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Club-Report: Charles Bronson, Halle

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Wenn Musiker ihr eigenes Label gründen, ist das inzwischen kaum mehr eine Schlagzeile wert. Doch nur Wenige investieren auch in ihren eigenen Club. Allein schon deswegen ist das Charles Bronson etwas Besonderes. Hinter dem Projekt verbergen sich vier Musikbegeisterte mit einer Leidenschaft für ansprechende Visuals, vielseitige Musik und einem optimalen Sound. In ihrer Mission lassen sie sich selbst von Bombendrohungen nicht aufhalten.

von Tobias Fischer

 

Man würde das Konzept des Charles Bronson noch am ehesten in Berlin verorten, wo sich um das Berghain herum ein eigener Mikrokosmos gebildet hat. Oder bei Locations wie der Distillery und dem Kassablanca, die in Leipzig und Jena eine starke Techno-Achse gebildet haben. Tatsächlich aber findet man den Club in Halle/Saale, einer Stadt, die bislang bundesweit weniger für seine lebendige Musikkultur und eher für den dort ansässigen Sitz des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt Bekanntheit genoss. Daran, dass sich dieser Eindruck sogar international rapide verändert, sind die vier Köpfe hinter dem Bronson maßgeblich mitbeteiligt. Bei ihnen gibt es keine Grenzen zwischen ihren eigenen Produktionen, dem Output ihrer Label „What!What! Records“ und „Mambo“, den dazugehörigen Booking-Aktivitäten sowie dem Club.

Ein gutes Beispiel für die gegenseitige Befruchtung der Bereiche, ist der Austausch mit den „Round Table Knights“, einem Schweizer House-Kollektiv, deren Mitglieder man in Halle bei einem Gig kennengelernt hat. Aus der Freundschaft entstand ein Remix für das Knights-Album auf „Made to Play“, ein Remix für eine aktuelle EP auf „Mambo“ und ein reger Austausch zwischen dem Bronson und dem Bonsoir-Club in Bern. Die Knights sind nicht die Einzigen, die gerne der Einladung nach Halle nachkommen. Denn dass man dort mit einer „Funktion One“ eine der besten Anlagen im Umkreis findet, hat sich inzwischen herumgesprochen.

Beat / Ihr scheint ganz besonders viel Wert auf einen herausragenden Sound zu legen.

Charles Bronson / Als Produzent und Musiker hat man, denke ich, im Allgemeinen ein anderes Gehör. Der richtige Sound ist für eine Party unerlässlich. Es darf nichts weh tun, aber trotzdem muss die PA genügend Druck zustande bringen, um das Gefühl der Musik zu transportieren. Bei einer schlechten Anlage fühlen sich die Leute oft nicht wohl. Die meisten wissen dabei gar nicht, warum. Es ist oftmals mehr eine unterbewusste Wahrnehmung. Man muss ganz klar sagen, dass die Anlage nur so gut klingen kann, wie die örtlichen Gegebenheiten es zulassen und natürlich vom Techniker darauf eingestellt wurde. Wir hatten uns selbst vorher ein System zum Testen geliehen, um zu sehen, ob es uns überhaupt gefällt. Das hat es.

Beat / Wie haben die Besucher die Anlage angenommen?

Charles Bronson / Nachdem die Anlage eingebaut war, kamen wirklich viele Rückmeldungen von Leuten, die sich gefreut haben, bestimmte Songs das erste Mal richtig gespürt zu haben. Es kommen viele Faktoren zusammen, damit ein Club funktioniert, und die Anlage ist einer davon. Das bringt dir allerdings nichts, wenn Atmosphäre und Booking nicht stimmen.

Beat / Welches Klangbild habt ihr ganz konkret angestrebt?

Charles Bronson / Wir haben natürlich versucht, die Räumlichkeiten so gut es geht, für die Akustik der Anlage zu optimieren. Dafür haben wir eine abgehangene Akustikdecke installiert und die entscheidenden Wände mit schweren Molton-Bahnen abgehangen, um ein möglichst trockenes Klangbild im leeren Raum zu erzeugen. Oftmals hört man von Technikern: „Ja, wenn der Raum voll ist, klingt es gut“. Wir aber wollten erreichen, dass der Raum sich möglichst immer gleich anhört. Das ist natürlich streng genommen nicht möglich. Aber zumindest kann man das Empfinden dafür stark beeinflussen. Im Studio warte ich ja auch nicht darauf, dass viele Leute kommen, damit ich einen akzeptablen Sound hinbekomme.

Oftmals reicht es den DJs, wenn viel Bass da ist. Aber es ist sehr schön zu beobachten, wie erstaunt manche sind, wenn sie erleben, wie differenziert eine Bassline auch im Club übertragen werden kann, ohne Frequenzlöcher oder Frequenzen, die verzerrt werden, weil die Anlage am absoluten Limit fährt.

Beat / In wieweit kann man, ähnlich wie beim Berghain, von einem Bronson-Sound sprechen?

Charles Bronson / Von einem Bronson-Sound zu sprechen, ist schwierig, da wir keinen reinen elektronischen Sparten-Club anstreben. Das Berghain und die Panorama-Bar stehen für einen klar ausdefinierten Stil. Das würde in Halle nicht funktionieren und das wollen wir auch nicht. Dafür hören wir viel zu gerne unterschiedlich Facetten der Musik. Zum Abhören von kommenden Veröffentlichungen auf unserem Label nutzen wir die Anlage allerdings trotzdem. Es ist wirklich von Vorteil, das Gefühl eines Tracks in einem größeren Raum wahrzunehmen. Das ist oftmals entscheidend für den Produktionsprozess.

Beat / Wie sind die Planungs- und Aufbauarbeiten für die Anlage konkret abgelaufen?

Charles Bronson / Wir haben verschiedene Setups im Vorfeld getestet, bis wir uns für die richtige Kombination entschieden haben. Beraten hat uns dabei ein Veranstaltungstechniker und Sound-Nerd aus Leipzig, der sich mittlerweile seit vielen Jahren mit Funktion-One-Systemen beschäftigt und ebenfalls einige Clubs damit ausgestattet hat. Die Aufbauarbeiten waren dabei recht unspektakulär: Ausmessen, richtige Positionierung finden, Halterungen bohren, festschrauben. Entscheidend war die Feineinstellung des Gesamtsystems, wobei ich sagen muss, dass sich dieser Bereich außerhalb meines Wissens bewegt. Wir sind sehr interessiert an Sound-Optimierung, aber irgendwann wird es zu einer Wissenschaft für sich und man sollte die Profis ranlassen.

Beat / Inwiefern nehmt ihr generell immer wieder Anpassungen an die bestehende Technik vor?

Charles Bronson / Das Basis-Setup verändert sich eigentlich nicht. Bei reinen Vinyl-DJs verändert man manchmal gerade den Bassbereich, da dieser oftmals schon druckvoller kommt als bei einem digitalen Medium. Aber generell sind wir der Überzeugung, dass man auf Sound-Einstellungen, die sich bewährt haben, auch zurückgreifen sollte. Sonst sucht man nach der berüchtigten Nadel im Heuhaufen.

Beat / Spielt es aus eurer Sicht irgendeine Rolle, ob ein DJ mit CD, Vinyl oder digital auflegt?

Charles Bronson / Grundsätzlich nicht. Allerdings merken wir immer wieder, dass DJ-Systeme wie Traktor oder Serato die Beziehung zwischen DJ und Publikum nicht immer positiv beeinflussen. DJs mit Vinyl oder CD haben oft einen besseren Draht zum Publikum, da sie sich nicht auf den Rechner konzentrieren – der Blick geht in die tanzende Masse. Bei DJs mit Rechner geht der Blick sehr oft ausschließlich auf den Bildschirm, was natürlich eine Distanz aufbaut. Man ist ja auch in gewisser Weise Entertainer für die Leute. Wenn die Gäste das Gefühl haben, dass der DJ mit ihnen feiert und nebenbei neue Platten reinhaut, ist das für den Vibe immer besser als jemand, der aussieht, als würde er gerade seine Steuererklärung machen.

Beat / Eine Besonderheit des Charles Bronson scheint mir die intensive und enge Beziehung zu visuellen Künstlern zu sein, vor allem aus der Street-Art-Szene.

Charles Bronson / Wir arbeiten sehr eng mit der Künstlergruppe „Klub7“ aus Berlin zusammen, welche zum überwiegenden Teil aus Leuten besteht, die genau wie wir in Halle geboren und aufgewachsen sind. So wurden in einem Projekt unsere Monats-Flyer als Puzzlegrafik gestaltet. Mit einem Arbeitsaufwand von über hundert Arbeitsstunden war das schon ein ganz schönes Mammutprojekt. Aber es hat sich voll gelohnt und der Zuspruch der Leute war enorm. Ebenfalls ein enger Kooperationspartner sind die „Cromatics“ aus Dresden, welche mit Projekten wie „Secret Wars“ und dem „Paint Club“ sehr spannende Ansätze gefunden haben, um Street-Art für nicht Involvierte greifbar zu machen und das Ganze in eine Art Wettkampf zu verpacken. Der Mehrwert für den Club ist – zusätzlich zur Musik – eine weitere Kunstform ins Spiel zu bringen und die Künstler zu unterstützen. Viele von ihnen hätten es sonst sehr viel schwerer, ihre Fähigkeiten im legalen Rahmen zu präsentieren.

www.wearecharlesbronson.de

 

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