht „Gigolo Music Ltd 13“, vertreten von Künstlern wie Christian Prommer, Dannzy Daze oder der Snuff-Crew, über die gesamte, mehr als zwei Stunden währende Spieldauer praktisch ausnahmslos.

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