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Aufbruch: Saite Zwei

„Liberation of Time“ ist erst die zweite Veröffentlichung des Wismarer Duos Saite Zwei. Doch stecken dahinter viele Jahre Erfahrung. Die Geduld hat sich gelohnt: Der um ein ultra-lässiges Orgel-Lick aufgebaute Track hat das Zeug zum Sommer-Hit. Wir sprachen mit Jonas Liedtke und Philipp Krüger über die Magie an der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine.

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Beat / Eure ersten Performances sollen Missy Elliott und The Prodigy miteinander kombiniert haben.

Saite Zwei / Oh ja, das fing im letzten Jahr unserer gemeinsamen Schulzeit an. Jonas war damals Bassist in einer Rock-Band und Phil als DJ unterwegs. Das Ganze führte dann zu einer Mischung aus Turntablism mit Band. Und da gab es eine Performance, die auf dem „Missy Elliott – Get Ur Freak On“-Beat basierte, gefolgt von einer brutalen Version von Prodigys „Breath“ (lachen). Das war unsere Kennenlernphase. Wir kannten uns bis vor den ersten gemeinsamen Jamsessions eigentlich gar nicht.

Beat / Wie sieht bei euch aktuell ein Konzert aus?

Saite Zwei / Im Prinzip sind unsere Live-Sets derzeit unsere Alben. Wir produzieren Songs im Studio und versuchen dann, mit Hilfe von diversen Saiten-Instrumenten, Live-Loopern, MIDI-Controllern und Synthis so viel wie möglich aus dem Projekt auszulagern. Einen enormen Zugewinn an Live-Möglichkeiten hatten wir erst vor kurzem durch das Einbinden der Boss-RC 505. In Sachen Looper ist das die eierlegende Wollmilchsau. Der Plan ist es, irgendwann alles mit Hardware zu lösen. Uns ist ein gewisser musikalischer Anspruch bei unseren Songs sehr wichtig, dennoch soll die Musik Spaß machen und tanzbar sein. Dabei fließen bei uns viele Elemente aus Jazz, Funk, Rock und Hip-Hop mit ein.

Beat / Was waren wichtige Kriterien bei der Planung eures Studios?

Saite Zwei / Hochwertige Monitore, ein gut klingender Mehrkanal-Mixer sowie eine entsprechende Soundkarte. Was die Raumakustik angeht, gibt es noch Verbesserungsbedarf. Darüber hinaus versuchen wir vor allem Technik zu finden, die unser Live- Set voranbringt. Geräte wie die Boss-RC-505 oder die Gitarren-Modeling-Systeme VG-99 und VB-99 von Roland haben uns da enorm weiter gebracht. Demnächst ist ein Hardware-Drumcomputer geplant, um noch weiter vom Rechner weg zu kommen.

Beat / Wie sah der Produktionsprozess von „Liberation of Time“ aus?

Saite Zwei / In der Vergangenheit war es oft so, dass wir unabhängig voneinander Ideen entwickelt und gegebenenfalls zusammen weiterentwickelt haben. Heute entstehen die meisten Ideen zu Songs aus dem gemeinsamen Jammen im Studio. Manchmal ist es eine Bass-Linie, manchmal ein Riff oder eine Synthi-Melodie, die als Grundlage für den Song dient. In einigen Fällen ist am Ende des Songs auch gar nichts mehr von der ursprünglichen Idee übrig. Bei „Liberation of Time“ war es ähnlich. Jonas jammte mit seinem E-Bass zu den Akkorden, die quasi parallel entstanden. Später fanden wir dann, dass das Thema noch besser mit einem Upright-Bass wirkt, spielten es erneut ein und tüftelten solange am Sound, bis es uns gefiel. Die E-Gitarren und Orgel-Parts entstanden dann beim Arrangieren.

Beat / Worin seht Ihr den Hauptvorteil, Bass- und Instrumental- Lines selbst einzuspielen, statt alles mit Samples zu lösen?

Saite Zwei / Mit einem Instrument in der Hand arbeitest du automatisch viel intuitiver. Abgesehen davon ist der menschliche Faktor nicht zu unterschätzen. Man schlägt eine Saite nie exakt zweimal auf die gleiche Weise an. Bendings und Slides sind mit Samples kaum möglich. Mehr Arbeit hat man natürlich mit der Soundbearbeitung. Das kann gelegentlich Stunden dauern und eine Menge Insert-Effekt-Slots kosten, bis der Klang zufriedenstellend ist. Dafür „leben“ die Sounds dann aber. Professionelle Samples sind ja in der Regel schon auf Hochglanz poliert.

Beat / Was sind Tools, mit denen sich am Rechner ebenso organische Strukturen schaffen lassen wie mit den akustischen Instrumenten?

Saite Zwei / Synthis sind eine großartige Sache, wenn sie als solche benutzt werden. Schwierig wird es, wenn man versucht auf Biegen und Brechen einen Sound so zu schrauben, dass er wie eine echte Gitarre oder Trompete klingen soll. Da haben wir bisher noch nichts gefunden, was wirklich zum Verwechseln ähnlich klingt. Wenn wir Synthis nutzen, dann versuchen wir nicht, das zu vertuschen. Trotzdem gibt es Möglichkeiten auch solche Sounds leben zu lassen. So spielen wir, wenn möglich, auch Synthi- Lines mit einem Keyboard ein und quantisieren so wenig wie möglich. Auch kann man mit LFOs und Effekten eine Menge Bewegung in die Sounds bekommen.

Beat / Peilt Ihr schon hinter den Kulissen ein Album an?

Saite Zwei / Da wir uns in erster Linie auf der Bühne sehen, haben wir uns über ein Album bisher noch keine ernsthaften Gedanken gemacht und verspüren diesbezüglich auch keinen Druck. Erst einmal wollen wir uns richtig „austoben“, bevor wir uns einem solchen Mammut-Projekt zuwenden.

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