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Eine Frage des Respekts

Die meisten aktuellen Kopfhörer-Modelle halten gerade einmal eine Saison – der HD 25 schon fast ein Vierteljahrhundert. Es ist die Erfolgsgeschichte eines Kopfhörers, der nicht nur durch seinen Klang und eine unerreichte Stabilität überzeugt, sondern zu einem festen Bestandteil der DJ-Kultur geworden ist. Ein Rückblick auf eine 25 Jahre währende Herzensangelegenheit.von Tobias Fischer

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Manchmal weiß man in dieser schnelllebigen Zeit nicht einmal mehr, was es gestern Abend zu Essen gab. Um so bemerkenswerter, dass sich der umtriebige Bob Sinclair noch ganz genau an einen scheinbar belanglosen Augenblick vor immerhin zehn Jahren erinnert. Bis zu diesem Moment hatte der französische Produzent und DJ seine Kopfhörer für den Einsatz im Club mehr oder weniger willkürlich ausgewählt und sich zu dem Thema nur wenig tiefere Gedanken gemacht. Doch als ihm ein Kollege ein Paar Sennheiser HD 25 in die Hand drückte, war er schlagartig bekehrt. „Es sind einfach die besten Headphones“, so Sinclair heute. „Ihr Klang ist rein, neutral und extrem druckvoll.

Der Sound geht direkt ins Ohr und trotzdem tun sie nicht weh. Das ist sehr wichtig, wenn man drei Stunden lange Sets spielt.“ Solche Aussagen werden natürlich gerne auf aktuellen Promo-Events gemacht und tatsächlich findet sich das Interview mit Sinclair auf einer Sennheiser-Seite. Und dennoch spricht Sinclair mit seinem Statement Tausenden DJs auf der ganzen Welt aus der Seele.

Der HD 25 ist nicht nur ein Klassiker, sondern das, was man gemeinhin als „Kult“ bezeichnet – ein Produkt, das von Generation zu Generation weitergereicht und nicht mehr hinterfragt wird, ein ebenso selbstverständlicher Teil der Techno-Kultur wie die Technics SL-1200 Turntables oder eine Four-to-the-Floor-Bassdrum.

Endloses Schwärmen

Ein Ende der Erfolgsgeschichte scheint nicht in Sicht. Sogar Tyll Hertsens, Kopfhörer-Papst bei der Headphone-Seite Inner Fidelity, kommt beim Thema HD 25 gar nicht mehr aus dem Schwärmen heraus: „Was ich an diesen Kopfhörern liebe, ist, dass das Sennheiser-Produktteam vor einem Vierteljahrhundert hervorragenden Klang (…) auf den Punkt gebracht und seitdem sinnvollerweise nicht mehr verändert hat.“ Das erste Modell wurde 1989 veröffentlicht, zumindest entnimmt Hertsens das dem Originalhandbuch des HD 25, 2007 folgte dann das Nachfolgemodell „II“. Seit neustem hat sich noch ein weiterer Sprössling hinzugesellt, der Adidas Originals, der allerdings bis auf ein paar blaue Farbtupfer auf den Ohrmuscheln und dem Bügel sowie einem deutlich höheren Preis technisch mit dem genannten Sennheiser HD 25 II identisch ist. Wer wirkliche klangliche Innovationen sucht, wird dafür bei dem Amperior fündig, einer konsequenten Weiterentwicklung des ursprünglichen Konzepts in Richtung Spitzenqualität. Im Amperior wurden viele der Plastikkomponenten durch Aluminiumelemente ersetzt, was für ein tieferes, gleichmäßigeres und satteres Klangbild sorgt und damit noch höheren Ansprüchen genügt.

Was genau macht diesen Kopfhörer so besonders? Der vielleicht offensichtlichste Vorteil besteht in seiner absolut unverrückbaren Passform aufgrund des geteilten Bügels – auch ein Schlagzeuger wie Lars Ulrich von Metallica, der für sein energisches und körperintensives Drumming bekannt ist, vertraut deswegen weiterhin auf den HD 25 zugunsten bedeutend teurerer Studio-Alternativen. Dass die Headphones zudem extrem robust sind und sich beispielsweise im Falle eines Kabelbruchs leicht reparieren lassen, hat zu ihrer Beliebtheit ganz bestimmt beigetragen. Doch es ist vor allem der Sound des Oldtimers, der vielen bedeutend jüngeren Konkurrenten regelmäßig den Rang abläuft. Hertsens beschreibt ihn als „lebendig und ausgewogen, mit einem tighten und sauberen Bass und Mitten, die gut proportioniert sind und angenehm mit dem Bass und den Höhen harmonieren.“

Zwar können die Höhen schon mal scharf werden. Doch legt man dies dem HD 25 eher als ein erkennbares Persönlichkeitsmerkmal aus denn als Manko. Es spricht in diesem Zusammenhang Bände, dass sogar viele professionelle Mixing-Engineers und Produzenten die Kopfhörer regelmäßig im Studio einsetzen.

Nähe zur Szene

Was aber noch viel wichtiger ist: Während die meisten DJ-Modelle neuer, vor allem auf eine spektakuläre Optik ausgerichteter Hersteller leicht als reines Kalkül und vom Marketing geleitete Produktdifferenzierung durchschaubar sind, ist der HD 25 eines der ersten Produkte, das speziell auf DJs auslegt wurde. Da mag die Konkurrenz mit cleveren Konzepten zum Auffalten oder besserer Schallisolierung punkten – man merkt dem Sennheiser die Nähe zu den Wurzeln immer noch an. Wer sich über seinen andauernden Stellenwert einen Eindruck verschaffen will, muss nur einmal in einen Testbericht schauen, in denen es sich der Rezensent erlaubt, die HD 25 zu kritisieren. Die leidenschaftlichen Verteidigungs-Statements der DJs sind verständlich: Hier geht es um mehr als Technik, hier geht es um Respekt.

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